
Sehr anspruchsvoller Film füllt Kinosaal – immerhin den mittelgroßen im Würzburger Central. Das gelang am Sonntag dem Kammerspiel "Macht" von Autorin und Regisseurin Anne Berrini. Neben der aus etlichen Fernsehserien bekannten Schauspielerin Susann Toni Wagner als Staatspräsidentin tritt außer einer Demonstrantenmenge ausschließlich Andreas Büttner auf.
Der Leiter des Theaters Ensemble gibt den Leibwächter der Spitzenpolitikerin. Vor der Aufführung blickte er fröhlich staunend über den Saal: "So viele Leute waren noch nie wegen mir an einem Ort, außer am Theater." Er überschätzte seine Rolle bei der Würzburger Vorführung keineswegs. Wegen ihm waren tatsächlich die meisten Plätze besetzt, allerdings eben doch von Gästen aus dem weiten Umfeld der Privatbühne auf dem Bürgerbräu.
Berrini schrieb das Dialogstück ursprünglich als Schauspiel: Gegen Ende ihrer Amtszeit reflektiert die Präsidentin eine Nacht lang ihr Verhältnis zur Politik, zu Leben und Macht – und zu ihrem Leibwächter. Ursprünglich will sie angeblich nicht wieder kandidieren, in der letzten Szene tut sie's doch. Und sie lässt sich als Ersatz für den Getreuen einen neuen Personenschutz zuweisen. In der Zwischenzeit wird das Publikum unter anderem Zeuge einer zärtlichen Annäherung der beiden, inklusive derer Vorgeschichte.
Kino ist hier Theater
So wie jede Annäherung ein Prozess ist, so behandelt "Macht" jedes Thema dieser Lebensrückschau in Bewegung. Die Gedanken der Präsidentin kreisen und springen zu Widersprüchen wie in ihrer politischen Erkenntnis: "Ich bin für alle da, da kann ich es niemandem recht machen." In jedem dieser Prozesse müssen sich die Zuschauer zurechtfinden, wobei manches auch nur angedeutet wird. Hier ist Kino wirklich Theater. Wagner und Büttner spielen entsprechend stilisiert. Regisseurin Berrini war bei der Würzburger Aufführung anwesend und kommentierte: "Das ist kein Alltagstext, das Buch hat seine poetischen Qualitäten."
Die hatte der Kunst-Abend im Central selbst auch. Gedreht wurde "Macht" nämlich auf einer alten Probebühne der Schauspielschule Ernst Busch, an der auch Büttner studiert "und viel gelitten hatte", wie er bekannte. Daher wurden die Dreharbeiten "auch eine Rückkehr zu mir selbst und eine schöne Abrundung – von viel Schmerz", bekannte er, plötzlich fassungslos, vor der leeren Leinwand. Bevor er die Rolle annahm, hatte er lange gezögert. Da wusste er noch gar nicht, wohin sie ihn führen würde.
Der Zufall hilft mit
Dass er eine Hauptrolle in einem abendfüllenden Spielfilm bekam, liegt wie oft in dieser Branche an einem Kurzfilm. Den drehte er vor knapp 20 Jahren ebenfalls in Berlin und ebenfalls mit Anne Berrini. Eigentlich war bereits der äußerst profilierte Hans Peter Hallwachs verpflichtet, der jedoch in so vieles dreinredete, dass die Filmemacherin dringend einen Ersatzmann suchte. Eine Freundin wusste zu helfen: Bei uns im Haus wohnt ein Schauspieler, der hat anscheinend Zeit, habe es geheißen. So kam es dann nicht nur zu dieser ersten Zusammenarbeit.
Andreas Büttners erste Filmhauptrolle wird aber auch seine letzte sein, versicherte er. Das Theater lasse ihm keine Zeit für solch aufwendige Produktionen. Das Ensemble-Team und die vielen Freunde des kleinen Hauses werden das zu schätzen wissen. Im Theater-Kontext pflegt er dann auch wieder das e in seinen Namen Büettner. Das ist zwar seit einem Tippfehler in einem DDR-Ausweisbüro amtlich, steht aber für die Bühnen-Seite in Büttners Schaffen. Als Maler, früher Student an der Dresdner Kunstakademie, zeichnet er wie als Interims-Filmschauspieler auch ohne e.