Inzwischen lebt und wirkt er bereits seit beinahe zehn Jahren in der Ebracher Gasse in Würzburg. Dort fühlt er sich wohl und verstanden. Seine Aufgabe als Spiritual der Erlöserschwestern im Mutterhaus der Ordensgemeinschaft füllt ihn aus. Am Mittwoch, 19. September, wird Prälat Kurt Witzel 80 Jahre alt. „Die Schwestern und ihre Mitarbeiter sind aufgeschlossen und vertrauensvoll. Ich hätte mir nichts Besseres wünschen können“, sagt er. 2008 gab er nach 20 Jahren das Amt des Dompfarrers auf und wechselte zu den Erlöserschwestern. Gesundheitlich fühlt er sich wohl und will auch in den kommenden Jahren als Seelsorger bei den Schwestern wirken. „Ich bin Gott dankbar, dass er mich meine Wege geführt hat und mich stets begleitet“, berichtet der Pressedienst des Ordinariats.
Witzel kommt 1938 in Aschaffenburg zur Welt und verbringt die ersten Kinderjahre dort. 1944 zieht die Mutter mit dem damals sechsjährigen Kurt und drei von später insgesamt vier weiteren Kindern in ihre Heimat Nordheim vor der Rhön. „Wir sind einen Tag vor der Bombardierung Aschaffenburgs weggezogen. Bei diesem Luftangriff wurden unser Haus und der Keller, in dem wir immer Zuflucht suchten, zerstört“, erinnert sich Witzel. Sein Vater war zu diesem Zeitpunkt bereits an die Front eingezogen worden.
1949 kommt Witzel ans Gymnasium in Münnerstadt und wohnt im Studienseminar Sankt Josef der Augustiner. „Das war von Nordheim aus die örtlich nächste Möglichkeit, ein Gymnasium zu besuchen.“ 1953 zieht die ganze Familie wieder nach Aschaffenburg, Witzel aber bleibt im Münnerstädter Internat. „Dort wurde ganzheitliche Erziehung groß geschrieben. Deswegen stand nachmittags viel Sport wie zum Beispiel Fußball auf dem Programm“, erzählt er begeistert. Der groß gewachsene Schüler bringt es zudem beim Hochsprung zu regionalen Ehren.
Nach dem Abitur 1958 studiert Witzel, der als Schüler ein Faible für Mathematik und Physik hatte, zunächst Maschinenbau in Karlsruhe. Er möchte Ingenieur werden. „Ich habe aber dann schnell gemerkt, dass mich das nicht ausfüllt. Ich wollte etwas machen, bei dem es mehr um die Menschen geht.“ Es sei wie eine Eingebung über ihn gekommen, dass die Theologie und der Priesterberuf seine Berufung sind. „Als es nach dem ersten Studienjahr zum Ende des Sommersemesters in der Katholischen Studentengemeinde darum ging, was die jeweils nächsten Ziele sind, habe ich diese Entscheidung erstmals öffentlich verkündet.“ Kurzerhand tritt er ins Priesterseminar Würzburg ein. Das Studium führt ihn im Freijahr nach Innsbruck. „Ich liebe die Berge. Von dort oben hat man einen ganz anderen Blick auf die Welt.“ Am 27. Juni 1965 weiht ihn Bischof Josef Stangl in der Seminarkirche Sankt Michael in Würzburg zum Priester.
Als Kaplan engagiert sich Witzel in Oberleichtersbach von 1965 bis 1968 und im Anschluss bis 1973 in Eltmann vor allem als Jugendseelsorger. „Mit einer Jugendgruppe aus Oberleichtersbach habe ich damals den Mont Blanc bestiegen. Das hat uns zusammengeschweißt: Wir treffen uns noch heute regelmäßig.“ Gerne erinnert er sich auch an die Neuerungen des Zweiten Vatikanischen Konzils. Durch die Liturgiereform habe sich bei der Messfeier ein ganz neues Gemeinschaftserlebnis ergeben. „Und durch die neuen Gremien haben die Laien deutlich mehr Möglichkeit zur Mitwirkung erhalten.“
Für die Militärseelsorge in Hammelburg wird Witzel 1973 freigestellt. Zusätzlich betreut er als Kuratus die Kirchengemeinde Christkönig im Lager Hammelburg. 1974 wird er Militärpfarrer, 1981 Standortpfarrer und Militärdekan in Veitshöchheim. Das Amt des Militärdekans, in dem er die Verantwortung für die katholische Seelsorge für alle Standorte der 12. Panzerdivision hat, übt er bis 1986 aus und ist Moderator des Priesterrats beim Katholischen Militärbischof. 1986 wechselt Witzel von der Militär- in die Pfarrseelsorge und übernimmt die Pfarrei Lohr-Sankt Pius. Dort wird er erst zum stellvertretenden und 1987 zum Dekan von Lohr am Main gewählt. 1988 beruft Bischof Dr. Paul-Werner Scheele Witzel zum Dompfarrer und Domkapitular in Würzburg.
20 Jahre engagiert sich Witzel als Pfarrer des Kiliansdoms und als Domkapitular, später als Domdekan, mit Sitz und Stimme im Allgemeinen Geistlichen Rat der Diözese Würzburg. Er sorgt für die Einführung der Mittagsmeditationen im Dom und der Dombesucherpastoral, aber auch der Citypastoral und der langen Domnacht. Dekan des Stadtdekanats Würzburg ist er außerdem von 1988 bis 2000. Pfarrer von Peter und Paul und der Hofpfarrei wird er zusätzlich im Jahr 2007. Von 2001 bis Anfang 2010 ist Witzel außerdem Ordensreferent der Diözese Würzburg, von 2002 bis 2009 auch Domdekan am Kiliansdom in Würzburg. Papst Johannes Paul II. würdigt Witzels Verdienste im November 2000 mit dem Titel eines Päpstlichen Ehrenprälaten.
Als er 2008 aus Altersgründen aus dem Domkapitel ausscheidet, sucht Witzel nochmals ein neues Aufgabenfeld. „Als die Entscheidung auf mich zukam, habe ich drei Tage überlegt und um die richtige Entscheidung gebetet. Dann war mir klar: Ich gehe als Spiritual in die Ebracher Gasse.“ Die Menschen bei der Gottsuche begleiten und zusammen mit ihnen auf dem Weg zu Gott sein – das ist für Witzel auch in seiner aktuellen Aufgabe das Entscheidende. „Mir liegen der Mensch und die Gemeinschaft am Herzen. Es ist wichtig, dass jeder sein Gegenüber annimmt und toleriert.“
Etwa 200 Ordensfrauen leben derzeit im Würzburger Mutterhaus der Erlöserschwestern. „In den vergangenen Jahren sind viele Aufgaben der Schwestern von weltlichen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern übernommen worden. Ich möchte zu einem guten Übergang beitragen, damit der Auftrag der Erlöserschwestern mit weniger Ordensfrauen weitergeführt wird“, sagt Witzel. Seine Aufmerksamkeit als „Betriebsseelsorger“ gelte daher auch den Angestellten der Ordensgemeinschaft. Weiter engagiert er sich als Krankenhausseelsorger in der Theresienklinik in Würzburg und hilft in der Seelsorge an der Marienkapelle am Markt mit. Fest zum Wochenprogramm zählt auch der Stammtisch mit den emeritierten Domkapitularen und Bischof em. Scheele. Darüber hinaus pflegt der Geistliche den Kontakt zu seinen Geschwistern, den 17 Neffen und Nichten und deren Familien.
In seiner Freizeit war und ist Witzel leidenschaftlicher Bergwanderer. Die ganz hohen Alpengipfel müssen es für ihn heute nicht mehr sein, Bewegung schon. „Auch in Würzburg sehe ich zu, dass ich dreimal pro Woche ausgiebig wandere oder eine Nordic-Walking-Tour unternehme, gerne im Steinbachtal.“ An seinem 80. Geburtstag feiert er um 14.30 Uhr einen Gottesdienst im Neumünster, danach gibt es eine Begegnung im Dompfarrsaal am Kardinal-Döpfner-Platz 5. Im Oktober wird er dann ein paar Tage Urlaub verbringen – in seiner zweiten Heimat, der Rhön.
Alles Gute zum Geburtstag, vor allem weiterhin Gesundheit