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WÜRZBURG
Plünderer am Bullenheimer Berg
Laserscan vom Bullenheimer Berg.
| Laserscan vom Bullenheimer Berg.
Von unserem Redaktionsmitglied Christine Jeske
 |  aktualisiert: 16.12.2012 12:06 Uhr

Erst vor rund 40 Jahren wurde der Bullenheimer Berg „entdeckt“. Mitarbeiter des Bayerischen Landesamtes für Denkmalpflege erkannten 1973 in der Erhebung zwischen Unter- und Mittelfranken ein vor- und frühgeschichtliches Geländedenkmal. 1981 fand die erste Grabung statt. Anlass war der bedeutende Fund des Depots mit insgesamt 30 unterschiedlich großen Phaleren, tellergroßen Zierscheiben aus Bronze, die vermutlich einst zu einem prachtvoll geschmückten Pferdegeschirr gehörten. Der Tafelberg zählt heute zu den bedeutendsten Höhensiedlungen beziehungsweise Zentren der späten Bronzezeit in Süddeutschland. Gleichzeitig steht sein Name für die größte Plünderei durch Raubgräber, die in Deutschland jemals bekannt geworden ist.

Verlorenes Wissen

Wären auch die vielen anderen Funde, die auf dunklen Wegen in die Museen gelangten, mit archäologischen Methoden planvoll geborgen worden, der wissenschaftliche Erkenntnisgewinn über das Leben vor rund 3000 Jahren wäre enorm. Durch Raubgräberei ist das Wissen unwiederbringlich verloren gegangen – und ein Mythos entstanden: Der Bullenheimer Berg gilt noch immer als ein lohnendes Ziel für Schatzsucher. Für den Würzburger Forscher Professor Frank Falkenstein stehen nicht die Hortfunde im Mittelpunkt. Seine Herangehensweise sei Feldforschung, sagt er. Nach seinen Erkenntnissen sei der Bullenheimer Berg „ohnehin seiner Metallfunde weitestgehend beraubt“. Der Inhaber des Lehrstuhls für vor- und frühgeschichtliche Archäologie der Universität Würzburg sieht dennoch genug Möglichkeiten, die Vergangenheit zu enträtseln – vor allem mit modernsten Methoden.

Schaufel, Spaten oder Pinsel gehören zwar nach wie vor zum traditionellen Handwerkzeug der Archäologie. Längst haben aber auch digitale, geophysikalische oder lasergestützte Verfahren Einzug gehalten und erlauben eine neue Sicht auf die Forschungsobjekte beziehungsweise Bodendenkmäler. Zukunftsweisend für die Erforschung des Bullenheimer Bergs und seiner Siedlungsgeschichte ist das hochauflösende Airborne Laserscanning, mit dem ein digitales Geländemodell erstellt werden kann. Jedes Detail der Oberflächenstruktur, jede Vertiefung oder Erhebung wird erkennbar. Laserscanning wird wie die Luftbildarchäologie von Flugzeug, Helikopter oder Drohne aus bewerkstelligt. Dazu wird der Laser in bestimmten Abständen auf die Erdoberfläche gesendet, sein Echo liefert, vereinfacht gesagt, ein dreidimensionales Abbild der Erdoberfläche. Durch ein Filterungsverfahren ist es möglich, die Landschaft ohne Vegetation abzubilden.

Feldforschungen auf dem Berg

2010 nahm Professor Falkenstein zusammen mit seiner Kollegin Professorin Heidi Peter-Röcher nach über 20 Jahren Pause die Feldforschungen auf dem Bullenheimer Berg wieder auf. Bereits 2009 lenkte das Städtische Museum Kitzingen beziehungsweise seine Leiterin Stephanie Nomayo den Blick auf die durch Raubgräberei bedrohte Höhensiedlung auf dem Tafelberg. Vertreter der Kommunen, des Bayerischen Landesamtes für Denkmalpflege und der Universität Würzburg erörterten Maßnahmen. So wurde unter anderem das Airborne Laserscanning vom Bullenheimer Berg in die Wege geleitet – für eine Bestandsaufnahme des Bodendenkmals und für künftige archäologische Erforschungen. Gleichzeitig führten Würzburger Studenten ganz traditionell Grabungen durch und erkundeten das Gelände mit Magnetometer-Prospektionen.

Darüber hinaus organisiert nach Angaben von Stephanie Nomayo das Archäologische Netzwerk Kitzinger Land, eine Arbeitsgruppe des Städtischen Museums Kitzingen, in Kooperation mit der Uni Würzburg regelmäßige und systematische Feldbegehungen im Umland des Bullenheimer Berges. Dabei werden die Funde mit GPS-Empfänger eingemessen. Mit eingebunden in die aktuellen Forschungen war auch der Lehrstuhl für Geodynamik und Geomaterialforschung der Uni Würzburg, der die physikalischen und chemischen Materialeigenschaften der vielen Keramikfunde analysierte.

All diese Erkenntnisse werden auf einer Sonderausstellung anhand von Schautafeln präsentiert. Wer sich weitergehend mit den modernen Methoden der Archäologie beschäftigen möchte: Stephanie Nomayo und Frank Falkenstein haben eine sehr informative und ansprechend gestaltete Begleitbroschüre zu dieser Wanderausstellung herausgegeben.

Die Ausstellung „Der Bullenheimer Berg im Fokus moderner Methoden der Archäologie“ ist bis 9. Februar 2013 im Martin-von-Wagner-Museum der Universität Würzburg im Südflügel der Residenz zu sehen: Dienstag bis Samstag von 13.30 bis 17 Uhr sowie jeden zweiten Sonntag von 10 bis 13.30 Uhr.

 
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  • j. d.
    der mittelalterliche Burgstall (möglicherweise zweite Hälfte 12. Jh./Anfang 13. Jh.) auf einem westlichen Sporn recht vernachläßigt. Es existiert nur eine einzige Publikation dazu aus dem Jahr 1974.
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