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WÜRZBURG
Picknick für Passanten und Punks
Picknick der Bahnhofsmission mit Klienten und Würzburgern vor dem Bahnhof am Kiliansbrunnek       -  Entspannter Sonntag: Ganz unterschiedliche Menschen fanden beim Picknick der Bahnhofsmission vor dem Hauptbahnhof zueinander.
Foto: Daniel Peter | Entspannter Sonntag: Ganz unterschiedliche Menschen fanden beim Picknick der Bahnhofsmission vor dem Hauptbahnhof zueinander.
Robert Menschick
 |  aktualisiert: 27.07.2015 15:53 Uhr

Julian hat Stachelnieten auf der Kappe und um den Hals. Schaut gefährlich aus. Dabei ist der 21-Jährige ungemein freundlich, kommt man mit ihm ins Gespräch. Allerdings passiert das selten. „Die meisten reagieren unfreundlich auf mich“, sagt der junge Mann, dessen Lebensmittelpunkt seit sechs Jahren der Bahnhof ist. Am Sonntag war das anders: Der Förderverein Bahnhofsmission veranstaltete ein Picknick am Bahnhof. Julian wurde herzlich willkommen geheißen.

Menschen aus allen Schichten zusammenzubringen, diese Idee steckte hinter dem Begegnungspicknick auf der Wiese vor dem Kiliansbrunnen, erzählte IT-Berater Johannes Hasler, der sich seit März für den Förderverein Bahnhofsmission engagiert. Eingeladen waren die Würzburger Bevölkerung, Reisende, die Besucher der Bahnhofsmission und die Punks vom Bahnhofsvorplatz, um die sich die Streetworker des „Underground“ kümmern.

„Geh arbeiten!“, gehört zu den Sprüchen, die Julian bis zum Überdruss kennt. Keiner fragt ihn, warum er denn nicht arbeitet. Julian hat psychische Probleme: „Depressionen, Suizidgedanken, Borderline.“ Deswegen war er auch schon in der Psychiatrie in Werneck. Julian lebt vom Schnorren: „Manchmal geh ich in die Bahnhofsmission, für Essen und Tee.“

Joshua Königer kennt viele der Punks vom Bahnhofsvorplatz. Einige bezeichnet der Musiker, der beim Begegnungspicknick für den Förderverein zur Gitarre griff, als seine Freunde. Die meisten blieben da für ein paar Monate, für ein oder zwei Jahre, dann kehrten sie in ein geregeltes Leben zurück, weiß er: „Meine Mam hatte auch dazugehört. Für drei Jahre.“

Schicksale, wie sie Julian oder Joshua schildern, waren Johannes Hasler bis vor wenigen Monaten fremd. Natürlich wusste er vage, dass es Menschen gibt, die in prekären Umständen leben. Doch erst seit Juni ist er, neben seiner Arbeit im Förderverein, auch in der Bahnhofsmission als Ehrenamtlicher aktiv.

„Ich finde, wir haben für diese Menschen eine Verantwortung“, meinte Kathrin Lewandowski, die Julian gerade einen Teller mit vegetarischen Leckereien reicht. Die Geschäftsfrau aus Eibelstadt ist ebenfalls im Förderverein engagiert: „Ich kümmere mich um das Sponsoring.“ Für das Begegnungspicknick kreierte sie Käse-Trauben-Spieße und einen Tomaten-Feta-Salat. Außerdem gab es jede Menge Gebäck, das Würzburger Bäckereien spendierten, sowie mehrere Eimer mit Obstsalat von den Wirtschaftsjunioren.

Auf einer der Decken rund um den Kiliansbrunnen ließ sich eine 34 Jahre alte Besucherin der Bahnhofsmission ein Stück Kuchen schmecken. Dass der Förderverein ein Begegnungspicknick veranstaltete, fand sie „saucool“. Für die schwer körperlich und seelisch kranke Frau war es absolut grandios, als sich eine ihr unbekannte Dame zu ihr auf die Decke setzte und begann, sich mit ihr locker zu unterhalten.

Entstanden ist die Idee, ein Begegnungspicknick zu veranstalten, innerhalb der Projektgruppe des Fördervereins, erläuterte Projektgruppenleiter Helmut Fries. Das Konzept ging auf. Auf den Decken tummelten sich Passanten und Punks, Reiche und Arme. Jeder erfuhr ein bisschen vom anderen. Und verstand ein bisschen besser, wie der so lebte. Und warum.

 
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