
Das Philharmonische Orchester Würzburg mit Ivan Gerasimov am Fagott und unter der musikalischen Leitung von Gábor Hontvári spielt Pariser Klassiker: Ravel, Jolivet und Poulenc gehören zu den Wegbereitern der französischen Moderne.
Der Abend an der Hochschule für Musik in Würzburg beginnt zunächst entspannt: Ravels "Ma mère l’oye" (Mutter Gans) ist ein fünf Stücke umfassender Zyklus, den der Komponist in Anlehnung an eine Märchensammlung des etwa 200 Jahre älteren Charles Perraults, sowie Erzählungen von Marie-Catherine d’Aulnoy und Jeanne-Marie Leprince de Beaumont zwischen 1908 und 1910 verfasste. Das Werk zeigt Ravels raffiniertes Gespür für programmatische Musik, der eine wahrhaftige Szenerie inklusive Quak Quak der Mutter Gans (ton-) malt.
Ein Solostück sorgt für knisternde Spannung im Publikum
Die Überleitung schaffte Ivan Gerasimov mit André Jolivets Konzert für Fagott, Streichorchester, Harfe und Klavier. Man merkt sofort, dass das Stück noch nicht sehr alt ist, denn es pendelt zwischen Jazzharmonik und Atonalität, streift dabei immer wieder klassische Züge der Orchestermusik. Gerasimov beweist sich als wahrer Rockstar des Fagotts: Das virtuose Solostück, das nicht nur dem Rohrblattspieler fast den Atem raubt, erzeugt knisternde Spannung im Publikum. Ebenso langanhaltenden Applaus. Als Nachschlag gibt es einen Auszug aus dem etwas ruhigeren Fagottkonzert Vivaldis. Danach: Durchatmen.
Als Kontrastprogramm wurde Francis Poulencs "Sinfonietta" aufgeführt, die unter Jean Cocteaus Motto "Musik ist nicht immer Gondel, Streitross, gespanntes Seil. Zuweilen ist sie auch Stuhl ", eine Gegenposition zum spätromantischen Pathos darstellt. Das Stück versteht sich als Alltagsgegenstand und reiht sich damit in eine Tradition ein, die nicht zuletzt durch Erik Satie große Bekanntheit erlangte.
Ravel und seine Abrechnung mit dem Wiener Walzer
Den Rahmen setzte "La Valse", ebenfalls aus der Feder Ravels. Etwa zehn Jahre nach seinem Märchenzyklus legt dieser seine Abrechnung mit dem Wiener Walzer vor: Das Stück wurde zunächst von Sergei Djagilew, für dessen Ballets Russes er es komponierte, abgelehnt und 1920 als reines Orchesterwerk in Paris uraufgeführt.
Es vereint die klassischen Elemente des Walzers mit der impressionistischen Ästhetik der Zeit, die zusammen im musikalischen Chaos und einem lauten Knall enden. Aus politischen Gründen wurde der ursprüngliche Titel des Stücks, "Wien", in das unverfänglichere "La Valse" geändert. Es ruft deutlich in Erinnerung, welche politische Bedeutung Musik einst hatte.