Ein 34-jähriger Pfleger soll seine Tätigkeit bei alten Menschen in Würzburg über Monate hinweg dazu benutzt haben, seinen Lebensunterhalt auf kriminelle Weise aufzubessern: mit dem Griff in die Geldbörse von Senioren und Kollegen. Die Polizei hat den Mann jetzt nach langwierigen Ermittlungen geschnappt, bestätigt Pressesprecher Enrico Ball vom Polizeipräsidium Unterfranken.
Würzburgerin schon einmal Opfer eines Verbrechens
Zu den Opfern gehört nach Informationen der Redaktion auch eine vermögende Seniorin aus Heidingsfeld, die der Verdächtige als privater Pfleger betreut hatte. Die Unternehmersgattin war bereits 2013 spektakulär Opfer einer Straftat geworden: Damals wurde sie beim Gassigehen mit ihrem Hund am Katzenberg unterhalb der Raststätte Würzburg entführt. Die Polizei vermutete damals, dass die maskierten Täter mit ihrer Hilfe an den Tresor in ihrem Haus herankommen wollten, in dem sie beträchtliche Werte vermuteten. Die Entführung ging schief, die Kidnapper ließen die Würzburgerin laufen. Drei Jahre später sagte sie im Prozess gegen die geschnappten Entführer als Zeugin aus, die Männer wurden zu Haftstrafen verurteilt.
Zugang zu Privaträumen schamlos ausgenutzt
Jetzt soll die Frau wieder Opfer geworden sein. Laut Polizei soll der Pfleger bei der vermögenden Familie immer wieder in den Tresor gegriffen und zwei wertvolle Uhren, Schmuck und immer wieder kleine Geldbeträge gestohlen haben. Jan Paulsen, der Anwalt der Familie sagt: „Wir haben Strafanzeige erstattet. Meine Mandantin vermisst einige wertvolle Stücke, die für sie auch von hohem Erinnerungswert sind. Die hat er vermutlich zu Geld gemacht.“ Seine Mandantin sei „furchtbar enttäuscht“ über den Pfleger, dem sie vertraut habe. „Er hat das schamlos ausgenutzt.“
In einem Würzburger Altenheim, in dem der Mann inzwischen beschäftigt ist, gab er sich offenbar mit geringerer Beute zufrieden. Schon vor Monaten waren nach Informationen der Redaktion Bewohner und Kollegen misstrauisch geworden. Mal vermisste jemand Taschengeld und wunderte sich, dass der Geldbeutel nicht am gewohnten Platz lag. Mal wunderte sich eine Pflegekraft, dass ihre Tasche im Schwesternzimmer durchwühlt wirkte.
"Es fehlten immer nur ein, zwei Scheine"
"Es fehlten immer nur ein, zwei Scheine, gerade so viel, dass man unsicher war, ob man sie nicht doch ausgegeben hatte", berichtete eine Pflegerin der Redaktion. Sie habe insgesamt 150 Euro vermisst und von mindestens zwei weiteren Kollegen gehört, denen ebenfalls Geld fehlte.
Bei den Bewohnern schienen zunächst auch harmlose Erklärungen denkbar. "Wer sein Leben lang gewohnt war, zu sparen, versteckt schon auch einmal Geld an den unmöglichsten Stellen und vergisst dann selbst, wo es es hingelegt hat", erklärt eine Pflegerin. Doch auch Bewohner mit gutem Erinnerungsvermögen hätten in dem Heim Geld vermisst, das sogar unter Verschluss war. Um da heranzukommen, musste sich jemand gezielt den Schlüssel besorgt haben.
Heimleitung informiert, Polizei eingeschaltet
Auffallend sei gewesen, dass ganz verschiedene Menschen das Gleiche berichteten. Und immer sei der eine Pfleger im Dienst gewesen, wenn plötzlich Geld fehlte. Das Personal informierte die Heimleitung, die Polizei begann mit Ermittlungen.
Ebenfalls auffällig: Plötzlich gab es keine neuen Fälle mehr. Als die Polizei mit präparierten Geldscheinen eine Falle stellte, ließ der Verdächtige sich nicht locken. „Manchmal trug er Einmalhandschuhe, obwohl er gerade gar keine brauchte“, sagt eine Kollegin. Damit das Pulver nicht an seinen Finger kleben blieb, das ihn hätte entlarven können?
Beute von mehr als 100 000 Euro gemacht
Doch dann gelang den Ermittlern der Durchbruch in mehreren Fällen. Bei der Unternehmers-Gattin soll die Beute rund 100 000 Euro betragen haben. Die Polizei ermittelt nun in fünf Fällen wegen Diebstahls und einem wegen Hehlerei, weil der mutmaßliche Dieb den Ertrag seiner Beute teilweise ins Ausland verschoben haben soll. Dies bestätigt Polizeisprecher Ball.