An Bayerns Krankenhäusern fehlt laut ver.di fast ein Viertel (22 Prozent) der nötigen Pflegekräfte. Das geht aus einer aktuellen Erhebung der Gewerkschaft hervor. Die Folge: Die vorhandenen Pfleger hätten eigentlich bereits im Oktober alle per Vertrag vorgesehenen Schichten für dieses Jahr abgeleistet. Dass der Betrieb in vielen Kliniken nicht zusammenbreche, liege alleine daran, „dass die Pflegekräfte über ihre Grenzen gehen“, heißt es in einer Mitteilung von ver.di Bayern. Und das gelte auch für Unterfranken, sagt Marietta Eder, stellvertretende Geschäftsführerin von ver.di Schweinfurt. Insgesamt gebe es an den Krankenhäusern im Freistaat um die 12 000 Pflegestellen zu wenig.
53 000 Überstunden in Würzburger Uniklinik
Nach einer Umfrage der Gewerkschaft in 50 bayerischen Krankenhäusern wäre das Personal am 22. Oktober „aufgebraucht“ gewesen. Nur durch Überstunden und Mehrarbeit könne der Betrieb bis zum Jahresende aufrechterhalten werden, so Eder.
„Auch die Uniklinik Würzburg ist da nicht außen vor“, sagt der Vorsitzende des Personalrats, Christian Huß. Die rund 2400 Mitarbeiter in der Pflege kämen derzeit auf gut 53 000 Überstunden. Pro Kopf seien das im Schnitt 15 bis 25 Stunden. Diese noch relativ geringe Zahl basiere aber darauf, dass „die Planbesetzung runter gefahren wurde“, sagt Huß. So wurde die Arbeit verdichtet und „wird sicherlich nicht mehr in der Qualität gemacht wie vor fünf oder zehn Jahren“. Für die Mitarbeiter sei das belastend. „Du gehst nach Hause und bist unzufrieden, weil du deine Patienten nicht so versorgen konntest, wie du es möchtest“, sagt Sandra Altunbilezik-Lindenmayer, Krankenschwester und ebenfalls Personalratsmitglied an der Uniklinik. Dieser Frust nage an der Motivation.
Gefahr für die Gesundheit der Pfleger
Warum kommt es da nicht bayernweit zum Streik, wie etwa im Sommer an Kliniken in Nordrhein-Westfahlen? „Die Pfleger machen weiter, weil ihnen die Patienten am Herzen liegen“, sagt Marietta Eder von ver.di Schweinfurt. Zudem sei die Kollegialität in der Branche hoch, man springe bei Lücken wechselseitig ein und rette die Stationen so über den Tag. „Aber auf Dauer besteht die Gefahr, dass das gesundheitliche Folgen hat.“
„Wir brauchen dringend mehr Menschen im Pflegeberuf“, bestätigt Siegfried Hasenbein, Geschäftsführer der Bayerischen Krankenhausgesellschaft (BKG). Dass fast ein Viertel der Kräfte fehle, sei zwar eine „pointierte ver.di-Meinung“, sagt Hasenbein auf Anfrage dieser Redaktion. „Es gibt aber einen wahren Kern – dass wir zu wenig Kräfte haben und die überlastet sind.“ Nach einer BKG-Umfrage sind etwa 2000 der vorhandenen Pflegestellen im Freistaat unbesetzt. „Allerdings dürfte der Bedarf höher liegen“, so Hasenbein.
BKG: Untergrenzen sind „praxisfremd“
Im Bemühen der Bundesregierung, diese Personalnot zu lindern, hat Gesundheitsminister Jens Spahn (CDU) jetzt eine Mindestbesetzung mit Pflegern in bestimmten Klinik-Abteilungen angeordnet. Laut ver.di Bayern reicht das allerdings längst nicht aus. Hauptkritikpunkt: Die Untergrenzen sollen für vier Bereiche der Krankenhäuser gelten (Intensivstation, Unfallchirurgie, Geriatrie und Kardiologie), „die anderen bleiben außen vor“, sagt ver.di-Frau Marietta Eder aus Schweinfurt. Die Gewerkschaft warnt davor, dass so Personal schlicht hin- und hergeschoben werden könne, um die Vorgaben zu erfüllen.
Auch im Personalrat der Uniklinik ist man skeptisch. Die Untergrenzen seien viel zu niedrig angesetzt, „da müssten wir auf manchen Stationen noch Leute streichen“, sagt Christian Huß. Die BKG hingegen widerspricht und warnt vor Problemen auf den Intensivstationen. Dort sei die Untergrenze „unrealistisch hoch“, so Geschäftsführer Hasenbein.
Generell halte er die Verordnung für „zu bürokratisch und praxisfremd“. Spahns Bestreben, notfalls Betten abzubauen, wo die Standards nicht erfüllt werden, setzt Hasenbein entgegen: „Pflegekräfte pflegen keine Betten, sondern Patienten – wenn wir Pfleger entlasten wollten, dann müssten wir Patienten abweisen.“ Und auch das sei heute „keine Seltenheit mehr“.
Ich arbeite seit 25 Jahren in einem Krankenhaus. Die Bewerber für Krankenpflegeschüler lassen ja für Jahr nach. Also woher soll man sich diese zigtausend Stellen holen. Aus dem Boden stampfen geht nicht. Das Ende vom Lied, die kleineren Häuser bleiben dann auf der Strecke. Danke Herr Spahn.