WÜRZBURG/LOHR
Personalmangel: Pflegekräfte arbeiten oft ohne Pause
Wegen Personalmangel und Überlastung arbeiten Pflegekräfte an Kliniken oft ohne Pause durch – was zu Lasten von Beschäftigten und Patienten geht. Mit einem bundesweiten „Aktionstag Pause“ hat die Dienstleistungsgewerkschaft ver.di am Dienstag auf die kritische Lage hingewiesen und mehr Mittel für die Krankenhäuser gefordert.
In Unterfranken fand die Aktion an der Würzburger Uniklinik, am Klinikum Main-Spessart in Lohr und am Klinikum Aschaffenburg-Alzenau statt.
Ver.di: 162.000 Stellen fehlen in Krankenhäusern
Während hier die Pflegekräfte nur bewusst ihre arbeitsrechtlich festgeschriebene Pause nehmen sollten, wurde in anderen Bundesländern zu Klinikstreiks aufgerufen. In den Krankenhäusern fehlen laut ver.di 162.000 Stellen, davon 70.000 Pflegefachkräfte. Nach einer Studie der gewerkschaftsnahen Hans-Böckler-Stiftung kommen in Deutschland auf eine Pflegekraft 13 Patienten. In Griechenland sind es zehn, in den Niederlanden sieben, in den USA gut fünf. Der Pflegenotstand ist messbar. Und er ist spürbar für die Betroffenen.Gesetzlich geregelte Pausen fallen in der Praxis oft aus
Erst letzten Samstag hat Irmgard Schuller über neun Stunden ohne Pause gearbeitet, das Gleiche im Spätdienst unter der Woche. Die Anästhesieschwester am Würzburger Uniklinikum mag ihren Job – aber durch die Verdichtung geht er an die Substanz.Nach sechs Stunden Arbeit ist gesetzlich eine Pause von 30 Minuten oder zweimal 15 Minuten vorgeschrieben. Nach neun Stunden sind es 45 Minuten. Irmgard Schuller würde die Pausen gerne machen – an manchen Tagen lässt das die Arbeit wegen allzu enger Taktung einfach nicht zu. Manches sei eine Frage der Arbeitsorganisation – aber der Hauptgrund für den hohen Druck sei fehlendes Personal.
Nachts schiebt oft eine Pflegekraft allein Dienst für die komplette Station. Und nicht immer klappe die Pausenablösung durch eine Kollegin, berichtet Anja Karmann, Mitglied im Personalrat an der Uniklinik. Pausen würden verkürzt oder gestrichen. Vor allem in der inneren Medizin sei die Lage angespannt. Pausenausfall sei nur ein Symptom für Personalmangel.
Mitarbeiter ordnen sich dem Patientenwohl unter
Was den Personalratsvorsitzenden Christian Huß ärgert: „Dass sich Kollegen vor der Pflegedienstleitung rechtfertigen müssen, wenn sie keine Pause nehmen konnten.“ Dies führe nicht selten dazu, dass Pflegekräfte lieber stillschweigend durcharbeiten.Ver.di-Sekretär Stefan Kimmel spricht von einer „indirekten Steuerung“ durch ein schlechtes Gewissen – im Konflikt zwischen Arbeitsschutz und Patientenwohl. Die Beschäftigten hätten ein starkes soziales Ethos. Sie ordneten ihren eigenen Anspruch dem Patientenwohl unter.
Gewerkschaft warnt vor Gefahr für Pflegekräfte
Eine gefährliche Tendenz, findet die Gewerkschaft. Es könne nicht angehen, dass jene, die kranke Menschen pflegen und betreuen, aufgrund schlechter Arbeitsbedingungen selbst krank werden, so Kathrin Weidenfelder, ver.di-Fachsekretärin für die Krankenhausbranche. Während Arbeitnehmer zuletzt 16 Krankheitstage pro Jahr fehlten, waren es laut Gewerkschaftssekretär Kimmel in Krankenhäusern 19, in Altenheimen 24. Ver.di hatte zur Pausen-Aktion in Würzburg zwar nur an der Uniklinik mit ihren 6300 Beschäftigten aufgerufen, zielte aber ausdrücklich auch auf die anderen Kliniken. Die Personalsituation sei überall schwierig.Uniklinik-Direktor sieht hohe Belastung
Der Ärztliche Direktor des Uniklinikums, Prof. Georg Ertl, sieht zwar die Patienten gut versorgt, gleichzeitig räumt er ein: „Die Belastung für die Pflegekräfte ist riesig. Hier darf man nichts verniedlichen.“ Arbeitspausen seien grundsätzlich in den Dienstplänen verankert. Ihre Einhaltung sei weitestgehend gewährleistet. Allerdings könne es im Klinikalltag immer zu Notsituationen mit gleichzeitig zu behandelnden Patienten kommen.Für die Gewerkschaftsaktion zeigt der Klinikchef durchaus Sympathien: „Politisch legt sie den Finger in die Wunde.“ Bundesweit fehle Pflegepersonal, Stellen seien schwer zu besetzen. Und zusätzliches Personal anzustellen sei eine Frage der Budgets, auch an der Würzburger Uniklinik.
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