Das Jüdische Museum Shalom Europa in Würzburg, das jetzt seit zehn Jahren besteht, ist kein Museum im herkömmlichen Sinn. Während andere Museen mit Blick auf die Vergangenheit historische Dokumente und Relikte ausstellen, ist Shalom Europa fest in den Alltag der jüdischen Gemeinde in Würzburg eingebunden. Gefeiert wird das runde Jubiläum am Montag, 21. November, um 19 Uhr im Museum. Für den Festakt hat sich auch der Vorsitzende der Würzburger jüdischen Gemeinde, der Präsident des Zentralrats der Juden in Deutschland, Josef Schuster, angekündigt.
Seit 1100 leben in Würzburg Juden, Mitte des 13. Jahrhunderts hatte die jüdische Gemeinde den Ruf als einer der führenden jüdischen Studienorte in ganz Europa. Pogrome brachten diese Entwicklung Ende des 13. und Mitte des 14. Jahrhunderts zum Erliegen. Ende des 19. Jahrhunderts erreichten die Würzburger Juden unter dem Rabbiner Seligman Bär Bamberger noch einmal europäischen Rang, denn Bamberger machte sich einen Namen als Vorkämpfer für eine weltoffene Orthodoxie. Die Shoa traf die Würzburger Juden dann mit voller Wucht. 895 Gemeindemitglieder wurden von den Nazis ermordet.
Seit den frühen 1990er-Jahren ist die Gemeinde geprägt durch den Zuzug von jüdischen Flüchtlingen aus der ehemaligen Sowjetunion. Das ließ zwar die Gemeinde zahlenmäßig von 179 auf 1049 Zugehörige stark anwachsen, doch Religion hatte für die im Sozialismus aufgewachsenen Neuankömmlinge keine nennenswerte Bedeutung, erklärte Prof. Karl-Heinz Müller, der wissenschaftliche Leiter des Museums Shalom Europa, bei einem Pressegespräch.
Bei der Integration dieser Menschen spielt auch das Museum eine wichtige Rolle, so Müller. Denn hier könnten alle wichtigen Themen der jüdischen Religion und ihrer Ausübung, so wie sie in der jüdischen Gemeinde Würzburg praktiziert werden, angesprochen und dargestellt werden. Beispielsweise erlernen junge Gemeindemitglieder hier das Lesen der Thora. Deshalb verstehe sich das Museum als integrativer Bestandteil der alltäglichen jüdischen Gemeindearbeit. In der Würzburger Gemeinde werde eine „weltoffene und liberale Orthodoxie“ gelebt, so Müller. Das bedeutet, dass man sich auf die wesentlichen Grundsätze des Glaubens konzentriert, aber beispielsweise niemand die streng traditionellen Bekleidungsregeln beachten muss.
Das Museum stehe daneben aber auch allen offen, die sich für die jüdische Religion interessieren und sich über sie informieren wollen. Bis zu 7500 Besucher pro Jahr nutzen diese Gelegenheit. Öffentliche Zuschüsse erhält „Shalom Europa“ erstaunlicherweise nicht, deshalb setzt man im Museum streng auf ehrenamtliche Mitarbeit und Verantwortung. Aktuell gibt es 157 Museumsführerinnen und -führer.
Zum Museum gehören auch die 1435 jüdischen Grabsteine und Fragmente, die 1987 beim Abriss eines Gebäudes im Stadtteil Pleich geborgen wurden. Sie stammen aus der Zeit zwischen 1147 und 1346 und werden in einem Depot des Museums aufbewahrt.