Über diesem Abend lag ein kräftiger Hauch von Partystimmung: Die Operette "Die Fledermaus" von Johann Strauss hat in der Produktion der Opernschule der Hochschule für Musik Würzburg unter der Regie von Katharina Thoma alles, was man sich im Sinne vergnügter Unterhaltung nur wünschen kann. Liebe und Affäre, Rache und Intrige, Wort- und Spielwitz, jede Menge perlenden Champagners, rauschendes Vergnügen und einen musikalischen Hit nach dem anderen.
Mit dem 1874 im Zeitgeist der k.u.k.-Monarchie entstandenen Werk hat die Opernschule das Stück ausgewählt, das am stärksten aus dem Genre des musikalischen Unterhaltungstheaters herausragt. Das Großbürgertum der Zeit wird aufgespießt, aber nicht im Sinne dunkler Gesellschaftskritik, sondern versetzt in eine Zweitwelt, in der jeder mal so sein darf, wie er will.
Dr. Falke als Psychologe, der die geheimen Wünsche der Hauptfiguren analysiert
Regisseurin Katharina Thoma gibt bereits während der schwungvollen Ouvertüre Einblick in ihr Konzept: Hier ist Dr. Falke als Psychologe, der die geheimen Wünsche und Ängste der Hauptfiguren analysiert und deren Probleme mithilfe der von ihm erdachten, manipulativen Handlung auflöst. Auch die Zweidimensionalität der Requisiten im ersten Akt ist ein Kniff mit psychologischer Tragweite.
Das Bühnenbild (Devin McDonough) ist bis ins Detail überzeugend: Ein Kasten als Dreh- und Angelpunkt, mal Fenster zum Salon und Liebesnest, mal Podest und zweite Spielebene, mal Gefängniszelle mit Pritsche und WC, dazu bewegliche und geschwungene Event-Treppen, Glitzervorhänge als Hintergrund, Show- und Teilungselement.
Die Ensemble-Choreographie steht den Solisten in nichts nach
Das Solisten-Ensemble der Premiere kann man in seiner sängerischen wie schauspielerischen Lust nur als hin- und mitreißend bezeichnen. Mit Wenzheng Tong als Lebemann Eisenstein unternimmt man innere Ausbruchsversuche aus der eingefahrenen (zweidimensionalen!) Ehe mit Rosalinde (Magdalena Michalko), die wiederum nach ihrem Liebhaber-Luftikus (Adnan Barami) lechzt.
Anastasia Fendel als Stubenmädchen Adele alias Künstlerin Olga kann nicht nur brillant Soubrette mit Spitzentönen; sie spielt auch mit verführerischer Eleganz. Ob Emil Greiter (Dr. Falke), Juhó Sten (Gefängnisdirektor Frank), Isabel Grübl in der Hosenrolle des Prinz Orlowsky, Maximilian Liman (Advokat Dr. Blind), Victoria Sommerer (Tänzerin Mia) – alle Rollen sind glänzend besetzt.
Ein Projektchor stürzt sich als champagnerseliges Patyvolk in vogelwilden Glitzer-Outfits ins nächtliche Geschehen. Die Ensemble-Choreographie steht den individuellen Einlagen der Solisten in nichts nach. Und natürlich hat der Gefängniswärter Frosch seinen Auftritt: Boris Wagner, langjährig am Mainfranken Theater engagierter Schauspieler, verkörperte ihn komödiantisch großartig und hatte ein paar Bezüge zum Spielort auf Lager: "Das Singen und Musizieren ist in dieser Anstalt ausdrücklich verboten!" war ebenso nah am Originaltext wie seine Zettelwirtschaft zur Raumbelegung.
Das Orchester unter der Leitung von Paul Breyer begleitete schmissig und stimmungsvoll Operettenhits am laufenden Band wie "Mein Herr Marquis", "Brüderlein und Schwesterlein" oder den Czárdás der Rosalinde "Klänge der Heimat". Hier Viktor Orbán als Maske mit den Reichsinsignien Salami und Paprika auftreten zu lassen – was für ein Gag! Wer dieses Operettenfest kurzfristig erleben wollte, hatte allerdings Pech: Alle sechs Vorstellungen waren ausverkauft.