Es soll ein Ort für alle werden. Und zwar wirklich für ausnahmslos alle. Für Junge und Alte. Menschen mit und solche ohne Handicap. Für Leute, die eine gute gefüllte Geldbörse haben. Und solche, die nichts besitzen. "Viertelkultur" nennt sich das ambitionierte Projekt, das in der ehemaligen Bäckerei Steigerwald in der Zellerau entsteht. Herzstück wird ein Café sein, das von einem Unverpackt-Laden ergänzt wird. Am 6. Oktober werden Neugierige erstmals Gelegenheit haben, "Viertelkulturluft" zu schnuppern.
Das facettenreiche Projekt, das Soziales mit Ökologie und Kultur verbindet, hat eine lange Vorlaufzeit. "Wir träumen seit Jahren davon, in der Zellerau ein Café zu eröffnen", sagt Laila Quist, Gründungsmitglied und Vorstandsfrau des Vereins "Viertelkultur". Mit "wir" meint sie sich und ihre Freunde, mit denen sie eine Menge verbindet. Zum Beispiel die Leidenschaft für Kaffee. Den wiederum trinkt Laila Quist selten allein. Kaffee steht für sie geradezu symbolisch für Gemeinschaft und Geselligkeit.
Produkte aus der Region
Gemeinsam ist den "Viertelkulturlern" außerdem die Überzeugung, dass Lebensmittel auf eine Weise erzeugt werden sollten, die Boden und Umwelt schont und keine Menschen ausbeutet. Deshalb wird das meiste, was im Café und im Laden angeboten wird, ökologisch erzeugt sein. "Wobei wir uns nicht ‚Bio-Café' nennen", betont Quist. Derartige Etiketten können ihrer Erfahrung nach abschrecken. So klingt Bio-Café nach "teuer". Außerdem verweist die ausdrückliche Bezeichnung darauf, dass "bio" etwas Besonderes ist. Dabei sollte nach Ansicht der 30-jährigen Kunsttherapeutin nichts selbstverständlicher sein, als Lebensmittel umweltverträglich zu produzieren.
Ebenso wichtig wie der ökologische ist dem Team der lokale Aspekt. Limonade und Bier werden aus der Region kommen. Die Apfelsaftschorle liefert die Jugendhilfe-Einrichtung Keepaus Schwarzach am Main (Kreis Kitzingen), wo Quist als Kunsttherapeutin tätig ist. Durch diesen Job kam ihr auch die Idee, benachteiligte Jugendliche, die noch keinen Fuß in den Arbeitsmarkt bekommen haben, in das Projekt zu integrieren. Sie sollen zum Beispiel Praktika im Servicebereich des Cafés ableisten können.
Jobs für Menschen mit Behinderung
Noch verdient niemand an dem Projekt. Alles, was derzeit geschieht, findet auf freiwilliger Basis statt. Später wird Laila Quist, so der aktuelle Stand der Planung, die Gesamtleitung des Projekts übernehmen. Nina Dittrich könnte sich ein Engagement im Service vorstellen. Die 28-Jährige studiert derzeit noch Politologie. Seit Langem jobbt sie daneben in Gaststätten. Wodurch sie ein wichtiges Mitglied im Team ist. "Das Schöne ist gerade, dass jeder von uns ganz unterschiedliche Stärken und Erfahrungen einbringt", sagt Quist.
Bei Markus Zwingmann und Andy Riegel aus dem 43-köpfigen Helferteam, das gerade mit dem Umbau der ehemaligen Bäckerei beschäftigt ist, handelt es sich um Heilerziehungspfleger. Auch diese Berufssparte ist wichtig, da "Viertelkultur" Menschen mit Behinderung Jobs anbieten möchte. Andy Riegel ist gleichzeitig Kulturmanager. Auch diese Erfahrungen kommen dem Projekt zugute, wollen die "Viertelkulturler" doch Musikern, Literaten und Künstlern die Möglichkeit eröffnen, sich bekannt zu machen.
Neue Mitglieder sind willkommen
Gegründet wurde der Verein im Juli von acht Leuten. Seit wenigen Tagen gibt es Beitrittserklärungen, so dass nun neue Mitglieder aufgenommen werden können. 20 Euro kostet der Beitritt im Jahr. Das ist nicht viel Geld und reicht - selbst wenn alle aktuellen Helfer beitreten - auf keinen Fall, um das ehrgeizige Projekt zu stemmen. "Dafür haben wir einen Privatkredit aufgenommen, der auf mehrere Leute verteilt wurde", verrät Quist. Außerdem konnten erste Sponsoren gewonnen werden. Schließlich hofft die Initiative von der "Aktion Mensch", anderen Institutionen sowie öffentlichen Geldgebern Unterstützung zu erhalten.
Aktuell klafft noch eine Finanzierungslücke von 30 000 Euro. Dieses Geld wollen die Vereinsmitglieder über eine Crowdfunding-Aktion hereinbekommen. Derzeit wird ein Film gedreht, der das Projekt erklärt. Anfang Oktober soll er auf der Plattform "Startnext" zu sehen sein. Am 6. Oktober wird das Café dann anlässlich der Zellerauer Kulturtage zum ersten Mal öffnen. Voraussichtlich jedoch nur für einen Tag, denn es gibt noch jede Menge umzubauen und zu organisieren. Bis Jahresende, so das Ziel, soll alles fertig sein.
Bis Jahresende soll alles fertig sein
Dann wird das Café nach jetziger Planung täglich von 8 bis 21 Uhr öffnen. Initiativen können die Räumlichkeiten in dieser Zeit nutzen, um Workshops, Vorträge oder Diskussionen anzubieten. Der hintere Teil des Cafés wird als gemütliches Kindercafé gestaltet und soll als Treffpunkt für junge Familien aus der Zellerau dienen.
Wer das Projekt als Helfer, Spender oder Sponsor unterstützen möchte, kann sich unter Tel. 0178-1900501 oder verein@viertelkultur.de montags bis mittwochs von 10 bis 15 Uhr an die Initiative wenden.