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Ochsenfurt
Ochsenfurt: Kater Carlos nach 40 Tagen aus Garage gerettet
Nachdem ihr roter Kater Anfang September spurlos verschwand, hatten die Eheleute Ehm die Hoffnung schon fast aufgegeben. Dass sie ihn nun wieder haben, grenzt an ein Wunder.
Edith Ehm aus Ochsenfurt hat Kater Carlos wieder, nachdem er sechs Wochen vermisst war.
Foto: Thomas Obermeier | Edith Ehm aus Ochsenfurt hat Kater Carlos wieder, nachdem er sechs Wochen vermisst war.
Claudia Schuhmann
 |  aktualisiert: 08.02.2024 14:25 Uhr

Auf dem Sofa in der warmen Wohnung der Familie Ehm in Ochsenfurt schlummert er friedlich: Kater Carlos widmet sich derzeit ausschließlich seiner Rekonvaleszenz, denn er hat schier Unglaubliches hinter sich. 40 Tage lang war der Stubentiger wie vom Erdboden verschluckt, seine Besitzer befürchteten das Schlimmste. Dann, am 16. Oktober, fischte ein Nachbar den völlig entkräfteten und dehydrierten Kater hinter einem Schrank in der Garage seiner Eltern hervor. Das Merkwürdige an der Geschichte: Carlos hätte durchaus die Gelegenheit gehabt, aus der Garage zu entkommen.

Glücklich nimmt Edith Ehm ihren Carlos, der inzwischen seinen Nachmittagsschlaf zu beenden geruht hat, auf den Arm. Sie ist der Meinung, dass der Kater gleich mehrere der sieben Leben, die der Volksmund Katzen zuspricht, bei seinem gerade überstandenen Abenteuer aufgebraucht hat. 40 Tage, in denen er kaum Wasser oder Futter bekommen haben dürfte, aber Carlos lebt. "Ich habe alle Heiligen und ganz besonders den Heiligen Franziskus angefleht", erzählt die 69-Jährige von den Wochen der Ungewissheit, die hinter ihr und ihrem Mann Otto liegen.

Alle Nachbarn wurden informiert

Am 4. September verschwand Freigänger Carlos. Wie so oft, saß er noch um Mitternacht draußen auf der Terrasse. Und wie immer, rief Otto Ehm ihn zum Schlafen ins Haus. Doch anders als sonst verspürte der Kater in dieser warmen Nacht keine Neigung, schon zu Bett zu gehen. Danach sahen ihn seine Besitzer nicht wieder. "Das ist untypisch für ihn", sagt Edith Ehm. Der eher schüchterne, kastrierte Stubentiger bleibe sonst seinem Zuhause nie lange fern.

Die Ehms informierten sofort die Nachbarn, baten alle, in Kellern und Garagen nachzusehen, ob Carlos vielleicht versehentlich eingesperrt wurde. Denn jeder Katzenbesitzer weiß, dass so etwas häufig hinter dem Verschwinden der neugierigen Samtpfoten steckt. Aber niemand fand Carlos.

Pfotenabdrücke in der Garage

Die Bögeleins, Nachbarn der Ehms drei Häuser weiter in der Frickenhäuser Straße, fanden jedoch etwas anderes. In ihrer Garage, die nur gelegentlich noch betreten wird, entdeckten die Nachbarn Pfotenabdrücke sowie Kot und Urinpfützen. Doch die Suche nach dem Urheber blieb ergebnislos, ein Tier fanden sie nirgends. In der Annahme, ein Marder habe sich in die Garage verirrt, ließen Bögeleins das Garagentor zeitweilig geöffnet. Ob das Tier, das sie dort vermuteten, die Garage inzwischen verlassen hatte, wusste niemand.

Kater Carlos indessen blieb verschwunden. Für Edith Ehm und ihren 76-jährigen Mann Otto wog der Verlust schwer. Seit vier Jahren lebt der etwa siebenjährige Kater schon bei ihnen. Damals war gerade ihr rothaariger Kater gestorben, und das Ehepaar wollte eigentlich keine neue Katze mehr anschaffen. "Aber dann sah ich eine Anzeige, dass ein roter Kater abzugeben sei", erzählt Edith Ehm. Eine Ochsenfurter Tierschützerin hatte das heimatlos gewordene Tier zu sich genommen, konnte es aber nicht behalten, da es Krach mit ihrem eigenen Kater gab.

Warum wagte sich Carlos nicht hinaus?

Als Edith Ehm Carlos persönlich kennenlernte, war es um sie geschehen. Das schüchterne Tier zog in der Frickenhäuser Straße ein und verlängerte die Liste der vielen Katzen, denen Ehms im Laufe der Zeit ein Zuhause gegeben hatten, um eine weitere. Sein etwas ängstliches Wesen könne der Grund gewesen sein, warum sich Carlos auch nicht aus seinem Versteck wagte, als nach ihm gesucht wurde, vermutet Edith Ehm.

Weil von Carlos weiterhin jede Spur fehlte, suchte Otto Ehm die ganze Umgebung ab, kroch am Altwasser des Mains durchs Unterholz, guckte auf beiden Seiten der Straße nach dem möglicherweise überfahrenen Tier - nichts. In der Zwischenzeit entschloss sich Ralph Bögelein, den mysteriösen Pfotenabdrücken und den immer wieder neuen Hinterlassenschaften in der Garage endgültig auf den Grund zu kommen und räumte alle Gegenstände heraus. Ganz zuletzt, unter einem Schrank, fand er den geschwächten Nachbarskater.

Schnelle Erholung

Zwar können Katzen als ursprünglich aus der Wüste stammende Tiere recht lange ohne Wasser auskommen, sechs Wochen sind aber auch für sie nicht machbar. Ralph Bögelein hat eine Erklärung: Immer, wenn er sein Elternhaus besuchte, hatte er die Hinterlassenschaften mit dem Wasserschlauch aus der Garage gespritzt und dabei Wasserpfützen hinterlassen, aus denen Carlos vermutlich getrunken hat.

Überglücklich nahmen die Eheleute Ehm das im Gewicht deutlich reduzierte und sichtlich ergraute Katzentier entgegen und erkundigten sich in der Tierklinik in Reichenberg, was zu tun sei. "Man sagte mir, das wichtigste sei, dass er Flüssigkeit zu sich nehme und bei sich behalte", erzählt Edith Ehm. Mit einer Pipette flößte sie ihm Flüssigkeit und pürierte Nahrung ein. Anfangs alle zwei Stunden. Und, ganz nach Art der zähen Samtpfoten, erholte sich Carlos in geradezu schwindelerregendem Tempo.

Ganz zu seiner alten Pracht und Leibesfülle hat er noch nicht zurück gefunden, aber er ist auf dem besten Weg. Er möchte bereits wieder nach draußen, wo er in der warmen Jahreszeit einem für sein scheues Wesen eigentlich untypischen Hobby frönt: die draußen sitzenden Gäste der Pizzeria auf der anderen Straßenseite zu becircen.

 
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  • T. H.
    Schöne Geschichte mit Happy End. Ich denke, dass Verhältnis zwischen Mensch und Tier wird nach diesem Erlebnis noch intensiver werden.

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