
An einen solchen Paukenschlag im Stadtrat können sich selbst langjährige Beobachter der Würzburger Lokalpolitik nicht erinnern. Völlig überraschend für die Stadtratsmitglieder gab Oberbürgermeister Christian Schuchardt am Donnerstag Nachmittag bekannt, dass er mit sofortiger Wirkung Kulturreferent Muchtar Al Ghusain als seinen Stellvertreter in der Werkleitung des Mainfranken Theaters abgezogen hat und die Aufgabe als Vorgesetzter der Theaterleitung selbst übernehmen wird.
Der OB begründete seinen Entschluss damit, dass „verschiedentliche Einlassungen“ Al Ghusains in jüngster Zeit zu den anstehenden Sanierungs- und Erweiterungsplänen am Mainfranken Theater zu einer Verunsicherung sowohl bei der Theaterbelegschaft als auch beim Freundeskreis des Mainfranken Theaters, der das Haus jährlich mit hohen Geldbeträgen unterstützt, geführt hätten.
Kulturreferent Al Ghusain hatte in seiner Eigenschaft als Würzburger SPD-Vorsitzender im April eine Pressemitteilung veröffentlicht, in der er den vorgesehenen Anbau am Mainfranken Theater in Frage stellte. Dort soll während der geplanten Sanierung eine Übergangs- und spätere dauerhafte Spielstätte entstehen. Vor wenigen Tagen plädierte der SPD–Vorsitzende im Vorfeld des Bürgerentscheids am 5. Juli dafür, eine zweite Theater-Spielstätte und andere Theaternutzungen in eine sanierte Mozartschule zu verlagern. Pikant daran: Als Kulturreferent hat er eine Machbarkeitsstudie für die Theatersanierung mit einem Anbau mitgetragen.
Während der Stadtrat von Schuchardts Vorstoß völlig überrumpelt schien, hatte Al Ghusain offenbar von der Entscheidung des OB Kenntnis. Er reagierte nämlich mit einer abgefassten „persönlichen Erklärung“ vor dem Plenum. Sein Verhalten sei von vielen „als illoyal und als Affront gegen OB und Stadtrat“ empfunden, sagte er. In der Phase der Meinungsbildung vor dem Bürgerentscheid habe er es als seine Aufgabe angesehen, mit Argumenten die jeweiligen Positionen zu prüfen und damit zu einer Entscheidungsfindung beizutragen.
Er habe aber auch in den beiden letzten Stadtratssitzungen keinen Hehl aus seiner Skepsis gegenüber dem Ratsbegehren gemacht. „Ohne jeden Zweifel“ sei aber für ihn als Referent das Ergebnis des Entscheids am 5. Juli bindend, so Al Ghusain. Er werde dieses „akzeptieren und an seiner Umsetzung mitwirken“. Im Frühjahr 2014 hatten sich Al Ghusain und Schuchardt in der Stichwahl um das Oberbürgermeisteramt direkt gegenüber gestanden. Schuchardt, Kandidat der bürgerlichen Mitte, gewann.
Er bedauere, dass der Oberbürgermeister sein bisheriges Vorgehen als einen persönlichen Affront ansehe, sagte Al Ghusain weiter. Das sei nicht seine Absicht gewesen, „denn ich möchte auch in Zukunft gerne und in kollegialer Weise mit ihm, den Referenten wie auch dem gesamten Stadtrat zusammenarbeiten.“
Die Reaktionen, die er jetzt gerade erfahre, machten ihn betroffen, gestand er ein. Seine Erklärung schloss er dann an den Stadtrat gewandt mit dem Satz: „Wenn Sie der Auffassung sind, dass ich mich persönlich hier öffentlich stärker zurückhalten sollte, werde ich das künftig respektieren und noch stärker darauf achten, mein Ehrenamt von meinem berufsmäßigen Wahlamt zu trennen.“
Ein Stadttheater ohne Vorplatz? Allein die Idee ist abartig.
Und ein Theater ohne Vorplatz als abartig zu bezeichnen läßt Böses im Umgang mit starken Worten befürchten!
Sachlichkeit stände Ihnen gut!
"abartig":
1. (emotional abwertend) (besonders in sexueller Hinsicht) vom als normal Empfundenen abweichend; pervers
2. (umgangssprachlich emotional verstärkend) (auf absurde Weise) unangemessen, merkwürdig
Was meinen Sie wohl, in welcher dieser zwei Auslegungsmöglichkeiten meine Anwendung des Begriffs "abartig" einzuordnen ist?
MfG
Herr Al Ghusain hat sozusagen das Vergnügen, jetzt am eigenen Leib zu erleben, wie er damals mit dem Musikdirektor Jin Wang verfahren ist. Den hat er seinerzeit vom Dienst suspendiert, nachdem es gelungen war, eine private Entgleisung zu einem Kündigungsgrund zu erheben, wohingegen er selbst offenbar Probleme hat, seinen Job fachlich und sachlich korrekt zu machen.
Ohne Herrn Wang für seine (im Sinne des Strafrechts nicht erwiesenen) Fehler entschuldigen zu wollen - aber mir schießt ein altes Sprichwort durch den Kopf: "Kleine Sünden bestraft der liebe Gott sofort, bei großen dauerts etwas länger..."
Und normalerweise ist es auch nicht Sache des Chefs, sich in die Beziehungen seiner Mitarbeiter einzumischen (s. Wal-Mart).
Dass Herr Al Ghusain sich hier (zumindest) den Vorwurf einer Überreaktion gefallen lassen muss (wenn er denn wirklich aus einem "Schutzreflex" heraus gehandelt haben sollte), zeigt auch das Ergebnis des Strafprozesses. Sie werden mich (egal ob die Vorwürfe gegen Herrn Wang tatsächlich mehr zutreffen oder weniger) nicht von meiner Überzeugung abbringen, dass dieser Vorfall ein gefundenes Fressen war, um einen Mann "abzuschießen", der sich mit seinen Ansprüchen bei Mitarbeiter/innen und Vorgesetzten gründlich unbeliebt gemacht hatte. MMn kann die Stadt WÜ froh sein, mit der Zahlung einer Abfindung in Höhe von 105.000 Euro davongekommen zu sein.
Ich glaube Sie verwechseln "Ansprüche" mit "Charakter". Wang muss wohl recht unerträglich gewesen sein. Seit wann sorgen schlechte Arbeitsklimata für Höchstleistungen?
Dienstrecht.... interessanter Aspekt. Mich würde der genaue Wortlaut dieses Dienstrechts brennend interessieren. Es wäre nett von Ihnen dem Leser mitzuteilen, wo dieses Dienstrecht einsehbar ist. Sie scheinen darüber genau im Bilde zu sein. Danke schon mal
Jetzt dann diese Aktion.
Man sieht: OB Schuchardt macht eine Politik, die nicht auf Kooperation und Kommunikation aufgebaut ist, andere Meinungen werden nicht akzeptiert. Wem will er hier etwas beweisen? Was haben Personen zu erwarten, die sich zukünftig nicht auf Linie bringen lassen?
Zum Wohl der Bürger werden solche Entscheidungen wohl nicht gefällt werden...
Mit freundlichen Grüßen
Da war ja absehbar!
Wenn man nicht loyal sein kann, fordert das eben Konsequenzen!
Eine Stadtverwaltung dient zuvorderst eben nicht der Selbstverwirklichung, sondern ist Dienst am Bürger. Dieser Dienst fordert es sie - insbesondere wenn bereits Einigkeit geschaffen wurde - sie so effektiv abwickeln zu können wie es neben geht.
Alles andere ist Verschwendung von Werten die eben allen Bürgern gehören, und nicht 5, 10 oder 20%!
Bravo, Herr OB!
Ich weiß nicht, ob ich überhaupt Ihre Gedult gehabt hätte!