Der österreichische Theaterautor Werner Schwab (1958-1994) war in den frühen 1990er-Jahren der Shooting-Star des deutschsprachigen Theaters; im Jahr 1992 wurde er gar zum Dramatiker des Jahres gewählt. Vor allem seine derbe, gelegentlich obszöne Sprache und seine kreativen Wort-Neuschöpfungen begeisterten damals die Theaterszene. Inzwischen sind seine Bühnentexte weitgehend aus den Spielplänen verschwunden; da ist es um so erfreulicher, dass das Würzburger Theater Ensemble jetzt Schwabs Debütstück "Die Präsidentinnen" aus dem Jahr 1990 erneut zur Diskussion stellt.
In seiner Neu-Inszierung verzichtet Theatergründer Norbert Bertheau auf jeglichen technischen Schnick-Schnack und konzentriert sich ganz auf die Arbeit an Text und Sprache. Jutta Summer (Mariedl), Birgit Leimkötter (Grete) und Marion Schenk (Erna) sind die drei Präsidentinnen. Drei mittelalte Damen aus kleinbürgerlichem Milieu, die sich auf der Wohnzimmercouch zum Kaffetrinken treffen und dabei im typischen Schwab-Sound über Gott und die Welt plaudern. Wobei "Gott und die Welt" durchaus wörtlich zu nehmen ist, geht es doch vor allem um eine Weltsicht, die stark von einer naiv-bigotten Religiosität geprägt ist.
Ungeschützt an der Kloschüssel
Sie reden über ihr Leben, ihre gescheiterten Beziehungen, ihre missratenen Kinder, die ausbleibenden Enkelkinder und die kleinen Sorgen ihres Alltags: Erna beklagt sich über Sohn Herrmann, der mehr Interesse an Alkohol als am "Verkehr zur Erzeugung von Enkeln" hat; Grete hat als Lebenspartner nur noch Dackel Lydia, nachdem ihr Mann sie für eine 18-jährige Asiatin verlassen hat; und der Lebenshorizont von Mariedl reicht kaum über die Abort-Schüsseln hinaus, die sie mit bloßen Händen von Verstopfungen befreit ("die Erna machts ohne - Handschuhe") und allein daraus ihr Selbstwertgefühl bezieht.
Im zweiten Teil des 90-Minuten-Abends wechselt das Trio von Kaffee zu Wein - und die Gesprächssituation eskaliert. Gemeinsam entrücken sie sich in ihren weinseeligen Tagträumen auf ein imaginäres Fest, auf dem sie ihre verborgenen Hoffnungen und Sehnsüchte ausleben können - und die sich letztlich doch als große Selbsttäuschung erweisen. Da läuft das Darstellerinnen-Trio zu großer Form auf, allen voran die Mariedl von Jutta Summer, die mit bewundernswerter Souveränität die unappetitlichen Passagen meistert. Ein böser Theaterabend für Leute mit starken Nerven.
Vorstellungen bis zum 27. April, jeweils Donnerstag, Freitag und Samstag um 20 Uhr. Karten unter Tel.: 0931/44545 oder www.theater-ensemble.net