
Kamen Schwester und Schwager bisher zu Rudolf Schwarz zu Besuch, mussten sie mit dem Zimmer des Seniors im Hans-Sponsel-Haus der Arbeiterwohlfahrt (AWO) Vorlieb nehmen. Nun haben sie einen gemütlichen Ort, wo sie sich zusammensetzen und miteinander plauschen können: Seit Donnerstag gibt es im Hans-Sponsel-Haus das „Lindleinscafé“. Alle Bewohner der Lindleinsmühle sind hier von Donnerstag bis Sonntag zwischen 14.30 und 17.30 Uhr willkommen.
Rudolf Schwarz wird das Café nicht nur nutzen, um mit seinen Verwandten Kaffee zu trinken und Kuchen zu essen. Die neue Einrichtung bietet für ihn auch eine tolle Möglichkeit, neue Menschen kennen zu lernen. Über 200 Senioren leben im Hans-Sponsel-Haus. Logisch, dass man da nicht gleich jeden kennt.
Bei der Eröffnungsfeier saß Rudolf Schwarz mit Anni Hindelang am Tisch. Die 88-Jährige wohnte bisher im Marie-Juchacz-Haus der AWO in der Zellerau und zog vor kurzem in die Einrichtung in die Lindleinsmühle um. Dass es hier nun ein so tolles Café mit wechselndem Kuchenangebot gibt, findet die unternehmungslustige Seniorin klasse.
Mit dem Lindleinscafé will der AWO-Bezirksverband nicht nur die Lebensqualität der Menschen im Hans-Sponsel-Haus steigern. „Wir haben hier auch zwei integrative Arbeitsplätze für Menschen mit psychosozialen Problemen geschaffen“, sagt Carmen Steffan von der Behindertenhilfe der AWO in Unterfranken. Junge Menschen, die seelisch nicht allzu belastbar sind, haben Schwierigkeiten, einen Job zu finden. Integrative Arbeitsplätze stellen darum eine große Teilhabechance für sie dar.
Einen der beiden integrativen Jobs hat Mara Endres ergattert. Die 18-Jährige hatte zuletzt eine Berufsvorbereitende Qualifizierungsmaßnahme (BQM) im Bereich Hauswirtschaft bei den Mainfränkischen Werkstätten absolviert. Dort lernte sie viel, was sie nun im Café der Lindleinsmühle gut anwenden kann: „Zum Beispiel, mit zwei Kugeln Vanilleeis einen Eiskaffee zuzubereiten.“
Am Eröffnungstag kam die junge Frau durch ihr freundliches Wesen bestens bei den Gästen an. Es war ganz schön viel los, etliche Tassen Kaffee, Latte Macchiato und Cappuccino mussten serviert werden. Doch Mara ließ sich nicht aus der Ruhe bringen.
Während die Jugendliche Kuchen servierte, war ihr Kollege Mario Buck hinter der Theke an der Kaffeemaschine zugange. Der 24-Jährige ist gelernter Beikoch, war aber zuletzt arbeitslos. Über den Integrationsfachdienst (ifd) in Würzburg kam er an die Stelle im Café. Viel hat er bisher schon ausprobiert, erzählt er: „Ich habe als Pizzabäcker oder auch in einer Spülküche gearbeitet.“ Nie hielt er es lange aus. Entweder war der Stress zu groß. Oder die Arbeit zu monoton. Oder Mario kam nicht mit den Chefs aus: „Der letzte wollte dauernd, dass ich noch mehr Gas gebe.“ Da ging er.
Im Lindleinscafé, wo Mario Buck seit dem 1. September angestellt ist, fühlt er sich wohl. Vor allem kommt er mit seiner Chefin, Caféleiterin Christa Kratz, gut aus. Hier im Café endlich einen Platz gefunden zu haben, wo er längerfristig arbeiten kann, das würde sich Mario Buck sehr wünschen.
Für Einrichtungsleiter Jürgen Görgner soll das Lindleinscafé eine Art Herzstück des Hans-Sponsel-Hauses bilden. Geplant sei, die Funktionen der neuen Einrichtung nach und nach zu erweitern. Schon jetzt gibt es ein kleines Regal mit Artikeln, die Heimbewohner von Zeit zu Zeit benötigen. Shampoo zum Beispiel. In Kürze soll es möglich sein, im Café auch Einkaufszettel abzugeben. Besorgt werden die Sachen dann über das tegut-Lädchen in Leinach. Auch dort hat die AWO inklusive Arbeitsplätze eingerichtet.
An jedem Donnerstagnachmittag wird es außerdem künftig Klaviermusik geben. Schließlich ist daran gedacht, das Essensangebot sukzessive zu erweitern, so Carmen Steffan: „Wir wollen in Zukunft nicht nur Kuchen, sondern auch keine Snacks anbieten.“ Neben Kaffee soll außerdem Wein und Bier kredenzt werden. Für einen gemütlichen Dämmerschoppen im Café oder, solange es noch warm ist, auf der großzügigen Terrasse des Heims.