
Bei einer Gegenstimme verabschiedete der Kreistag des Landkreises Neustadt/Aisch-Bad Windsheim in der Markgrafenhalle in Neustadt/den Kreishaushalt 2022 mit einem Gesamtvolumen von fast 139 Millionen Euro. Alle Fraktionen hatten Zustimmung signalisiert. Das taten auch die beiden Landtagsabgeordneten Hans Herold (CSU) und Gabi Schmidt (Freie Wähler/UWG). Doch beide richteten eindringliche Worte an den Kreistag, angesichts der künftigen finanziellen Situation in Bund und Land in Corona-Zeiten nochmals über die Erweiterung des Landratsamtsgebäude nachzudenken und vielleicht andere Lösungen zu finden.
Hans Herold hatte sich nicht zum ersten Mal kritisch dazu geäußert, dennoch kamen seine und Gabi Schmidts Stellungnahmen nicht nur für Landrat Helmut Weiß überraschend. Bislang hatte nur die Fraktion der Grünen im Bauausschuss und im Kreisausschuss gegen den Amtsbau gestimmt, wie Ruth Halbritter (Grüne) im Nachgang der Sitzung gegenüber dieser Redaktion betonte.
Erweiterung als Voraussetzung für die Bestandssanierung
Landrat Helmut Weiß hatte in seiner Haushaltsrede darauf hingewiesen, dass "uns die Erweiterung des Landratsamtsgebäudes über mehrere Jahre hinweg begleiten wird". 2022 stehe ganz im Zeichen von Planung, Genehmigung, Ausschreibung und Auftragsvergaben. "Der Anbau ist ein wichtiger Schritt, um die akute Raumnot im Landratsamt zu entschärfen und auch zwingende Voraussetzung für eine weiterhin erforderliche Sanierung des Bestandsgebäudes", hatte Weiß erläutert. Baubeginn sei für 2023 geplant.
Doch die beiden Finanzpolitiker Herold und Schmidt hakten hier ein, da ihnen die finanzielle Bürde durch die Pandemie bewusst sie und sie die Sorge um geordnete Finanzen umtreibe. Herold warnte, dass künftig vom Freistaat weniger Zuschüsse zu erwarten seien, weil ab 2023 die Schuldenbremse wieder greife. Deshalb erfülle ihn die Millionensumme für die notwendige Sanierung des Landratsamtsgebäudes mit Sorge. "Ich habe ein Problem damit", so Herold.
MdL Herold: Über Auslagerung von Behörden nachdenken
Auch an seine eigene Fraktion richtete Herold deshalb den Appell, über Alternativen zum Erweiterungsbau nachzudenken. Er denkt dabei an die Auslagerung von Teilen der Behörde, etwa ins Amtsgerichtsgebäude oder in die Pflegeschule Scheinfeld.
Gerade die Corona-Pandemie habe gezeigt, dass dezentrales Arbeiten in vielen Bereichen möglich sei, erinnerte Gabi Schmidt. In München zerbreche man sich den Kopf, wie staatlichen Ausgaben künftig noch finanziert werden sollen, deswegen könne man vor Ort nicht wegschauen. Dies sage sie aus "tiefster Sorge, nicht aus Respektlosigkeit vor denen, die die Erweiterung beschlossen haben", betonte Schmidt.
Landrat Helmut Weiß hingegen erinnerte daran, dass die Entscheidung für die Erweiterung des Landratsamt durch einen demokratischen Beschluss zustande gekommen sei und in die Finazplanung eingearbeitet wurde. Diesen Beschluss wolle er vollziehen.
Fast 139 Millionen Euro macht der Haushalt aus. Mit diesem Gesamtvolumen werde es möglich sein, die vielen Pflichtaufgaben der Verwaltung, die sozialen Leistungen, die Fördermaßnahmen und die Investitionen zu finanzieren, so Landrat Weiß.
Keine Neuverschuldung, aber Entnahme aus der Rücklage
Größte Baumaßnahme 2022 bleibt das Gymnasium in Scheinfeld. 4,4 Millionen Euro sind dafür veranschlagt. Für das berufliche Schulzentrum in Bad Windsheim seien Planungskosten eingestellt. Das Festhalten an den beiden Klinikstandorten Neustadt und Bad Windsheim sei gerade mit Blick auf die Pandemie richtig gewesen. 2022 soll der OP-Neubau in Bad Windsheim begonnen werden. Mittel stehen auch für das Naturparkzentrum in Scheinfeld zur Verfügung.
18,3 Stellen kommen laut Weiß in der Kreisverwaltung hinzu. Doch der Gewinnung von Personal müsse künftig mehr Bedeutung eingeräumt werden, da um Fachpersonal gerungen werde.
Kreiskämmerin Silvia Ripka erläuterte, dass die Bereiche Sozial- und Jugendhilfe im Verwaltungshaushalt mit 25,3 Millionen Euro den größten Ausgabeanteil einnähmen. An zweiter Stelle stehe der Schulbereich mit rund 12,3 Millionen Euro. Die Investitionen im Hochbaubereich addierten sich auf elf Millionen Euro, im Tiefbaubereich wird mit 3,9 Millionen Euro geplant.
Eine Neuverschuldung gibt es laut Ripka auch 2022 nicht. Stattdessen ist eine Entnahme aus den Rücklagen in Höhe von 2,2 Millionen Euro geplant.