Es war der Aufreger im Januar 2012: Seit Ende der 50er Jahre war es Tradition in der Stadt Würzburg, dass ein katholischer Würdenträger – zumeist der Bischof selbst – als Redner neben dem Oberbürgermeister zum Neujahrsempfang der Stadt geladen war. Doch Oberbürgermeister Georg Rosenthal brach mit dieser Tradition: Bischof Friedhelm Hofmann war als Gast geladen, reden durfte der ehemalige Unipräsident Prof. Dr. Theodor Berchem. Und in diesem Jahr? Wer spricht neben Rosenthal zum Jahr 2013? Stadtsprecher Christian Weiß löst das Rätsel: Am Sonntag, 20. Januar, tritt der Journalist und Träger des Würzburger Friedenspreises Addis Mulugeta ans Mikrofon.
Mulugeta stammt aus Äthiopien. Aus seinem Heimatland musste er wegen seiner regimekritischen Berichterstattung fliehen. Kaum in Bayern angekommen, suchte er nach einem Weg, die Kluft in der Kommunikation zwischen Flüchtlingen und Bürgern zu überbrücken. Dafür gründete er als Stimme der Flüchtlinge das Magazin „Heimfocus“, das zu einer Erfolgsgeschichte geworden ist. Zusammen mit anderen hat er in der Gemeinschaftsunterkunft in der Dürrbachau, in der er selbst auch lebte, das Heimcafé ins Leben gerufen.
Es bietet Normalität und Leichtigkeit innerhalb der Gemeinschaftsunterkunft. Gleichzeitig engagiert sich Mulugeta in der Integrationsarbeit. Für sein Engagement erhielt er bereits 2011 den Würzburger Friedenspreis. Im Dezember wurde er als Flüchtling anerkannt und studiert nun Wirtschaft in Würzburg. Los geht die Veranstaltung um 11 Uhr im Ratssaal.
Hofmann schickt wieder Vertreter
Es gab viel Gegenwind gegen die Entscheidung der Rathausspitze, den Bischof als Gastredner auszutauschen, kein Wunder, ist doch mehr als die Hälfte der Würzburger Bevölkerung katholisch. Und viele sahen das als Affront an. Die Begründung gab Rosenthal damals persönlich: „Der Neujahrsempfang der Stadt Würzburg ist ein Empfang für alle Bürger aber auch für Gruppierungen und Gemeinschaften innerhalb der Stadt. Jeder trägt dazu bei, dass Würzburg lebenswerter wird und vielfältig. Die Gesellschaft ist bunter geworden. Beim Empfang sollen sich deshalb auch alle Glieder der Stadt wiederfinden können. Wir wollen hier vielstimmiger wahrnehmbar sein und damit das Leben abbilden.“ 2012 jedenfalls kam der Bischof nicht als geladener Gast ins Rathaus sondern schickte einen Vertreter. Er selbst feierte am Untermain das 200. Jubiläum der Wallfahrtskirche in Schmerlenbach. Auch in diesem Jahr hat der Oberhirte keine Zeit für die Stadt.
2011 war die katholische Welt noch in Ordnung gewesen und Bischof Hofmann beklagte damals schon im städtischen Ratssaal bei der Neujahrsrede die wachsende Trennung von Staat und Kirche. Eine prophetische Gabe angesichts der künftigen Entwicklung?
Die Diözese installierte 2012 einen eigenen Empfang mit großem Erfolg. Mehr als 800 Gäste fanden den Weg zur Hubland-Uni. Festredner war der frühere Bundesverfassungsrichter und Direktor des Institutes für Finanz- und Steuerrecht an der Uni Heidelberg Paul Kirchhof. Sein Thema bezog sich wohl nicht auf die neue Situation im städtischen Ratssaal, obwohl so mancher Insider das vermutete: „Die freiheitsbewusste Erneuerung des Verhältnisses von Staat und Kirche.“
In diesem Jahr findet der Diözesanempfang am Dienstag, 5. Februar, ab 19 Uhr wieder in der Hubland-Uni statt. Gastredner ist an diesem Abend Prof. Dr. Klaus Töpfer, ehemaliger Unter-Generalsekretär der Vereinten Nationen und Bundesminister a.D. Er spricht über die zunehmende Sorge um die Schöpfung. OB Georg Rosenthal hat nach Informationen dieser Zeitung jedenfalls sein Kommen zugesagt.
Beim OB ist das eine seiner wenigen "Leistungen" - aber leider was für eine?