Wenn der Vater mit dem Sohne . . . Nein, so glatt lief diese Geschichte im berühmten Rühmann-Film aus dem Jahr 1955 nicht, und auch im richtigen Leben hängt da manchmal der Haussegen schief. In der Münchner Schausteller-Familie Distel, seit fast 60 Jahren mit ihrem Autoscooter eine Institution auf dem Kiliani-Volksfest, ist dies offensichtlich anders. Hier arbeiten Vater und Sohn seit langem eng zusammen, in gegenseitigem Respekt und Achtung. "Wir verstehen uns gut und ergänzen uns", sagt der Sohn Heiner Distel junior. Dass beide den gleichen Vornamen haben, scheint das gute Miteinander nur zu bestätigen.
Nun hat der Vater dem Sohn eine wichtige Aufgabe übergeben: 30 Jahre war Heiner Distel senior Sprecher der Schausteller auf Kiliani und hat nun bei der jährlichen Versammlung im Festzelt seiner Gruppe mitgeteilt, dass er mit Stolz und großer Freude das Amt des Sprechers ausgefüllt habe. Aber nach drei Jahrzehnten sei die Zeit reif für eine Verjüngung an der Spitze.
Ruhige und sachliche Persönlichkeit
Uwe Zimmermann, der fürs Kiliani zuständige Mann im Rathaus, würdigte im Namen der Stadt die Verlässlichkeit des wichtigsten Ansprechpartners auf dem Festplatz: "Es geht eine ruhige und sachliche Persönlichkeit mit einem festen Willen und guten Ideen in den verdienten Ruhestand. Heiner Distel senior sei stets der Ausgleich zwischen einem beliebten und belebten Festzelt und einem attraktiven Angebot auf dem Festplatz wichtig gewesen. In dieser Mission sei er dank beständiger Innovationen, vom Kiliani-Taler bis zur Rad-Tour und mit großem Verhandlungsgeschick bei Medien- und Werbepartnern äußerst erfolgreich gewesen, so Zimmermann.
Die Versammlung wählte im Anschluss an die emotionale Verabschiedung einstimmig Heiner Distel junior zum Nachfolger im Amt. Er hat seinen Vater in der Vergangenheit bei seinen Aufgaben unterstützt und sich die volle Rückendeckung der Schausteller erworben.
Unternehmen in Halle gegründet
Die Großeltern von Distel senior hatten 1905 in Halle an der Saale das Unternehmen gegründet, das nach dem Krieg nach München kam. 1936 hatten sie den ersten Autoscooter gekauft, der seitdem immer wieder erneuert wurde. 1969 kamen die Eltern erstmals nach Würzburg. Ihr Sohn war in den Ferien schon immer mit dabei und stieg nach dem Internat in den elterlichen Betrieb ein, in dem auch seine Frau Belinda tätig ist.
Bei seinem Sohn war es nicht viel anders. Auch er war als Kind mit dabei und ist nach dem Internat in München in den Betrieb mit eingestiegen. Auch Sohn Paul ist mit drei Jahren schon auf Kiliani dabei und seine Mutter Dunja sitzt an der Kasse.
Autoscooter und Feuerzangenbowle
Die Familie hat reichlich zu tun. Grundstock ist ihr Autoscooter auf diversen Volksfesten. Den organisieren sie seit langem das Schützenfest in Fulda und den Pfingstmarkt in Alsfeld als Volksfest und betreiben Feuerzangenbowlen-Stände in Würzburg, Ingolstadt und München.
Wie kann man bei so viel Arbeit noch ein Ehrenamt ausführen? Als junger Mann wurde Heiner Distel von der damaligen Festorganisatorin der Stadt, Anni Musenbichler, gefragt. Sie musste ihn nicht lange überreden: "Damals war das noch eine leichte Aufgabe mit drei bis vier Terminen. Heute hast du als Sprecher schon fünf Termine im Vorfeld, und fast täglich kommt etwas dazu. Vor allem ist die Medienlandschaft viel breiter aufgestellt, die angesprochen werden will", so Heiner Distel senior.
Seine wichtigste Aufgabe sieht er darin, Bindeglied zwischen den 70 Schaustellern auf dem Platz, der Stadt und den Medien zu sein. "Da muss man manchmal auch als Prellbock herhalten." Eng verbunden ist seine Arbeit mit einer Werbegemeinschaft der Schausteller, die ihren Sitz in Würzburg hat. Die Mitgliedsbeiträge, die abhängig vom Platzgeld sind, werden verwendet für Werbung, für die von Distel eingeführten Sonderaktionen wie den Tag der Kindergärten die Ladies- Night, Best-Friends-Day, die Pressestammtische und das Abschlussfeuerwerk.
Lieblingsstandort Mainwiesen
Eigentlich kann Distel senior mit seiner Arbeit sehr zufrieden sein. Doch etwas hat er nicht geschafft. Beim Umbau der Talavera kam das Volksfest auf die Mainwiesen, und Distel wäre gerne dort geblieben. Damit stieß er aber beim damaligen Oberbürgermeister Jürgen Weber auf taube Ohren.
Sohn Heiner betritt kein Neuland. Er hat den Vater in den vergangenen Jahren schon auf vielen Terminen begleitet und so war seine Wahl "fast logisch", sagt er und freut sich über die volle Zustimmung aus dem Kreis der Schausteller.
Kiliani ist kein Selbstläufer
Und wo sieht er seine Aufgaben für die Zukunft? "Auch Kiliani ist kein Selbstläufer. Ziel ist, das Volksfest attraktiv zu erhalten und immer weiterzuentwickeln. Wir müssen mit der Zeit gehen." Dazu gehöre auch der Auftritt in den sozialen Medien, die immer mehr an Gewicht gewinnen. Diese Aufgabe hat er schon in den vergangenen Jahren übernommen.