Nach 40 Jahren sollen Bayerns Polizisten eine neue Dienstpistole bekommen. Das Modell P 7 von Heckler & Koch wird seit Jahren nicht mehr hergestellt. Der Freistaat kaufte zuletzt Restbestände anderer Bundesländer auf, die sich längst alle für leichtere und leistungsstärkere Pistolen entschieden haben.
Rund 30 000 Vollzugsbeamte im Freistaat tragen die P 7 vom Kaliber 9 Millimeter mit acht Schuss im Magazin – auch der Großteil der 3000 unterfränkischen Polizisten. Die P 7 wiegt (je nach Ausführung) 780 bis 850 Gramm, neue Pistolen wie die SFP 9 des gleichen Herstellers ohne Munition 710 Gramm.
In Niedersachsen werden neuere Modelle gekauft
Mit leisem Neid schaut man nach Niedersachsen: Dort wird schon das Nachfolgemodell der P 7, die P 2000 ausgemustert und die SFP 9 gekauft. Sogar Mecklenburg-Vorpommern und Brandenburg haben sich 2015 für eine neue Pistole entschieden. Einzig für Bayern tut es noch das alte Schießeisen – obwohl auch hier mit der Terrorgefahr der Wunsch nach zeitgemäßer Ausstattung (mit zwölf oder 15 Patronen) lauter wird.
„Als meine P 7 noch nicht mal 20 Jahre alt war, wurde bei der Revision ein Riss im Lauf festgestellt“, schilderte ein fränkischer Ordnungshüter seine Erfahrungen. Er bekam eine Leihwaffe. Die löste beim ersten Trainingsschießen teils keine Schüsse aus. Auch sie wurde eingeschickt. Der Polizist erhielt die zweite Ersatzwaffe: „Wieder das erste Schießen damit – und nach dem ersten Schuss brach die Abzugsfeder.“
Das mag ein Extremfall sein. Aber auch Schieß-Experten der Polizei (im Fachjargon: PE-Trainer) berichten nach uns vorliegenden Informationen: Es gebe im Schießstand im Verhältnis zu früher deutlich mehr „Schuss-Versager“.
Dies erfuhr die Gewerkschaft der Polizei (GdP), die ihre Mitglieder um Erfahrungsberichte mit der P 7 bat: „39 von 74 Kolleginnen und Kollegen berichteten von technischen Defekten und Schussblockaden“, bilanziert jetzt der GdP-Ehrenvorsitzende Harald Schneider aus Karlstadt (Lkr. Main Spessart).
„Zwei Meldungen fielen besonders auf.“ Bei einer Einheit, die einsatzbedingt häufiger als der Durchschnitt das Schießen trainieren muss, waren binnen zwei Jahren zehn Prozent der Pistolen defekt. „Von solchen Mängeln betroffene Kollegen haben aus nachvollziehbarem Grund kein Vertrauen mehr in die Waffe“, sagt Peter Schall, heute Landesvorsitzender der GdP.
Das Innenministerium sagt: Es gebe bei Aussonderungen „keinen relevanten Anstieg“. Bei den geprüften Waffen „ist die Funktionssicherheit in vollem Umfang gegeben“, erfuhr jetzt die Landtagsfraktion der SPD auf Anfrage. Doch das Ministerium sieht ein anderes Problem: „Wir haben den höchsten Personalbestand aller Zeiten und erhöhten Bedarf an Waffen.“ Heckler & Koch aber produziert seit Jahren keine P 7 mehr. Also muss etwas Neues her, für 30 Millionen Euro.
Das Ministerium will eine Projektgruppe „noch in diesem Jahr“ einrichten, um eine neue Pistole auszuwählen. „Das kann dauern“, fürchtet Schneider, der bei Polizeithemen parlamentarischer Berater der SPD-Fraktion ist. Allein die europaweite Ausschreibung erfordere sechs Monate. Das Innenministerium rechnet „bis zur Auslieferung mit einer Dauer von drei bis vier Jahren“.
Auch neue Schutzwesten sollen her
Den Personalvertretern geht das nicht schnell genug. Sie würden die neue Pistole am liebsten schon 2017 einführen. Der renommierte Waffenexperte Wolfgang Dicke aus Düsseldorf riet der GdP: „Wenn Sie wissen wollen, was die neue Waffe taugt, dann lassen Sie sie im Alltag von 500 Beamten erproben – aber von einfachen Streifenbeamten, nicht nur von Spezialeinheiten.“
Die Pistole ist nicht das Einzige, was heutigen Anforderungen angepasst werden soll: Die Gewerkschaft fordert bessere Schutzwesten, die vor Terroristenwaffen wirksamer schützen. Und ein Polizist schrieb der GdP: „Die Maschinenpistolen MP 5 unserer Dienststelle sind allesamt Baujahr 1965“ – also 51 Jahre alt.