
Es ist eine weitreichende Entscheidung, die sich auf das Stadtbild auswirken wird: Die Konzession für die Werbung auf städtischem Grund in Würzburg wird europaweit ausgeschrieben und ab 1. Januar 2024 für 15 Jahre neu vergeben. In der Stadt soll es dann weniger traditionelle Litfaßsäulen und Plakatwände und mehr digitale Werbeträger und großformatige LED-Werbetafeln geben Das hat der Stadtrat in seiner jüngsten Sitzung einstimmig beschlossen.
Die städtische Konzession für Außenwerbung, die 1984 zum letzten Mal ausgeschrieben wurde, sowie die Werberechte der WVV an den Wartehallen von Straßenbahnen und Bussen werden im neuen Vertrag zusammengefasst. Mit ihren Werberechten verdient die Stadt derzeit rund 100.000 Euro pro Jahr. Der künftige Partner muss unter anderem mit einem jährlichen Grundbetrag und einer Umsatzbeteiligung von mindestens 15 Prozent bei digitalen Werbeträgern und mindestens 30 Prozent bei analogen Werbeflächen punkten, wenn er sich im Bieterverfahren gegen die Konkurrenz durchsetzen möchte.
So genannte "Klebeflächen" werden im Zuge der Neuvergabe reduziert und zu großen Teilen durch beleuchtete und digital bespielbare Tafeln und Monitore ersetzt. Standorte und Gestaltung hat der Stadtrat nach einem Workshop im Herbst 2021 in nichtöffentlicher Sitzung festgelegt, das damals beschlossene Werbekonzept wird Hauptbestandteil des Vertrags mit dem neuen Partner. Kämmerer Robert Scheller hofft auf einen Konzessionär, "der uns hilft, die Stadt schöner und attraktiver zu machen. Es haben bereits Unternehmen ihre Fühler Richtung Würzburg ausgestreckt."
Plakatwerbung für die Kultur bleibt weiterhin möglich
Litfaßsäulen und Plakatwände sollen auf eine "vermarktbare Anzahl" reduziert werden. Für Kulturveranstaltungen kann weiterhin an 50 Standorten geworben werden – den Preis dafür darf der städtische Fachbereich Kultur festlegen. Die Stadt will sich im neuen Vertrag auch eigene Werbemöglichkeiten innerhalb und erstmals auch außerhalb des Stadtgebiets sichern.
Auf den neuen digitalen Werbeträgern können Katastrophenmeldungen und andere Warnungen eingeblendet werden. Interaktive Werbeträger, die mit Beschallung oder Gerüchen arbeiten, werden nicht grundsätzlich zugelassen, sondern benötigen eine eigene Genehmigung. Zu den Verpflichtungen des neuen Vertragspartners gehören außerdem ein einheitliches Erscheinungsbild der eingesetzten Formate, die Einhaltung staatlicher Vorgaben bei der Intensität der Beleuchtung und die Unterstützung der Stadt bei der Unterbindung von nicht genehmigter Werbung. Plakatierung durch Parteien wird weiterhin möglich sein, insbesondere im Vorfeld von Wahlen.
Keine Werbung für Tabak- und Tabakersatzprodukte
Inhaltlich wird der künftige Konzessionär durch den Vertrag verpflichtet, sich an die Vorgaben des deutschen Werberates zu halten. Damit soll unter anderem Werbung mit sexistischen Inhalten unterbunden werden. Vor der Abstimmung hatte der Stadtrat auf Initiative der Grünen noch eine kurzfristige Änderung an der Ausschreibung vorgenommen: Auch Werbung für Tabakersatzprodukte wie nikotinhaltige E-Zigaretten oder Liquids soll ausgeschlossen werden. "Damit zielen die Hersteller gerade an ÖPNV-Haltestellen ganz bewusst auf Kinder und Jugendliche", begründete Bürgermeister und Umweltreferent Martin Heilig den Vorstoß seiner Fraktion.
Klar glauben, die Werbetreibenden, die "Masse" könne sich ihren subtilen Botschaften nicht entziehen, aber immer mehr Menschen werden von "schreiender" Reklame nicht mehr gefangen, sondern abgestossen.
Wenn man erst mal den Schritt gemacht hat, bewußt allzu aufdringlich beworbene Produkte zu boykottieren, geht die Rechnung für die Firmen nicht mehr auf.