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Würzburg
Närrisches Welttheater in dürftiger Zeit
Narren betrachten Tagesnachrichten mit dem nötigen Abstand.
Foto: Joachim Fildhaut | Narren betrachten Tagesnachrichten mit dem nötigen Abstand.
Joachim Fildhaut
 |  aktualisiert: 21.06.2024 02:45 Uhr

Ein richtiges Welttheater baute das eingespielte Künstlerteam Gerda Enk und Thomas Reuter im Spitäle auf. Collagen auf großen Planen hängen von saalhohen Bambusrohren in die Basilika, links flankiert von Tonscherben in sich auftürmender Reihe. Die Bruchstücke gaben der Installation den Namen "Scherben". Enk bezieht sie auf den Dichter Friedrich Hölderlin, der die auf nützlichkeits-versessenen Menschen "dumpf und harmonielos, wie Scherben eines weggeworfenen Gefäßes" nannte. Die Themen der Bildfahnen könnten einer durchschnittlichen "Tagesschau" entstammen, nur, dass auf jeder Collage ein Narr auftaucht. Reuter erläutert zur Funktion dieser Figur: Wenn man an der Welt verzweifeln könne, helfe es, sich wie der Narr die ganze Sache von oben anzuschauen.

Erstmal muss der Galeriebesucher aber den umgedrehten Weg einschlagen und die farbigen Planen eingehend aus der Nähe studieren, um erschließen zu können, worum es da geht. Hilfestellung liegt auf der Empore: Flyer zu den mittlerweile acht Narren-Ausstellungen, die Enk und Reuter in den letzten zweieinhalb Jahren schufen. Auf diesen Blättern ist das jeweilige Thema umrissen. Die aktuelle Schau vereinigt Bildfahnen der Vergangenheit.

Noch zwei Veranstaltungen im Juni

Distanz verschafft auch ein Leitmotiv der "Scherben". Poppige Prints des Riemenschneider-Paradiespaars umhüllen die zwei Säulen der Spitäle-Fassade. Eine weitere Version dieses Motivs füllt die Apsis am Ende des Schauraums, diesmal in Gesellschaft des spöttischen Kommentators. Außerdem haben sich die Farben vom Portal – Blau und Gelb – zu einem klaren grünen Akzent gemischt. Seit dem Paradies muss sich einiges ereignet haben – eine Weltgeschichte zum Beispiel. Und, steht man mittendrin in den "Scherben", umgibt einen das Welttheater auch unmittelbar bezwingend.

Gemeinschaftlich kommen die Arbeiten von Thomas Reuter und Gerda Enk zustande: Die Themenidee entwickeln sie zu zweit, dann macht sich die Kommunikationsdesignerin und Malerin der Münchener Kunstakademie ans Collagieren. Der Bildhauer sucht derweil, womit er ein skulpturales Element einbringen kann. Er ist schließlich für die Anordnung der Planen im Ausstellungsraum zuständig.

Weitere Aspekte bringen drei Vortragsabende ein: Burkard Hose sprach über "Schöpfung in und aus Scherben", bei Martin Heilig hieß es "Nicht das Ende der Welt" und am 27. Juni um 20 Uhr schließt Gerda Enk mit "Närrischem Lachen in dürftiger Zeit" ab. Am 30. Juni ab 17 Uhr spielt der Bailando-Akkordeonist Thomas Reuter mit einigen musikalischen Weggefährten ein Kehraus-Konzert.

 
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