Schön schaut sie aus, die weinrote Tunika. „Die hat wohl Ihre Frau gemacht?“, will die Besucherin des Museumsfests wissen. Peter Neugebauer lacht: „Wir Legionäre haben keine Frauen.“ In den 20 langen Dienstjahren durfte damals nicht geheiratet werden. Überhaupt war das Leben als Legionär kein Zuckerschlecken, erfuhren die Besucher des Museumsfests auf der Festung. „Franken erobert Rom!“ war die Veranstaltung des Museums für Franken heuer überschrieben
Frauen gab es nicht im Lager
5000 Mann umfasste eine typische römische Legion. Das kann bei einem Museumsfest natürlich unmöglich nachgestellt werden. Aber es gab auch kleine und kleinste Einheiten. „Die Legion war aufgeteilt in zehn Kohorten“, erläuterte Lagerpräfekt Hartmut Krämer. Die wiederum konnte in Zeitgemeinschaften unterteilt werden. Eine solche Zeltgemeinschaft stellte die achtköpfige Truppe aus dem Lahn-Dill-Kreis im Greiffenclauhof der Festung dar.
„Eigentlich bräuchten wir noch einen Esel im Lager“, gibt Krämer zu. Den hatten die Legionäre allerdings nicht mit nach Würzburg gebracht. Dafür den obligatorischen Mühlstein. Denn da es keine Frauen gab, musste natürlich auch das Essen selbst kreiert werden. „Die Legionäre bekamen eine Kornration zugeteilt“, berichtet Krämer. Das verarbeiteten sie mit Hilfe des Mühlsteins zu Mehl, um daraus Fladen zu backen.
Immer auf Kampf eingestellt
Legionäre waren zur Zeit von Kaiser Augustus immer auf Kampf eingestellt. Gerade in feindlichen Gefilden mussten sie stets mit Angriffen rechnen. Das spiegelt sich in ihrer Kleidung wider. Peter Neugebauer streift sich gerade eine aus Segmenten bestehende Rüstung über die weinrote Tunika aus Wolle. An seiner rechten Seite baumelt das „Gladius“ genannte Kurzschwert. „Das Messer, Pugio genannt, ist meine Zweitwaffe“, erläutert der Aschaffenburger, der die Gruppe „Legio Prima Germanica“ vor drei Jahren kennenlernte und seitdem aktives Mitglied ist.
Dass es die Gruppe gibt, liegt an dem Ort Waldgirmes bei Wetzlar. „Dort befindet sich die einzige römische Stadt rechts des Rheins“, erläutert Neugebauer. Bei Feldbegehungen wurde hier Ende der 1980er Jahre Keramik aus der Zeit um Christi Geburt entdeckt. 1993 begann die ersten Ausgrabungen. Heute weiß man, dass römische Legionäre die zivile Siedlung zwischen 4 vor und 16 nach Christus bauten.
Museumsbesucher lernten dazu
Wie wenig man doch insgesamt darüber weiß, wie die Römer einst lebten. Nicht nur das Leben römischer Legionäre wer den meisten Besuchern des Museumsfestes fremd. Viele hatten auch noch nie Begriffe wie „Attasche“ gehört. Dabei handelt es sich um eine Halterung an antiken Metallgefäßen.
Wie man eine Attasche aus Bronze herstellt, demonstrierten Elke Sichert und Rolf Skrypzak von der Handwerksgruppe „Archaeo-artist“ aus dem hessischen Nidda. Dabei orientierten sie sich an einem 1700 Jahre alten Original, das in Hopferstadt gefunden wurde. „Das war wahrscheinlich Plünderungsgut der Germanen“, so Sichert. Die Römer selbst seien ja nie in Würzburg oder Hopferstadt gewesen.
Produktion per Sandguss
Ein Bronzeobjekt per Sandguss zu produzieren, ist zeitaufwändig. „Es dauerte allein 20 Stunden, um das Wachsmodell zu schnitzen“, so Sichert. Der Ofen musste gebaut, die Glut mit dem Blasebalg entfacht werden. Bis die Bronze flüssig ist, auch das kostet Zeit. „Doch Arbeitszeit war in der Vor- und Frühgeschichte nicht teuer“, so Sichert. Kostenmäßig ins Gewicht fiel das Material. Bronze war sogar noch erschwinglich. Aber ein Gefäß aus Silber herzustellen, ging richtig ins Geld.
Für die Archäologin und ihren Lebensgefährten Rolf Skrypzak, seines Zeichens archäologischer Grabungstechniker, ist es spannend, nachzuerleben, auf welche Weise die Menschen vor vielen hundert Jahren Gegenstände hergestellt haben. „Wir bemühen uns, so nah wie möglich ans Original zu kommen“, so Sichert. Beim Ofenbau ging das allerdings nicht ganz. Die Öfen wurden einst ins Erdreich gebaut. Das war im steinernen Greiffenclauhof nicht möglich.
Alles erforderte viel Zeit und Kraft
Anstrengend war vor vielen hundert Jahren nicht nur das Bronzegießen. Alles erforderte viel mehr Zeit und Kraft. Das erlebte der neunjährige Andrija aus Veitshöchheim, der in der Schönbornhalle am Stand von Adrian Grimm lernte, mit primitiven Mitten ein Seil aus Flachs zu drehen: „Das ist echt anstrengend.“
Wohlhabenden Römern und Römerinnen lag es allerdings fern, sich selbst zu verausgaben. „Die Frauen hatten Sklavinnen, die ihnen unter anderem die Haare flochten“, meinte Sabrina Binzenhöfer. Für die fünfjährige Lise spielte sie eine solche Sklavin. Normalerweise trägt das Mädchen ihre hellen blonden Haare in langen Zöpfen. Binzenhöfer flocht sie so, dass sie fest am Kopf saßen. Das sah wunderschön aus: „Und fühlt sich irgendwie ganz anders an.“