Zehn Jahre Museum „Shalom Europa“ – Festakte zu solchen Jubiläen sind normalerweise Anlass zurückzublicken und Bilanz zu ziehen. Das war auch bei der Feier zum Jubiläum des Museums der Jüdischen Gemeinde Würzburg am Montagabend nicht anders, doch gab es auch bemerkenswerte Ausblicke in die Zukunft.
Da für den Museumsbetrieb im „Shalom Europa“ ausschließlich ehrenamtliche Mitarbeiter zuständig sind, hatte Burkard Hose, einer von drei Vorsitzenden der Gesellschaft für christlich-jüdische Zusammenarbeit, einen Denkanstoß mitgebracht.
Eine seiner Erfahrungen aus dem Alltag mit Geflüchteten sei es, dass Muslime mehr über den jüdischen Glauben erfahren wollen. Warum, so lautete seine „Vision“, sollte es nicht eines Tages möglich sein, dass muslimische Museumsführer im „Shalom Europa“ anderen Muslimen das jüdische Leben näher bringen?
Die Antwort ließ nicht lange auf sich warten. Josef Schuster, der Vorsitzende der jüdischen Gemeinde und Präsident des Zentralrats der Juden in Deutscheland, ging in seiner Ansprache direkt auf Hoses Anregung ein: „Das ist eine interessante Vision und ich hoffe, dass in zehn Jahren auch diese Vision Realität sein wird“, sagte Schuster, der zudem darauf hinwies, dass „Shalom Europa“ das einzige jüdische Museum in ganz Deutschland ist, das von der jüdischen Gemeinde selbst unterhalten wird.
In seiner Rede würdigte er besonders den wissenschaftlichen Leiter des Museums, Karl Heinz Müller, der vor kurzem seinen 80. Geburtstag feiern konnte und dem, so Schuster, „das Copyright für das Museum Shalom Europa gebührt“.
Anfang 2017 ist es nämlich 30 Jahre her, dass beim Abriss der „Land Elektra“ in der Pleich zahlreiche jüdische Grabsteine und Fragmente gefunden werden. Müller erkannte deren Bedeutung und war maßgeblich beteiligt, dass der Abriss eingestellt wurde und die wertvollen Steine geborgen werden konnten. Heute lagern sie in einem Depot im Untergeschoss von „Shalom Europa“ und bilden sozusagen das Fundament des Museums.
Seit nunmehr zehn Jahren kümmert sich Müller auch um die Ausbildung der Museumsführer(innen). Sie müssen Schulungen absolvieren und erst nach einer Prüfung dürfen sie in den aktiven Dienst im Museum eintreten. Seit Montagabend sind es 161 Personen, die durch das Museum führen, etwa zehn Prozent von ihnen sind jüdischen Glaubens.
Die vier neuen sind Ludmila und Lev Shimanovich, Irena Kruetschkow und Alexander Schif. Aus der Hand von Josef Schuster erhielten sie ihre Zeugnisse für die abgelegte Prüfung.
Als neues Angebot für die Ehrenamtlichen, aber auch alle anderen Interessenten, bietet „Shalom Europa“ ab Januar einen viermonatigen Kurs „Hebräisch schreiben und lesen“ an.
Und den Blick noch weiter in die Zukunft gerichtet kündigte Müller eine Ausstellung an, die „Shalom Europa“ im Jahr 2018 gemeinsam mit dem diözesanen Museum am Dom durchführen will. Sie wird den Titel „Die Juden in den Kirchen der Diözese Würzburg“ tragen.
Domkapitular Jürgen Lenssen, der Kunstreferent der Diözese, wies in einer kurzen Einführung auf die Ausstellungskonzeption darauf hin, dass es in den Kirchen durchaus Darstellungen gebe, in denen den Juden die Wertigkeit abgesprochen wurde. Und eine Absprache der Würde führe immer in die Katastrophe, so Lenssen.
Zuvor hatten mehrere Ehrenamtliche Über- und Einblicke in das Museumsleben von „Shalom Europa“ gegeben. Matthias Bartsch blickte auf die Gründungsgeschichte des Museums und die Entwicklung der jüdischen Gemeinde zurück, Annette Taigel berichtete über das Museum als Lernort, und Franz Josef Erb hob die Bedeutung von „Shalom Europa“ für die Schulen hervor. Und Katharina Yarzhembovskaya konnte über steigende Besucherzahlen berichten.
Die musikalische Gestaltung übernahm Mathias Ernst mit Jazzimprovisationen auf dem Tenorsaxophon, und für die kulinarische Versorgung der Gäste sorgte die Küche des Gemeindezentrums mit koscheren Häppchen.