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OCHSENFURT/GNODSTADT
Mülldeponien bleiben noch für viele Jahrzehnte eine Altlast
Ein flacher, kahler Erdhügel in der Flur zwischen Ochsenfurt und Hopferstadt erinnert an Zigtausende Tonnen Müll, die dort bis Ende der 70er Jahre vergraben wurden. In den zurückliegenden Monaten war die Erde aufgeschüttet worden, um der Altlast endgültig ihre Risiken zu nehmen.
Belastung auf Dauer: 60 000 Kubikmeter Hausmüll lagern unter dem flachen Erdhügel im ehemaligen Sandsteinbruch zwischen Ochsenfurt und Hopferstadt. Davor im Bild (von links) der Leiter des Abfallwirtschaftsbetriebs Team Orange, Diplom-Geograf Hardy Rückert vom Würzburger ISU-Umweltinstitut und KU-Vorstand Alexander Schraml.
Foto: Gerhard Meißner | Belastung auf Dauer: 60 000 Kubikmeter Hausmüll lagern unter dem flachen Erdhügel im ehemaligen Sandsteinbruch zwischen Ochsenfurt und Hopferstadt.
Redaktion Süd
 |  aktualisiert: 03.06.2014 17:42 Uhr

60 000 Kubikmeter unbehandelter Hausmüll lagern hier unter der Erde. 1971 war damit begonnen worden, einen alten Sandsteinbruch mit Hausmüll und Schutt aufzufüllen. Mülltrennung gab es nicht, geschweige denn Wertstofferfassung und Problemmüllentsorgung. Viele Stoffe, deren Gefährlichkeit heute bestens bekannt ist, landeten einfach auf der Deponie. „Aus den Augen, aus dem Sinn“, lautete damals das Prinzip der Müllentsorgung.

Nach der Landkreisreform übernahm der Landkreis Würzburg die Deponie, ebenso eine weitere in Gnodstadt. Auch dort war ein alter Sandsteinbruch mit rund 25 000 Kubikmetern Müll und Bauschutt verfüllt worden. Unweit davon wird bis heute der grünliche Schilfsandstein gewonnen.

Erst 1978 wurde die Verfüllung eingestellt. Für ein Drittel des bis dahin eingelagerten Mülls war die Gemeinde Gnodstadt verantwortlich, für den Rest der Landkreis Würzburg, dem Gnodstadt bis 1978 angehörte. In Ochsenfurt erfolgte die Stilllegung ein Jahr später. Ein Viertel des Mülls stammte aus der Verantwortung der Stadt Ochsenfurt. Anschließend wurden die Halden mit Boden abgedeckt, auf dem sich im Lauf der Jahrzehnte Hecken und inzwischen kleine Bäume breit gemacht hatten.

Jede der alten Müllhalden könnte eine tickende Zeitbombe sein. Darum fürchteten vor allem die Ochsenfurter Brauereien, die ihr Brauwasser aus eigenen Quellen gewinnen. Seit vielen Jahren werden die Altlasten deshalb streng überwacht. Probebrunnen wurden gebohrt, um das Grundwasser auf Auswaschungen aus dem Deponiekörper untersuchen zu können. Auch das Deponiegas, das noch über Jahrzehnte hinweg bei der Zersetzung des Mülls frei wird, musste abgeleitet werden.

Vor einigen Jahren ergriff das Kommunalunternehmen des Landkreises Würzburg (KU), dem die Abfallwirtschaft seit 2004 untersteht, die Initiative. Alle alten Hausmülldeponien sollten auf Dauer optimal gesichert werden. Auf jeden Fall wollte man verhindern, dass weiter Regenwasser in die Lagerstätte eindringen und Giftstoffe herauslösen kann.

Das geschah vor allem durch eine genau bemessene und mehr als zwei Meter dicke Abdeckung. Schichten aus dichtem Lößlehm wechseln sich dort ab mit durchlässigen Drainageschichten, die Oberflächenwasser seitlich abfließen lassen, erklärt Diplom-Geograf Hardy Rückert vom Würzburger ISU-Umweltinstitut. Auch eine Drainage für das austretende Deponiegas war nötig. Zuoberst folgte eine eineinhalb Meter dicke Bodenschicht.

Rund 27 000 Kubikmeter wurden auf der rund 14 000 Quadratmeter großen Ochsenfurter Deponie aufgebracht. 30 000 Kubikmeter waren es in Gnodstadt auf einer ähnlich großen Fläche. Dem Kommunalunternehmen kamen Erdarbeiten im Gewerbegebiet GollIpp zupass. Toniger, steinfreier Lößlehm, der sich besonders wasserundurchlässig verdichten lässt, war dort in großen Mengen übrig. Auch beim Ausbau der Autobahn nahe Marktbreit fiel Erdaushub an, der auf kurzem Weg zu den beiden Deponien befördert werden konnte. „Für uns war das ein Glückfall, sagt der Chef des Kommunalunternehmens, Alexander Schraml. Die Transportkosten sind normalerweise das Teuerste an einer Rekultivierung.

Auf der obersten Bodenschicht kann sich nun wieder die Natur breit machen – allerdings in Grenzen. Gras wurde angesät, als Sichtschutz werden Hecken am Rand der Deponiefläche gepflanzt, den Rest erobert sich das Buschwerk von selbst. Nur Bäume dürfen auf der Altdeponie nicht wachsen, so Hardy Rückert. Ihre Wurzeln würden mit den Jahren die wasserdichten Schichten durchstoßen.

Deshalb bleiben die Altdeponien auch über viele Jahre hinaus noch unter Beobachtungen der Behörden. Regelmäßige Begehungen gehören zum Nachsorgeprogramm ebenso wie Gasmessungen und Grundwasseruntersuchungen. Zum Glück stehen die Grundwasser führenden Schichten im Bereich der Deponie erst in einer Tiefe von 100 Metern an, sagt Hardy Rückert. Dass sich Schadstoffe bis dahin ausbreiten, ist auszuschließen.

Die Kosten für die Sicherung und Rekultivierung – 160 000 Euro in Ochsenfurt, 110 000 Euro in Gnodstadt – trägt das Kommunalunternehmen des Landkreises alleine. Die Stadt Ochsenfurt und die Stadt Marktbreit haben sich im Gegenzug verpflichtet, für die gesetzlich geforderten Ausgleichsmaßnahmen zu sorgen.

Am Ende kommt der Gebührenzahler heute für die Altlasten auf, die Generationen vor ihm hinterlassen haben, sagt KU-Vorstand Alexander Schraml. Damit das in Zukunft nicht so bleibt, werden inzwischen für Bauschutt- und Erdaushub-Deponien Rückstellungen gebildet, um mögliche Folgelasten zu finanzieren. Hausmüll darf schon seit Jahren nicht mehr unbehandelt deponiert werden.

In den Landkreisen Würzburg und Kitzingen hatte dieses neue Müllzeitalter bereits in den 80er Jahren mit dem Bau des Würzburger Müllheizkraftwerks begonnen. Dass der Müll auch dort nicht einfach verschwindet, davon zeugt die Reststoffdeponie Hopferstadt – nur wenige hundert Meter vom alten Sandsteinbruch entfernt.

 
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