Er habe seine Ehefrau am Abend des 15. März nicht nur aus Wut erwürgt, sagt der 77-jährige Angeklagte. Er habe nach 54 Jahren Ehe auch einen Todeswunsch der 75-Jährigen erfüllt. "Sie wollte unbedingt sterben", so die Aussage des Rentners, der sich seit diesem Montag wegen Mordes vor der 1. Strafkammer des Würzburger Landgerichts verantworten muss.
Den Angeklagten kennen in Würzburg viele. Er war über Jahrzehnte in zahlreichen Organisationen ehrenamtlich tätig, unter anderem bei der Arbeiterwohlfahrt und als Schöffe am Amtsgericht. Beim Stadtverband der SPD war er stellvertretender Vorsitzender, er leitete einen Ortsverband und kandidierte mehrfach für den Stadtrat.
Umfassendes Geständnis - aber verschiedene Versionen der Tat
Dass der 77-Jährige in diesem März am Abend der Kommunalwahl seine Ehefrau mit einem Gürtel stranguliert, mit den Händen gewürgt und mit der Bettdecke erstickt hat, daran gibt es vor Gericht nach seinem umfassenden Geständnis keine Zweifel. Über sein Motiv sprach der Angeklagte am ersten Verhandlungstag lange, konnte die Richter aber nicht wirklich überzeugen: Beisitzer Claus Barthel nannte den Angeklagten einen "großen Geschichtenerzähler", der Vorsitzende Hans Brückner bezeichnete die Aussagen als "sehr berechnend".
Denn der Polizei, einem psychiatrischen Gutachter und der Strafkammer hatte der 77-Jährige unterschiedliche Versionen geschildert. Dass seine Frau habe sterben wollen, erzählte er am Montag zum ersten Mal. Die 75-Jährige habe panische Angst davor gehabt, zum Pflegefall zu werden oder ihn, ihren zuckerkranken Mann, pflegen zu müssen. "Das hat mich sehr in Rage gebracht", meinte der Angeklagte. "Schließlich habe ich mich in den letzten 54 Jahren auch um sie gekümmert, und das nicht schlecht."
Am späten Abend des 15. März, als seine Frau bereits im Bett lag, habe ihm eine Stimme gesagt, es sei "ein günstiger Tag, um zuzudrücken". Auch zu früheren Zeiten will der 77-Jährige immer wieder Stimmen in seinem Kopf gehört haben. In der Anklage ist von verminderter Schuldfähigkeit wegen einer schizoiden Persönlichkeitsstörung die Rede.
Nach der Tat selbst die Polizei gerufen
Die Staatsanwaltschaft geht davon aus, dass die Ehefrau schlief, als der 77-Jährige ihr den Gürtel um den Hals legte – damit wäre das Mordmerkmal der Heimtücke erfüllt. Der Version des Angeklagten zufolge war die 75-Jährige indes noch wach und soll "Mach' endlich ein Ende" gesagt haben, als er sie mit den Händen würgte: "Dann habe ich zugedrückt, bis sie sich nicht mehr bewegt hat."
Nach der Tat hatte der Rentner zunächst seine Flucht geplant und einen Koffer gepackt, rief dann aber gegen 1 Uhr nachts die Einsatzzentrale der Polizei an und meldete die Tötung seiner Ehefrau. Als die erste Streife in der Wohnung eintraf, empfing der 77-Jährige die Beamten an der Tür mit den Worten "Sie liegt drin im Schlafzimmer". Dort fanden die Ermittler den Leichnam der 75-Jährigen - ordentlich zugedeckt und noch mit ihrem eigenen Ledergürtel um den Hals. Kampfspuren waren, so die Aussagen der Kriminalbeamten und des Notarztes, nicht festzustellen.
Zeugen aus der Nachbarschaft geladen
Dass der 77-Jährige und seine Frau mit mehreren Nachbarn im Clinch lagen und ergebnislose Prozesse führten, soll zu seiner Frustration und Wut beigetragen haben. Unter anderem darüber sollen Zeugen aus dem Wohnhaus berichten, wenn der Prozess an diesem Mittwoch fortgesetzt wird.