Die Journalisten durften sich schon am Dienstag im neuen, 630 Quadratmeter großen Schmuckstück umsehen. Sie bekamen des Bürgers barrierefreien Weg von der Informations-Theke am Eingang durchs alte Stadtkasse-Portal zu einem der vier Selbstbedienungs-Bildschirme bis zu einem der 16 Schalter im Hauptbüro, das Front-Office heißt, demonstriert. Manfred Hofmann, einer der über 30 Bürgerbüro-Beschäftigten, spielte den Bürger, der auf dem Bildschirm als erstes ein Anliegen wie Umzug oder Kfz-Anmeldung auswählt und dann eine Bearbeitungsnummer, es ist die „124“, zieht. Dann bearbeitet er am Selbstbedienungs-Bildschirm sein Anliegen weiter. „Bürger“ Hofmann beispielsweise will einen Anwohner-Parkausweis. Dazu tippt er die nötigen Informationen ein, identifiziert sich am Scanner per Personalausweis und bekommt ausgedruckt, welche Dokumente er noch braucht und was ihn das Ganze kostet. Mit dieser Vorarbeit spart er sich und der Verwaltung Zeit, was er aber nicht muss.
Die OB verweist darauf, dass auch Menschen, die mit Computerbedienung nichts am Hut haben, im neuen Bürgerbüro nicht im Regen stehen. Sie sitzen höchstens auf einem der 14 Plätze im Wartebereich, während sich die Kinder nebenan in der Spielecke beschäftigen, und holen sich einen Kaffee am Automaten. Dass die Kaffeepause für den Bürger, bis er beziehungsweise seine Nummer aufgerufen wird, nicht zu lang dauert, ist erklärtes Ziel. Doch die OB bittet gleichzeitig um Verständnis in der Startphase, in der auch Lotsen weiterhelfen. Trotz monatelanger Vorbereitung sei der nächste Montag „eine echte Premiere“, denn ohne Bürgeranliegen ist keine Generalprobe möglich. Zudem stehe man erst am Anfang. Das komplette Angebot an Bürgerbüro-Dienstleistungen soll in drei Jahren zur Verfügung stehen.
Der Bürger, der sich ummelden, einen neuen Reisepass oder sein Auto zulassen will – die Kfz-Zulassungsstelle in der Domstraße gibt es ab Montag nicht mehr –, kann schon ab diesem Mittwoch im Internet unter „www.wuerzburgde/buergerbuero“ Anträge bearbeiten. Die mögliche Heimarbeit am Bildschirm zu Hause ist wichtiger Bestandteil des Projektes „Würzburg integriert“.
Die neue zentrale Datenautobahn, die nicht nur das Bürgerbüro, sondern die ganze Stadtverwaltung betrifft, hatte die OB zusammen mit Prof. Rainer Thomé von der Universität Würzburg schon 2003 in Angriff genommen, ehe der Stadtrat den Vertrag mit dem Bertelsmann-Dienstleister „Arvato“ im vergangenen Jahr absegnete. In Kooperation mit der Stadt entwickelte Arvato die Besonderheit: eine Internetplattform, die auf bestehende Datenbanken zugreift, Arbeitsabläufe aber zentral bündelt.
Diese Verbindung im Zuge einer zehnjährigen öffentlich-privaten Partnerschaft ist teilweise auf Kritik gestoßen. Doch die OB wie Kommunalreferent Wolfgang Kleiner betonten beim Pressetermin erneut, dass die Stadt immer „Herr des Verfahrens“ sei und keinerlei Daten außer Haus gingen, der Bürger solle den Neuerungen vertrauen. Arvato obliege die Rolle des Beraters, der nach eingesparter Arbeitszeit bezahlt wird. Rund 75 Stellen will die Stadt in den nächsten zehn Jahren einsparen und damit rund 27 Millionen Euro.
Den Kostenaufwand beziffert Christoph Baron, Vizepräsident von arvato government services, auf neun Millionen Euro. Offenbar gut angelegtes Geld. Denn laut Baron und dem städtischen Projektleiter Bernd Schmitt gibt es bereits zahlreiche Anfragen aus der ganzen Republik nach dem Würzburger Modell.