In Bayern entsteht eine riesige Protestwelle gegen das geplante Polizeiaufgabengesetz. Die Demonstranten kommen vor allem aus jüngeren Generationen und sind online bestens vernetzt. Enormen Zulauf erfahren die Proteste auch, weil sich junge Menschen direkt von dem Gesetz bedroht fühlen.
„Wir sind hier, wir sind laut, weil ihr uns die Freiheit klaut!“ Tausende skandierten diese und andere Parolen am vergangenen Samstag in der Würzburger Innenstadt. Viele waren dafür extra mit dem Zug angereist. Gemeinsamkeiten ließen sich bei den Demonstrierenden nur wenige feststellen, das Auftreten der verschiedenen Gruppierungen war ebenso divers wie ihre Parolen. Wer genauer hinschaute, konnte jedoch einen gemeinsamen Nenner feststellen: Es waren überwiegend junge Menschen, die am Samstag in Würzburg selbstbewusst von ihrem Versammlungsrecht Gebrauch machten.
Doch wie kommt es zu diesen plötzlichen Protesten? Und warum protestieren vor allem jüngere Menschen, denen doch so häufig Politikverdrossenheit vorgeworfen wird? Um das Phänomen zu verstehen, muss man einen Blick in die sozialen Netzwerke werfen, dort findet nämlich die Mobilisierung für die Proteste maßgeblich statt.
Bündnis mit Facebook-Seite
Anfang April erst gegründet, zählt etwa die Facebook-Seite des Bündnisses „NoPAG - NEIN! Zum neuen Polizeiaufgabengesetz Bayern“ schon fast 2000 Likes. Gründungsmitglieder des Bündnisses sind neben bayerischen Parteijugendorganisationen der Kreisjugendring München, die Kurdische Jugend München und die IG-Metall Jugend Bayern. Ziel des Bündnisses ist laut einer Pressemitteilung, „die Verabschiedung des Gesetzes im Landtag durch einen breiten Bürgerprotest zu verhindern“. Aufgabe der Facebookseite ist vor allem das Sammeln und Verbreiten von Medienberichten über das PAG, die dann wiederum fleißig von den Usern geteilt werden, was für eine Reichweitenmaximierung, vor allem bei jungen Menschen, sorgt.
Auch das persönliche Engagement Einzelner trägt zu der landesweiten Vernetzung bei: „Beste Grüße aus Regensburg!! Wir wünschen euch morgen eine kraftvolle Demonstration. Sagt's eure Meinung!“, postet etwa ein User in die Veranstaltung der Grünen Jugend Würzburg. Fotoaffine Instagramer veröffentlichen währenddessen Bilder von selbstgemalten Protestschildern unter dem Hashtag #nopag. Die Grenzen zwischen digitaler und analoger Welt verschwimmen unter solchen Umständen schnell: „Wenn du auf einer WG-Party bist und die Einstiegs-Smalltalk-Frage ist: ,Und bist du morgen auch auf der Demo gegen's neue Polizeiaufgabengesetz? #Würzburg‘“, beschreibt ein Twitter-User den Stellenwert der Thematik bei jungen Menschen recht treffend.
Es ist jedoch zu einfach, lediglich die sozialen Netzwerke für die rasche Verbreitung der Proteste verantwortlich zu machen. Die Verschärfung des Polizeiaufgabengesetzes bedroht junge Menschen in einer Domäne, in der sie sich bislang sicher gefühlt haben. Während mit Handgranaten bewaffnete Polizisten bei den meisten Demonstranten in Würzburg eher ein abstraktes Unwohlsein hervorrufen, stellt ein mögliches Eingreifen der Polizei in die digitale Privatsphäre für die Generation Smartphone einen konkreten Verlust von Persönlichkeitsrechten dar. „Ich protestiere, weil ich mich persönlich von dem geplanten Gesetz eingeschränkt fühle“, sagt etwa der 23-jährige Würzburger Germanistikstudent Hannes S. Auch die 23-jährige Sonderpädagogikstudentin Leonie A. fühlt sich direkt betroffen. Sie findet es schade, dass auf der Demonstration in Würzburg fast nur junge Menschen anzutreffen sind: „Ich würde mir mehr Solidarität von älteren Generationen wünschen, schließlich geht das Thema uns alle an“.
Auf Facebook schnell geteilt
Bereits Anfang April hatte die Grüne Jugend Würzburg ihre Veranstaltung gegen das PAG bei Facebook angemeldet. Zwei Wochen später hatte das Event knapp 600 Zusagen und war über 500 Mal geteilt worden. Eine Entwicklung, die für die etablierten Parteien wohl überraschend kam: „Es wäre schön gewesen, wenn wir eine gemeinsame Seite hätten erstellen können!“, schreibt die WürzburgSPD kurz vor der Demonstration in einen inzwischen gelöschten Facebook-Post, schließlich sei das Thema PAG für alle Parteien wichtig.
Schade nur , dass die meisten jungen Leute wohl in erster Linie auf die Strasse gehen, wenn es sie selber betrifft, würde mir mal beim Ostermarsch zum Beispiel so viele Leute wünschen...
Liebe Grüße
Weiter so.......