
„Es war die Schlacht von Saarburg“, erinnert sich Seidel, „wir stürmten den Gerichtsberg, ich erhielt einen Prellschuss an den Fuß.“
Der Schlacht von Saarburg ist ein eigenes Kapitel in dem ausgezeichneten Buch „Glaubenssache Krieg“ gewidmet, dem Begleitband zur Ausstellung zu „Religiösen Motiven auf Bildpostkarten des Ersten Weltkriegs“, die derzeit im Fränkischen Freilandmuseum in Bad Windsheim gezeigt wird.
Die Herausgeberin Professor Gudrun Alzheimer ist Inhaberin des Lehrstuhls für Europäische Ethnologie der Uni Bamberg; zuvor hat sie in Würzburg gelehrt.
Am Buch beteiligt ist auch ihr wissenschaftlicher Mitarbeiter Fred G. Rausch, der in Würzburg unter anderem Volkskunde studiert hat.
Während des Krieges war die Feldpost die einzige Möglichkeit für Soldaten und ihre Verwandten und Freunde in der Heimat, miteinander in Kontakt zu bleiben. Von 1914 bis 1918 wurden neben Briefen und Paketen auch etwa sieben Millionen Bildpostkarten portofrei befördert.
Studierende und Mitarbeiter von Alzheimers Lehrstuhl haben Postkarten der Kriegsjahre gesichtet und ausgewertet. Sie dokumentieren die Bilderwelt dieses ersten industrialisierten Krieges.
Im Mittelpunkt der Ausstellung stehen Bildpostkarten mit religiösen Motiven, die Einblicke in die Alltagskultur im Spannungsfeld von Kirche und Krieg gewähren.
Szenen aus Feldgottesdiensten, Christus, Heilige und Schutzengel als Begleiter im Feld, fromme Lieder und Gebete spiegeln die Verwurzelung der Soldaten im Glauben wieder.
Vereinzelte Gebetsparodien dokumentieren jedoch auch Distanz zu den Kirchen, die sich voll in die Kriegspropaganda einspannen ließen.
Die Postkarten zeugen von der anfänglichen Kriegsbegeisterung, die von den Kirchen nicht nur geteilt, sondern gefördert wurde. In Parolen wie „Gott mit uns“ und „Wir Deutsche fürchten Gott und sonst nichts auf der Welt“ offenbarte sich die Gewissheit, einen „gerechten Krieg“ zu führen.
„Der Glaube wurde durch die Politik instrumentalisiert“, schreiben die Ausstellungsmacher, „der Krieg wurde mithilfe von religiösen Darstellungen zu etwas Gottgewolltem überhöht“.
Für die Aufrechterhaltung des Kampfeswillens an der Front sorgten katholische, evangelische und jüdische Militärgeistliche, darunter der spätere Würzburger Rabbiner Siegmund Hanover.
Als im Lauf der Jahre im Stellungskrieg Verzweiflung und Angst um sich griffen, fanden sich vermehrt Karten, die die Brutalität dieser Katastrophe thematisierten. Die Darstellungen transportierten nun die Friedenssehnsucht der ernüchterten Bevölkerung.
Am Anfang aber, als die Schlacht von Saarburg stattfand, war die deutsche Siegeszuversicht noch ungebrochen.
In der Nähe des Ortes, der heute Sarrebourg heißt, stand ein Feldkreuz, um das heftige Kämpfe tobten. Das Kreuz wurde weggeschossen, doch die Jesusfigur blieb unversehrt auf dem Sockel stehen.
Das Ereignis findet sich auf zahlreichen Feldpostkarten wieder: Die in dieser Schlacht siegreichen Deutschen interpretierten die Bewahrung des Kruzifix‘ als Zeichen, dass Gott auf ihrer Seite sei.
Die Wirklichkeit sah anders aus: Drei Wochen später wurde Otto Seidel bei Luneville schwer verwundet. Vier Jahre später hatte Deutschland den Krieg verloren.
Daten & Fakten
„Glaubenssache Krieg“ Die Ausstellung mit Bildpostkarten aus dem Ersten Weltkrieg ist bis zum 27. September in der Spitalkirche, etwas abseits vom eigentlichen Freilandmuseum, in Bad Windsheim zu sehen. Geöffnet ist täglich außer montags von 10 bis 18 Uhr. Internet:
www.freilandmuseum.de
Der gleichnamige Begleitband mit zahlreichen Farbabbildungen hat 392 Seiten und kostet 19 Euro.
Online-Tipp
Mehr zu Otto Seidel auf www.mainpost.de/geschichte.