Die kommende Woche wird eine spannende für Christiane Kissinger, Stefan Weidner und Carsten Beck. Sie werden sich in ihrer Kategorie, dem Radfahren auf Zeit, mit den Besten Deutschlands messen: in Düsseldorf, bei den nationalen Special Olympics, der wichtigsten sportlichen Großveranstaltung für Menschen mit geistiger Behinderung.
In der Woche vorher beim letzten Training vor dem großen Wettbewerb geht es noch recht entspannt zu auf dem Gelände der Mainfränkischen Werkstätten in der Würzburger Ohmstraße. Christiane Kissinger und Stefan Weidner fahren gemächlich einen Hindernisparcours ab, umkreisen Hütchen, fahren über Euro-Paletten. „Jetzt geht es noch mit der Aufregung“, sagt Kissinger. „Aber nächste Woche dann...puh!“
Sie, Weidner und Beck werden alle drei in den Disziplinen Fünf-Kilometer und Zehn-Kilometer antreten. Darauf haben sie nun über ein halbes Jahr hintrainiert, seit Herbst 2013 haben die Mainfränkischen Werkstätten eine eigene Fahrradgruppe. Dass sich der Sport nicht nur positiv auf die körperliche Fitness auswirkt, sondern das ganze Leben ein bisschen ändert, können alle nur bestätigen. „Ich habe keine Führerschein und kein Auto. Da brauch ich das Fahrrad. Und in Würzburg kommt man damit wirklich super voran“, sagt Christiane Keller.
Die 24-Jährige wohnt zusammen mit Stefan Weidner, 37, in einer betreuten WG in Würzburg. Sein Vater Herbert Weidner ist an diesem Tag mit zum Training gekommen. „Stefan tut der Sport sehr gut. Es gibt ihm Selbstbewusstsein, wenn er etwas erreicht – und das ist im Sport durch Training eben gut möglich.“
Ohne Fleiß kein Preis, das sagt auch Christiane Kissinger. Für den nötigen Fleiß, auch wenn einer der Radler mal nicht so viel Lust hat, sorgt Michael Grüb. Er arbeitet eigentlich als Schreiner mit sonderpädagogischer Zusatzausbildung mit den geistig behinderten Menschen in der Werkstatt. Nebenbei ist er professioneller Radsportler.
Unterstützung durch Sponsoren
„Die Mitarbeiter waren alle immer fasziniert, wenn ich mit dem Fahrrad zur Arbeit gekommen bin“, erzählt der 29-Jährige. „Also habe ich bei meinem Sponsor, FX Sport in Höchberg, angefragt, ob sie der Werkstatt nicht ein bisschen helfen könnten, um eine Fahrradgruppe auf die Beine zu stellen.“ Auch das Würzburger Fitnessstudio X-Mal und die Sparkasse holte er mit ins Boot, seitdem können insgesamt sechs Sportler einmal die Woche auf den hochwertigen Mountainbikes trainieren.
„Ein bisschen anders als bei einer Sportgruppe mit nicht-behinderten Radlern läuft das Training schon ab“, sagt Grüb. Vor allem wenn sie mehrspurige Straßen queren, muss er besonders darauf achten, dass alle gut rüber kommen. „Die Sportler haben alle eine leichte geistige Behinderung, das geht oft mit einer Konzentrationsschwäche einher. Manche Sachen muss man eben mehrmals sagen und öfter probieren. Dafür sind die Erfolgserlebnisse dann aber auch größer“, sagt Grüb.
Kommende Woche dann wird sich zeigen, ob das sich kontinuierliche Training geloht hat. Vor allem für Stefan Weidner stehen die Chancen ziemlich gut, er holte vergangenes Jahr bereits den ersten Platz bei den bayerischen Meisterschaften. Sein Vorsatz: „Ganz klar, ich möchte wieder mit aufs Treppchen.“