Ulrich Brenken, der im Alten Rathaus in Gaubüttelbrunn lebt, besitzt noch so ein Relikt, eine „Hurra-Uhr“, die zur vollen Stunde sogar Schläge von sich gibt, die an Kanonenschüsse erinnern. Bei Ausbruch des Ersten Weltkrieges gab es in Deutschland eine regelrechte Welle von Kriegsbegeisterung. Ihre propagandistische Nutzung ist später unter dem Begriff „Hurra-Patriotismus“ in die Geschichte eingegangen. Und da war auch die Uhrenindustrie einbezogen.
Brenkens Exemplar ist eine hölzerne Wanduhr, die sich seit 100 Jahren im Familienbesitz befindet. Im Uhrenkasten ist sie mit einem vergoldeten Hurra-Schild ausgestattet. Der 68-jährige Ulrich Brenken erinnert sich noch genau, wie er seinen Großvater nach der Hurra-Aufschrift in der Uhr fragte. Der erzählte dann von den Soldaten, die 1914 in den Krieg zogen und dachten, sie seien bis Weihnachten wieder zu Hause. Auf den ersten Blick wirkt die Uhr wie ein hübsches Sammlerstück aus alter Zeit.
Bei näherem Hinschauen erkennt man die Besonderheiten. Vor dem vergoldeten Hurra-Schild im hölzernen Gehäuse läuft das Pendel sekundengenau hin und her. Doch nicht nur das monumental verschnörkselte Hurra erinnert an die Kriegsstimmung, auch drei simulierte Kanonenschüsse zur jeweils vollen Stunde sollten die Menschen anfeuern. Von Brenkens Eltern vernachlässigt, war die Uhr viele Jahre im Keller gelegen. Nun dekoriert sie die Esszimmerwand des Gaubüttelbrunners. Anlässlich des Gedenkens an den Ausbruch des Ersten Weltkrieges vor 100 Jahren ist er auf die Hurra-Uhr aufmerksam geworden.
Das ursprüngliche, defekte Uhrwerk ließ Ulrich Brenken ersetzen. Der Defekt rührte wohl daher, dass die Oma die Uhr regelmäßig mit Salatöl geschmiert hat. Eine Reparatur bei einem Spezialisten in Wuppertal wäre Ulrich Brenken zu teuer gekommen. Der Hersteller und weitere Exemplare solcher Hurra-Uhren seien ihm nicht bekannt. „Vielleicht weiß ein Spezialist mehr über den Hersteller“, hofft Brenken. Wir erkundigten uns bei Uhren-Fachleuten. „Es gibt mehrere Firmen, die in der Zeit um 1900 Wanduhren beziehungsweise Regulatoren mit „Hurra“-Gong hergestellt haben, darunter auch Marken wie Kienzle oder Junghans,“ so Herbert Weidler, Geschäftsführer eines Auktionshauses in Nürnberg.
Kriegsüberbleibsel wie diese schafften es bis nach Amerika. Das Hurra-Exemplar eines Uhrenhändlers aus Indiana lässt auf den deutschen Hersteller Kienzle schließen. Die Uhrenindustrie war zu Zeiten des Krieges allerdings kaum noch in ihrem ursprünglichen Metier tätig. Sie war in die Kriegsproduktion eingebunden. Millionen von Zündern für Granaten der Artillerie mussten gefertigt werden. Der Würzburger Uhrmachermeister Volker Thein vermutet, das Gehäuse sei aus dem Ersten Weltkrieg. Der Hurra-Gong sei ein Zulieferteil, das etliche Uhrenhersteller eingebaut haben. Thein bedauert, dass Brenken das originale Uhrwerk hat ersetzen lassen. Dadurch habe die Uhr viel von ihrem Wert verloren.