97 Gastronomiebetriebe überprüfte die Finanzkontrolle Schwarzarbeit im November 2017 im Bezirk des Hauptzollamts Schweinfurt im Rahmen einer bundesweiten Schwerpunktmaßnahme. In 36 Fällen entdeckten die Zollfachleute, die für Unter- und Teile Oberfrankens zuständig sind, damals Gesetzesverstöße. Meist sei es dabei um nicht gezahlte Beiträge zur Sozialversicherung (14 Fälle) oder das Unterschreiten des gesetzlichen Mindestlohns (13 Fälle) gegangen. In einer aktuellen Pressemitteilung fordert die Gewerkschaft Nahrung-Genuss-Gaststätten (NGG) nun mehr Kontrollen.
Die NGG geht davon aus, dass es noch viel mehr Verstöße gegen das Mindestlohngesetz gibt als bekannt werden. Vorgeschrieben sind 8,84 Euro pro Stunde. Die entdeckten Fälle seien nur die „Spitze des Eisbergs“, sagt der unterfränkische NGG-Geschäftsführer Ibo Ocak in der Pressemitteilung. Die Dunkelziffer liege deutlich höher.
Gewerkschaft beklagt Mindestlohnprellerei
Er verweist auf eine Bilanz der Schweinfurter Finanzkontrolle Schwarzarbeit. Dort habe es im vergangenen Jahr 180 Ermittlungsverfahren gegen Arbeitgeber gegeben, die gegen das Mindestlohngesetz verstoßen haben – allerdings nicht nur in der Gastronomie.
Es könne nicht sein, dass im dritten Jahr nach Einführung des Mindestlohns noch immer viele Menschen unter dem gesetzlichen Minimum verdient haben, kritisiert Ocak. Das tatsächliche Ausmaß der Mindestlohnprellerei zeige eine aktuelle Studie des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW). Danach erhielten 2016 bundesweit rund 1,8 Millionen Beschäftigte weniger als den Mindestlohn. Besonders betroffen sei das Hotel- und Gaststättengewerbe: Dort bekamen 38 Prozent der Mitarbeiter einen Lohn, der unterhalb des gesetzlichen Minimums lag, zitiert die NGG eine Untersuchung der Hans-Böckler-Stiftung.
Besondere Bedingungen in Bayern
Für die Region gelten jedoch laut unterfränkischem Geschäftsführer des Deutschen Hotel- und Gaststättenverbandes Bayern (Dehoga), Michael Schwägerl, besondere Bedingungen. In Bayern seien generell auch untere Lohngruppen über Mindestlohn bezahlt, weil der Arbeitskräftebedarf in den Tourismusregionen hoch sei.
Freilich seien Gastronomiebetriebe vom Imbissstand bis zum Hotel sehr verschieden. In der Branche arbeiteten zudem viele Menschen geringfügig, um sich ein Zubrot zu verdienen. Ihm sei jedoch kein Fall bekannt, in dem eines der gut 1300 Dehoga-Mitglieder im Bezirk Beschäftigte illegal schlecht bezahlt hätte. Und Jurist Schwägerl wäre gefragt, wenn Mitglieder solche Gesetzeskonflikte austragen müssten.
Gewerkschaft: Zu wenig Kontrollen
Gewerkschafter Ocak klagt über zu wenige Kontrollen. Dies zeige gerade der Blick auf das Gastgewerbe. Im Jahr 2017 seien im gesamten Bereich des Schweinfurter Zolls gerade mal 206 Betriebe der Branche geprüft worden. Allein im Landkreis Main-Spessart und in Würzburg gebe es laut Arbeitsagentur jedoch über 550 Hotels, Gaststätten und Restaurants, so Ocak.
Er fordert, dass die Finanzkontrolle personell kräftig aufgestockt wird. Und da wird er mit der Behörde auf einer Linie liegen. Bereits im April erklärte Karl-Heinz Wißmeyer, der Leiter der Finanzkontrolle Schwarzarbeit für Unter- und Oberfranken, gegenüber dieser Redaktion, seine Behörde habe eine Sollstärke von 180 Beschäftigten, es seien jedoch nur 140 Stellen besetzt.