Es ist ein Denkmal, das nicht auf den ersten Blick als solches zu erkennen ist: Die Kopfklinik der Universität in Grombühl, erbaut zwischen 1964 und 1973 und mittlerweile arg in die Jahre gekommen. Durch die Fenster zieht es, 200 Wasserrohrbrüche im Jahr, ein Brandschutz, der heutigen Standards nicht mehr genügt. Deshalb ist ein Neubau am gleichen Standort geplant. Ein gewaltiges Unterfangen mit Kosten von aktuell prognostizieren 120 bis 130 Millionen Euro. Und eine logistische Herausforderung. Denn der Klinikbetrieb soll neben der Baustelle weiterlaufen.
Von einem Gutachterbüro waren Alternativen geprüft worden: Ein Neubau auf der grünen Wiese und eine klassische Sanierung der Klinik, die das Landesamt für Denkmalpflege erst auf Initiative des Klinikchefs vor fünf Jahren auf die Denkmalliste gesetzt hatte. Zitat aus dem Denkmaleintrag: „Die erste integrale Kopfklinik, in der die Spezialkliniken der Kopforgane synergetisch zur interdisziplinären Zusammenarbeit in Patientenversorgung, Forschung und Lehre nach dem medizinischen Konzept von Horst Ludwig Wullstein architektonisch in einer Anlage zusammengefasst sind.“
Trotzdem verwarfen die Gutachter eine reine Sanierung der Klinik, und der damalige Generalkonservator Egon Greipl räumte aus Sicht des Denkmalschutzes ein: „Das ist eine Klinik und kein Museum.“ Dieser Satz fiel vor vier Jahren. Seitdem hat sich das Projekt hingezogen. Erst kurz vor der Landtagswahl 2013 erteilte das Finanzministerium nach einjähriger Wartezeit den Planungsauftrag, seitdem liegt der Ball beim Staatlichen Bauamt.
Es hat in Absprache mit dem Wissenschaftsministerium einen Architekturwettbewerb ausgeschrieben, vor gut einem Jahr wurde das Berliner Büro Hascher Jehle zum Sieger gekürt. Die Besonderheit ihres Entwurfs: Der Sockel der neuen Neuro-Klinik wird im ersten Bauabschnitt an der Lindleinsstraße eingegraben, ist von dort aus praktisch ebenerdig zu begehen. Möglich wird dies durch die Topografie des Geländes. Die Architekten arbeiten mit dem Hang, müssen dafür aber große Mengen an Erdreich abtragen.
Eine riesige Baugrube wird sich – frühestens Anfang 2018 – an der Lindleinstraße auftun. Auf welcher Route die Laster das Erdreich dann abtransportieren, steht derzeit noch nicht fest. An der Stelle der heutigen Hörsäle soll sich die neue Klinik 18 Meter und drei Geschosse tief eingraben. Eigentlich sollte gar 22 Meter tief ausgehoben werden. Doch auf die unterste, die vierte Etage wird nun verzichtet. Zum einen müsste dafür noch aufwendiger gebohrt werden – was den laufenden OP-Betrieb beeinträchtigen könnte. Außerdem liefe der Neubau damit finanziell aus dem Ruder.
Eine Hamburger Elbphilharmonie oder einen Berliner Flughafen will Peter Mack in Würzburg vermeiden. Er ist im Staatlichen Bauamt verantwortlich für die Uni, und sagt: „Wir wollen jeden Planungsschritt mit Kosten hinterlegen.“ Wird die Sache zu teuer, muss am Plan korrigiert werden. So wie jetzt: Der Entwurf des Wettbewerbssiegers wird leicht abgespeckt, damit der Bau bezahlbar bleibt. Auf welche Räume die Klinik am ehestens verzichten kann, klären derzeit Klinikleitung und Staatliches Bauamt.
Uni-Bauamtschef Mack lobt die geplante Architektur für ihre städtebauliche Qualität. Durch das Einbauen in den Hang und eine kleinteilige Anlage mit den drei oberirdischen Bauten werde die Klinik nicht zu massiv und nehme Rücksicht auf dezentere Gebäude in der Nachbarschaft. Im ersten Bauabschnitt sollen die Hörsäle und einige Büros an der Lindleinstraße abgerissen werden. Dort entsteht dann ein neuer Operations- und Funktionstrakt für Intensivstation, Sterilisation und Technik.
Ist er fertig, ziehen die Neurochirurgie und die Neurologie dort ein. Deren Altgebäude wird im zweiten Bauabschnitt abgerissen und durch einen Neubau ersetzt, in den dann wiederum die heutige HNO-/Augenklinik umzieht. Am Ende der Rochade und nach fünf- bis achtjähriger Bauzeit wären alle Altgebäude durch neue ersetzt. Nur bei Bedarf soll in einem dritten Abschnitt das Gelände der heutigen HNO-Klinik wieder bebaut werden.
Über Jahre wird die Kopfklinik also zur Baustelle mit Lärm, Dreck und Behinderungen – für Patienten, Personal, Besucher. Und mit Belastungen für den ohnehin lärmgeplagten Stadtteil Grombühl. Deshalb wollen Klinikleitung und Staatliches Bauamt die Öffentlichkeit offensiv informieren. Zu einer ersten Veranstaltung waren die Anlieger im vergangenen Sommer eingeladen. Viele Interessierte kamen. Wichtiges Thema für sie: der geplante Hubschrauber-Landeplatz auf dem Dach der neuen Neurologie. Mit einem Aufzug werden Patienten dann vom Hubschrauber auf kurzem Weg in die Notaufnahme transportiert. Mack: „Gerade in der Neurologie, zum Beispiel bei Schlaganfällen, zählt oft jede Minute.“
Mit rund 100 Anflügen pro Jahr müssen die Anwohner rechnen. Mit Beginn der Baumaßnahmen soll ein eigner Info-Pavillon am Gelände die interessierte Öffentlichkeit über Pläne und Fortgang des Millionenprojektes aufklären.