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Würzburg
Messerangriff in Würzburg: Ist das Teilen von Videos strafbar?
Nach der Messerattacke in Würzburg verbreiteten sich rasch Videos und Fotos der Tat im Internet.  Wie sich das auf die Arbeit der Polizei auswirkt.
Trotz Mahnungen der Polizei, verbreiteten sich nach dem Messerangriff in Würzburg zahlreiche Aufnahmen rasant im Internet.
Foto: Heiko Becker | Trotz Mahnungen der Polizei, verbreiteten sich nach dem Messerangriff in Würzburg zahlreiche Aufnahmen rasant im Internet.
Aaron Niemeyer
 |  aktualisiert: 08.02.2024 11:21 Uhr

Am vergangenen Freitagabend wurden bei einem Messerangriff in Würzburg drei Menschen getötet und zahlreiche verletzt. "Bitte teilt keine Bilder oder Videos. Respektiert bitte die Privatsphäre der Opfer", mahnte das Polizeipräsidium Unterfranken auf Twitter. Trotzdem verbreiteten sich innerhalb kürzester Zeit mehrere mit dem Handy angefertigte Aufnahmen im Internet.

1,1 Millionen Mal wurde etwa ein Twitter-Video angesehen, das einen Kampf zwischen dem Angreifer und herbeigeeilten Helfern zeigt. Gefilmt wurde es aus einer Straßenbahn heraus, einige Fahrgäste feuern die Helfer an, eine Frau schreit schreckerfüllt auf. Auch Fotos und Videos vom Tatort gingen um die Welt. Zu sehen sind Rettungskräfte neben einer Blutlache. Weniger als eine Stunde bevor das Foto im Internet verbreitet wurde, waren Menschen an dieser Stelle gestorben.

Anzeige für den Anbieter X über den Consent-Anbieter verweigert

"Solche Aufnahmen zu veröffentlichen ist falsch. Sie haben nur etwas bei der Polizei zu suchen", schreibt ein Nutzer auf Twitter. Andere hingegen verweisen auf das öffentliche Interesse und merken an, dass ja immerhin keine Opfer in den Aufnahmen gezeigt würden. Doch wie sind die konkreten rechtlichen Hintergründe? Dürfen solche Inhalte im Internet verbreitet werden?

Bei Ereignissen der Zeitgeschichte wiegt öffentliches Interesse schwer

"Zunächst sind Aufnahmen auf der Straße zulässig", sagt Chan-jo Jun, Experte für Medienrecht in Würzburg. "Unzulässig wird die Verbreitung ohne Einwilligung wegen der Verletzung des Rechts am eigenen Bild, wenn Menschen erkennbar sind, die nicht lediglich Beiwerk sind." Bei Ereignissen der Zeitgeschichte könne jedoch das öffentliche Interesse überwiegen.

"Verboten sind inzwischen auch Bilder, bei denen die Hilflosigkeit einer Person zur Schau gestellt wird, wenn damit der höchstpersönliche Lebensbereich verletzt wird", so Jun weiter. Untersagt sei zudem die Verbreitung von Bildern Verstorbener sowie die Verbreitung von Gewaltdarstellungen, wenn damit die Menschenwürde verletzt wird.

Unabhängig von moralischen und rechtlichen Aspekten, sprechen jedoch auch taktische Abwägungen gegen die Verbreitung von Aufnahmen im Internet. "Unmittelbar nach oder noch während einer Bedrohungslage kann die Offenlegung von Informationen im Internet – die damit auch gegenüber dem Täter sowie gegenüber weiteren Tätern und Komplizen erfolgen könnte – der Ermittlungsarbeit der Sicherheitskräfte schaden", schreibt das Polizeipräsidium Unterfranken auf Anfrage.

Polizeipräsidium: Strafbarkeit bei geteilten Videos im Internet wird geprüft

Bei Gefahrenlagen sollte die eigene Sicherheit für Zeuginnen und Zeugen oberste Priorität haben, so die Polizei weiter. "Diese sollten sich durch Video- oder Bildaufnahmen nicht selbst in Gefahr bringen. Sollten dennoch Video- oder Bildaufnahmen gefertigt worden seien, bitten wir diese schnellstmöglich der Polizei zur Verfügung zu stellen."

Klar sei jedoch auch, dass auch in Gefahrenlagen mit hohem öffentlichen Interesse der Persönlichkeitsschutz verstorbener, verletzter oder traumatisierter Opfer beachtet werden müsse. "In entsprechenden Fällen wird auch eine Strafbarkeit geprüft", heißt es vom Polizeipräsidium Unterfranken.

 
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  • B. F.
    Man sollte sich lieber fragen, ob es strafbar ist, wenn Behörden Leute durchs "Raster" fallen lassen, oder wenn Ärzte einen Menschen, nicht in eine geschlossene Abteilung aufnehmen, wenn er hochgradige Störungen hat,z.B. durch Drogen...... nehmen Ärzte tatsächlich an, dass Patienten nach einer Vorstellung in der Psychiatrie ihre Medikamente nach Vorschrift einnehmen??
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  • H. S.
    Mal ganz ehrlich machen: Die Leute machen heute genau das, was die Presse mit ihren freien Fotografen schon immer gemacht hat: Sensationsbilder und Videos gesammelt.
    Nur hatte vor der Ära der Smartphones nie jemand eine griffbereite Kamera dabei, wohingegen die freien Bildberichterstatter immer mit Ihrer Kamera auf der Suche waren, und für ihre Bilder auch immer fürstlich bezahlt wurden.
    Das hat mitunter zu solch traurigen Ereignissen geführt, wie der Tod von Lady Diana...
    Hinterher distanzieren sich viele Verlage zwar davon, wie diese Bilder entstanden sind, aber den kurzen Hype wollen sie schon monetär ausschlachten: Lady Di mit freiem Oberkörper, aufgenommen mit einem 1000er Tele? Manche Medien kennen da keine Grenzen mehr!!!
    Und das macht was mit den Menschen: Sensationsbilder sind Geil! Und je sensationeller, desto geiler! Enthauptungsvideos des IS, oder sonst was gruseliges: Viele Menschen kennen einfach gar keine Grenzen mehr!
    Doch das wurde von der Presse geschürt...
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  • Veraltete Benutzerkennung
    Das penetrante und sensationslüsterne Fragen eines Journalisten bei der ersten Stellungsnahme der Polizei rief schlimme Erinnerungen an das Geiseldrama 1988 von Gladbeck wach.
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  • S. T.
    Sorry, aber ich habe überhaupt kein Verständnis wenn Leute bei jeder Art von „Sensation“ das Handy zücken und dann ohne Einverständnis der Beteiligten im Internet veröffentlichen.
    Ich finde das geht gar nicht.
    So kann sich jeder von uns plötzlich tausendfach „geteilt“ im Internet wieder finden.

    Oftmals behindert das filmen dann auch noch Hilfs und Rettungskräfte.

    Zur Beweissicherung und für eine Zeugenaussage finde ich das filmen ja noch ok, aber wozu muss das dann an Hinz und kunz via WhatsApp und co. geteilt werden? Ja wohl nur aus Sensationslust.
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  • J. N.
    Ich denke mal, da muss man klar unterscheiden:
    a. Bildmaterial, das die Opfer, Blutlachen und Retter bei der Arbeit zeigt - hier sollte jeder wissen, dass es ein No-Go ist, das abzulichten und gar auch noch zu verbreiten.
    Aber b. die Videos von denen, die den Täter in Schach gehalten haben (ich hab die auch gesehen), die sollte man lockerer betrachten - vielleicht tragen die endlich mal dazu bei, die Stammtischmeinungen über unsere neuen Mitbürger zu korrigieren...
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  • U. A.
    Sind das die gleichen Videokünstler die auch bei jedem schweren Verkehrsunfall gaffen und filmen?
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  • Veraltete Benutzerkennung
    Auf eigenen Wunsch entfernt.
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    Stellen Sie sich vor, Sie sind in einer Notlage und können sich nicht dagegen wehren das Aufnahmen von Ihnen gemacht werden.
    Möchten Sie diese am nächsten Tag in der BLÖD auf Seite 1 sehen?

    Opfer, Helfer und auch Täter haben ein Recht auf Privatsphäre. Was ist daran so schwer zu verstehen?
    Ja, es gibt keine Straftat durch welche man seine eigenen Rechte verliert. Bei vielen setzt zwar schnell der Verstand aus und man fordert den Mittelalterlichen Pranger zurück.
    Aber das ändert nichts an der Tatsache, das wir in einem Rechtsstaat leben.
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  • A. M.
    Also unter dem Strich will die Polizei gerne Videos zugeschickt bekommen, aber wenn das Video rechtlich problematische Inhalte zeigt gibts ne Anzeige...
    Da kann man doch nur davon abraten mit der Polizei überhaupt in Verbindung zu treten!
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  • Veraltete Benutzerkennung
    Es ist ein rechtlich großer Unterschied ob man das Video im Internet verbreitet oder der Polizei zur Verfügung stellt.
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  • G. B.
    Vielleicht ist es auch einfach menschlich, dass man seine Erlebnisse mitteilen möchte.
    Die Normalbürger sind nun mal eine Medien-Profis.
    Und die Medien haben nicht mehr das Monopol, Nachrichten (nach deren Regeln) zu verbreiten.
    Und ganz ehrlich: Wer hat sich denn die Videos am Freitag abend oder Samstag nicht auch mal im Internet angeschaut?
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  • K. G.
    Sämtliche Nachrichtensender und Klatschpressen haben diese Videos gezeigt. Vielleicht sollte man sich da auch mal an die eigene Reporternase fassen und nicht alles ungeteilt im TV oder Internet wiedergeben?
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  • Veraltete Benutzerkennung
    Bei MP habe ich keine der von Ihnen genannten Videos sehen können.
    Vielleicht sollten Sie weniger verallgemeinern.
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  • J. L.
    Nachdem die Würzburger Polizei sowie die Würzburger Medien in der Kommunikation unendlich langsam waren – und die Polizei zudem auch noch über den in Deutschland am geringsten verbreiteten Kanal kommuniziert (Voschlag von meiner Seite: Gebt das doch über den digitalen Polizeifunk-Kanal „bekannt“, dann bekommt es gar niemand mit) – war ich recht dankbar über alles was auf SoMe mitgeteilt wurde. So konnten bspw Verwandte, die im Tatgebiet wohnen, gewarnt werden.

    Polizei und Medien wurden aktiv als alles vorbei war … und auch gab man nicht das beste Bild ab. Vllt sollte man sich ein Beispiel am Münchner Sprecher nehmen.
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  • T. H.
    Soweit ich weiß, hat die Polizei gearbeitet und hatte keine Zeit tweets im Minutentakt abzugeben.
    Eine Warnung bzgl der Tatortmeidung sowie die Bitte "sich rauszuhalten" sollten ausreichen.

    Es handelt sich vor allem um Sensationslust. Das ist alles.
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  • M. L.
    Wissen Sie auch warum, weil Polizei u. Medien angehalten sind, erst einmal soweit es geht alle Information zurück zu halten bei solch einer Tat mutmaßlich islamistischen Hintergrundes, um die Bevölkerung nicht unnötig zu "beunruhigen". Instrumentalisierung ist so dabei das UnWort. Vor Gefahr warnt man seitens der Polizei im Bedarfsfall zwar schnell aber zunächst nur allgemein gehalten. Nur wenn es absolut nicht mehr geht, weil private Videos das Netz überschwemmen, die die Situation deutlich darstellen, erst dann folgen nach u. nach offizielle Informationen bzgl. der genaueren Sachlage. Dabei wird nach wie vor versucht, die Eindeutigkeit in Frage zu stellen, siehe Aussage des Strafverteidigers.
    Ganz anders sieht das aus, wenn es sich um eine rechtsgerichtete Straftat handelt. Da ist alles ziemlich schnell klar. Da meldet sich auch fast jeder Politiker schnell zu Wort, gar innerhalb weniger Tage werden kostenlose "Wir sind bunt"-Popkonzerte veranstaltet.
    Denkt mal drüber nach.
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  • Veraltete Benutzerkennung
    Nachdem sich das politische Versagen wieder in seiner abscheulichen Art und Weise gezeigt hat, kann man es den Menschen nicht verübeln, ihrem Ärger, ihrer Trauer, ihrem Schockzustand durch das Teilen solcher Videos Luft zu machen. Ethisch und moralisch finde ich das allerdings sehr verwerflich.
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  • D. T.
    Klassiker... Bei "Zeuginnen und Zeugen" wird gegendert. Beim viel negativer besetzten "Täter" aber nicht. Wenn Gleichberechtigung der einen Gruppe schleichend zur Diskriminierung der Anderen führt...
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