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Würzburg
Menschheitsbild vorm Rathaus
Kunst im öffentlichen Raum: Aufstellung einer Figur von Emy Roeder im Rathausinnenhof Würzburg .
Foto: Johannes Kiefer | Kunst im öffentlichen Raum: Aufstellung einer Figur von Emy Roeder im Rathausinnenhof Würzburg .
Joachim Fildhaut
 |  aktualisiert: 24.07.2022 02:34 Uhr

Die Stehende Tripolitanerin ist wieder da. Früher stand die Bronzestatue aus den Händen der Bildhauerin Emy Roeder in der Hofstraße, am Mittwochnachmittag übergab Oberbürgermeister Christian Schuchardt einen Neuguss auf dem Rathausplatz an der Rückermainstraße der Öffentlichkeit.

Die Künstlerin Emy Roeder wurde 1890 in Würzburg geboren, gehörte zu den Expressionisten und den Wegbereitern der Klassischen Moderne in der Bildhauerei, lehrte in ihren letzten Berufsjahren in Mainz, vererbte ihrer Geburtsstadt aber ihren kompletten Nachlass. Nach ihrer letzten großen Ausstellung im hiesigen Kulturspeicher 2018 hätten Besucher gefragt, wieso Roeder "nicht im öffentlichen Raum vertreten" sei, erzählte Schuchardt bei der Übergabe der zwei Meter großen Skulptur einer Libyerin, die sich gegen das Außen ihres Wüstenlands mit einigen großen Stofftüchern abschirmt und zugleich mit großen Augen in dieses Außen hinausblickt. Die Frage nach Emy Roeders öffentlicher Präsenz, so Schuchardt, habe der Stadtrat damals aufgegriffen und nach eindeutigem Beschluss einen neuen Guss der Stehenden Tripolitanerin in Auftrag gegeben. Jetzt "haben wir auf unseren Straßen und Plätzen neben Freiplastiken regional bekannter Künstler auch eine Künstlerin von nationaler Bedeutung", freute sich das Stadtoberhaupt.

Dr. Henrike Holsing (Stellvertretende Leitung Museum im Kulturspeicher Würzburg) bei ihrer Rede mit Erläuterungen zu Roeders Leben und Kunst.
Foto: Johannes Kiefer | Dr. Henrike Holsing (Stellvertretende Leitung Museum im Kulturspeicher Würzburg) bei ihrer Rede mit Erläuterungen zu Roeders Leben und Kunst.

Henrike Holsing, stellvertretende Leiterin des kommunalen Kulturspeichermuseums, berichtete, die alte Bronzestatue vor der Städtischen Galerie Hofstraße aus dem Jahr 1967 habe einen Gussfehler gehabt und sei an der Oberfläche korrodiert. Zum Roeder-Nachlass gehöre aber glücklicherweise die Erlaubnis, jede Metallplastik in einer Auflage von zwölf Exemplaren gießen zu lassen. Die Gussform der Stehenden ist noch erhalten. So wurden die Arbeiten an der Neuausgabe der Kulturspeicher-Restauratorin Ines Franke übertragen – einschließlich der anspruchsvollen und überaus wichtigen Patinierung.

Neues Denkmal setzt auch ein politisches Zeichen

Was Christian Schuchardt "ein Kunstwerk auf Augenhöhe" nannte, zeichnet sich für Holsing durch "vollkommene innere Ruhe" und einen "Blick ins Unendliche" aus, ein "In-sich und Für-sich-Sein", aber auch ein grundlegendes "Fremdsein" – sprich: Emy Roeder erreichte in diesem Kunstwerk wieder einmal ihr Ziel, den Menschen als Teil eines "Kosmischen allen Seins" darzustellen. Roeder verewigte nach ihren Nordafrikareisen etliche junge Araberinnen in Metall. Dabei drückte sie die Idee des Menschseins ganz beiläufig auch mit Kopftuch aus. Das neue Denkmal, ein reifes Spätwerk im Schaffen der Bildhauerin, setzt also durchaus auch ein politisches Zeichen.

Henrike Holsing erläuterte bei der kleinen Feierstunde am Mittwoch, an dem auch die frühere Kulturspeicher-Leiterin Marlene Lauter teilnahm: "Die Unaufdringlichkeit, mit der sich die Figur auf dem Platz einfügt, ist charakteristisch für das gesamte Werk Emy Roeders." Die verhüllte Libyerin ist die erste Plastik der Künstlerin im öffentlichen Raum ihrer Geburtsstadt; wobei Roeder nur wenige Großskulpturen schuf, die für eine solche Präsenz überhaupt in Frage kommen und von der Größe her zwischen Hauswänden bestehen können. Ihren nächsten Auftritt haben Werke von ihr in diesem Herbst in der Kuratoren-Schau "Michael Müller"; der Künstler und Ausstellungsausrichter Müller wird dabei u.a. die "entartete" Roeder dem "gottbegnadeten" Hermann Gradl gegenüberstellen. Nächstes Jahr wird dann der neu gestaltete Roeder-Saal im Museum im Kulturspeicher eröffnet.

 
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