Die Würzburger Meisterkonzerte in der Hochschule für Musik gehen nach langer Corona-Pause wieder an den Start. "Wir fangen heute einfach wieder an – coronakonform", kündigte mit purer Freude in der Stimme Johannes Engels an, Vorsitzender der Musikalischen Akademie.
Das Künstler-Ehepaar Franziska und Florian Glemser spielte auf zwei aneinandergeschmiegten Konzertflügeln, erinnernd an die Symbolkraft von Yin und Yang. Das hintere Instrument mit aufgeklapptem Deckel und das vordere mit offenem Resonanzraum - es entstand eine besondere Akustik. Den ersten Teil widmeten die Glemsers Richard Wagner, der seine erste Oper "Die Feen" in Würzburg komponierte. Im zweiten Teil wurde es erst jazziger und lässiger, dann wunderbar emotional.
100 Prozent Vorfreude im nur zu 25 Prozent besetzten Saal
Als das junge Ehepaar, beide Anfang 30, die Bühne betrat schlug ihm 100 Prozent Vorfreude aus dem zu 25 Prozent besetzten Konzertsaal entgegen (um die Abstände einzuhalten, verzichtet die Hochschule auf die inzwischen möglichen 50 Prozent). So zart, so filigran wie sie auf der entfernten Bühne wirkten, so fulminant rauschten und donnerten, krachten und stoben sie durch Claude Debussys Transkription der "Holländer"-Ouvertüre. Sie fegten alle Zweifel weg, ob sie mit 20 Fingern Wagners Streicher und Pauken, Harfe und Bläser wirklich würden ersetzen können. Sie konnten – mit kraftvoller Klavierkunst statt orchestraler Wucht.
Die Glemsers beherrschen auch die flirrenden, erotisierenden, hochemotionalen Stücke, etwa Paul Dukas‘ "Venusberg"-Bearbeitung aus dem "Tannhäuser". Max Regers Transkription aus "Tristan und Isolde" begann lyrisch fahl, mit dunklen Vorahnungen – ein Drama in Tönen, exzellent gelebt und verschmelzend gespielt von diesem besonderen Klavierduo.
Nach der Pause wurde aus der Opernbühne eine Tanzbühne
Nach der Pause kündigte Florian Glemser statt "Opernbühne" nun "Tanzbühne" an: "Points on Jazz – Jazz Ballet for Two Pianos" von Dave Brubeck. Das achtteilige Werk erzählt mal rhythmisch, mal lässig, mal quietschfidel im Ragtime (den die Zuhörer spontan mit befreiendem Beifall bedachten) eine Liebesgeschichte mit Happy End. Man sah wippende Füße und hinter den Masken lächelnde Konzertbesucher. Leichtigkeit machte sich breit. Florian Glemsers Jazz-Bearbeitung von Antonio Carlos Jobims "Girl from Ipanema" war die perfekte Zugabe.
Es folgten noch zwei kurze Brahms-Werke: "Die Nachtigall", Vorbotin der Ungarischen Tänze, und zum Abschied eine zarte Improvisation über das Wiegenlied "Guten Abend, Gute Nacht", die man als Ohrwurm nach Hause mitnahm. Ebenso die Erkenntnis, dass man nachsichtiger geworden ist bei Nebengeräuschen wie Räuspern, Sohlenquietschen oder Taschennesteln. Hauptsache: kein Streaming, kein Bildschirm, kein Sofa, sondern echte Künstler, echte Musik, echte Konzertsitze.