Schritt für Schritt geht in Würzburg das öffentliche Leben wieder los. Fast wöchentlich gibt es neue Meldungen dazu, welche Bereiche ihren Betrieb wieder starten können. Bei einigen sorgt das für Freude, bei anderen für Unverständnis. Diskussionen gab es zuletzt vor allem wegen der Wiedereröffnung des Brückenschoppens auf der Alten Mainbrücke. Es bleibt abzuwarten, welche Lockerungen in den kommenden Wochen noch beschlossen werden oder ob es bei den bisherigen Maßnahmen bleiben wird. Doch wie stehen Würzburger eigentlich dazu? Diese Redaktion hat sich in ganz verschiedenen Bereichen umgehört.
Magdalena Jäger, dreifache Mutter: "Ich finde die Lockerungen ganz gut, so wie sie sind. Ich war eher irritiert, dass es plötzlich alles so schnell ging. Wir haben viele Wochen versucht, so wenig wie möglich rauszugehen und jetzt kann ich beispielsweise wieder ins große Möbelhaus, wo viele Menschen aufeinander treffen. Ich fand eher schwierig, dass der Informationsfluss so schleppend ging. Ich arbeite an einer Schule und auch wir wussten erst spät, wie es für uns weitergeht. Für meine Kinder war vor allem die soziale Abkapslung ganz, ganz schwierig. Das Homeschooling läuft bei uns gut, ich höre aber von vielen Freunden, dass das nicht überall so ist."
André Fischer, Stadtjugendring: "Die neuen Lockerungen sind ein positives Signal für uns als Stadtjugendring, seinen Verbänden und der gesamten Kinder- und Jugendarbeit. Nach den sicher notwendigen Einschränkungen der letzten Monate ist es wichtig, dass durch die neuen Regelungen Angebote der Jugendarbeit wieder vor Ort mit den Kindern und Jugendlichen zusammen ermöglicht werden.
Natürlich machen es die Abstands- und Hygieneregeln unmöglich, viele der bisherigen pädagogischen Methoden und Spiele einzusetzen. Dennoch wird die Jugendarbeit und ihre ehrenamtlichen Jugendleiterinnen und Jugendleiter kreativ und flexibel damit umgehen."
Thomas Lazarus, Theaterwerkstatt Würzburg: "Die allmähliche Wiederbelebung des Kulturlebens ist eine gute Nachricht – auch für die Theater. Allerdings bleiben die kommenden Monate mit großen Unsicherheiten behaftet. Derzeit sind alle damit beschäftigt, Konzepte zur Umsetzung der Hygieneregeln zu entwickeln. Für die beginnende Freilicht-Saison ergeben sich durchaus Chancen. Ob unter diesen Umständen im Herbst und Winter ein wirtschaftlicher Spielbetrieb möglich sein wird, ist aber noch sehr ungewiss. Gefordert ist jetzt vor allem Flexibilität, um zügig auf die Entwicklungen reagieren zu können. Da wir im Theater normalerweise an langfristige Planungs- und Probenprozesse gewöhnt sind, wird die nächste Zeit sicher abenteuerlich, aber das muss ja nichts Schlechtes bedeuten."
Anne Lembach, Krankenschwester: "Ich finde die Lockerungen gut, in manchen Bereichen finde ich sie aber zu locker. Gerade in Möbelhäusern oder Baumärkten treffen viele Menschen aufeinander. Da habe ich eher ein ungutes Gefühl. Und auch in Krankenhäusern oder Altenheimen hätte ich mir gewünscht, dass das Besuchsverbot noch etwas länger besteht, weil doch viele Leute von außen Krankheitserreger miteinschleppen könnten. Gerade für uns medizinisches Personal ist es schwierig, den Leuten immer wieder klar machen zu müssen, welche Regeln es bei einem Besuch zu beachten gibt - weil viele Besucher in der Hinsicht auch uneinsichtig sind."
Maxim Iochim, Tierheim Würzburg: "Der Vorstand und das Tierheim-Team sehen die Lockerungsmaßnahmen eher kritisch. Da wir kein Risiko eingehen wollen – das heißt, es darf auf keinen Fall ein Tierpfleger infiziert werden – und unsere Schützlinge nach wie vor auf das Beste versorgt sein sollen, wird das Tierheim auch weiterhin für Besucher nicht geöffnet. Die Vermittlung von Tieren findet allerdings, wie schon seit Mitte März, nach telefonischer Kontaktaufnahme und Terminabsprache mit Einzelpersonen statt. Natürlich sind wir in dieser schweren Zeit mehr denn je auf Spenden angewiesen."
Michael Gerr, Verein Selbstbestimmt Leben Würzburg: "Der Verein ist lieber auf der vorsichtigen Seite und berät bis auf weiteres im Homeoffice telefonisch und mit Videoberatung. Wir setzen uns schon immer für Freiheitsrechte ein. Viele Einschränkungen, denen nun auch Nichtbehinderte ausgesetzt sind, sind Alltag für mobilitätseingeschränkte Menschen, so der eingeschränkte Zugang zu Restaurants, Bars, Kulturstätten oder Arztpraxen aufgrund mangelhafter Barrierefreiheit. Freiheit wird für alle zurecht zeitweise begrenzt, wenn es um den Schutz und das Leben anderer geht. Es ist wichtig, trotz Lockerungen auf Abstand zu achten, am besten freiwillig."
Martin Göbel, Winzer: "Wir als Weingut sind natürlich sehr stark von der Gastronomie abhängig. Deshalb freuen wir uns, dass sie langsam wieder in Schwung kommt. Für uns als Weingut sind Events noch nicht erlaubt, was ich auch durchaus verstehen kann. Ich möchte auch nicht diese Entscheidungen über Lockerungen treffen, da es für mich ein Balanceakt ist. Ich denke, jeder ist froh, wenn wieder normales Leben einkehrt, deshalb appelliere ich gerne auch an die Vernunft aller Bürger, sich an die Vorgaben zu halten. Nur gemeinsam kommen wir schnell durch diese Phase."
Wenn ich als Fußgänger über die Brücke muss habe ich Probleme den Abstand zu den Zechern einzuhalten. Die Brücke ist doch kein Biergarten sondern öffentliche Straße.