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WÜRZBURG
Mein Montag: Absagen sind das neue Fasten
Holger Welsch
 |  aktualisiert: 18.02.2016 03:35 Uhr

Was wir diese Woche machen? Vielleicht probieren wir's mal mit Fasten? Der Verzicht soll ja Körper und Seele reinigen und dabei helfen, sich auf das Wesentliche zu besinnen. Da sind wir schon an einem Knackpunkt. Früher bedeutete Fasten vor allem das Entsagen leiblicher Genüsse, also weniger oder gar kein Fleisch zu essen und keinen Alkohol zu konsumieren. Doch damit sind blöderweise schon viele Leute vom Fasten ausgeschlossen. Weil Schnitzel und Bier das Wesentliche in ihrem Dasein sind.

Deshalb wurde das Fasten in den letzten Jahren viel weiter gefasst. So gab's schon Aufrufe, zum CO2-Fasten, also weniger Autofahren, ums Weltklima zu retten. Ist bei den günstigen Benzinpreisen nicht einfach, aber Fasten muss auch ein bisschen wehtun – wie das immer gerne empfohlene Medienfasten. Wer beispielsweise auf das Lesen von Rubriken wie dieser verzichtet, kann Kopfschmerzen bekommen. Wer sie liest, allerdings auch.

Mit Medienfasten ist ohnehin mehr der digitale Entzug, also diese neumodischen Sachen wie Internet oder soziale Medien, gemeint. Wenn das Smartphone beim Abendessen mit der Familie mal aus bleibt, fällt einem vielleicht auch wieder der Vorname des Bruders ein. Oder solche Sachen.

Fastenzeit muss allerdings nicht immer Verzicht bedeuten – wenn man sich die Tage bis Ostern eher meditativ vertreiben will. Der Tipp einer Frauengruppe aus dem Spessart dazu war in dieser Zeitung zu lesen: „Sich beispielsweise einfach Zeit nehmen, das Wetter zu beobachten.“ Klingt interessant, einfach im Regen rumzustehen, möglicherweise noch mit knurrendem Magen.

In Würzburg ist Kulturfasten der große Renner. Die Stadt hat aus personellen Gründen, also Fachkraft-Fasten, den Hafensommer abgesagt. Und das noch vor der Fastenzeit, nämlich am Rosenmontag, weshalb jeder erst mal an einen mittelmäßigen Faschingsscherz glaubte. Dabei war der Rosenmontag bewusst gewählt. Bei der ganzen Absagerei von Faschingszügen fällt der Ausfall des Kulturspektakels nicht weiter auf – dachten sie wahrscheinlich im Rathaus. Also zumindest die drei Leute, die von der Sache wussten. Die meisten wie die Stadträte wussten von nix, sind sauer und wollen am Donnerstag Aufklärung in der Stadtratssitzung – falls nicht auch diese abgesagt wird.

Faschingszüge, politische Aschermittwoche, Kulturevents: Absagen sind das neue Fasten.

Deshalb wundern wir uns nicht, dass vergangene Woche auch das Mainfranken Theater bekannt gab, sich am Kulturfasten zu beteiligen. Nach fast zehn Jahren wird heuer kein Leonhard-Frank-Preis vergeben, kein Dramatiker gekürt – wohl nicht zuletzt wegen des Intendantenwechsels. Möglicherweise steht der Neue mehr auf Komödien.

Welches Kultur-Event diese Woche abgesagt wird? Für Afrika Festival und Mozartfest läuft bereits der Kartenvorverkauf, aber das muss ja nix heißen – siehe Hafensommer. Außerdem sorgen wir uns schon mal um das „Offene Weihnachtssingen“ im Rathausinnenhof.

Zum Schluss noch eine Frage: Was macht man, wenn man nicht fasten will? Fastenfasten.

 
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