
Es gibt mehr Wespen als üblich. Aber von einer Wespenplage möchte Jochen Krauß nicht sprechen. „Alle Tiere haben ihren Raum und Nutzen im Nahrungsnetz“, sagt der Experte für Tierökologie. Dazu gehören auch unliebsame Wespen. Im Frühjahr muss die Königin eines Volkes alleine ein Nest aufbauen und wenn da die Wetterbedingungen schlecht sind, sterben viele Völker.
Durch das warme Frühjahr ist die Population in diesem Jahr größer als üblich. „Nicht wegen des warmen Sommers, sondern aufgrund des warmen Frühjahrs gibt es viele Wespen“, erklärt der Professor von der Universität Würzburg. Wegen des Klimawandels muss man laut Krauß im Frühjahr künftig mit häufigeren und längeren Warmphasen rechnen.
Nicht angriffslustiger als sonst
Dass Wespen in diesem Jahr besonders angriffslustig sind, bezweifelt Krauß. „Ich nehme an, dass dies eine subjektive Wahrnehmung ist, weil es mehr Wespen gibt und wir daher mehr mit ihnen in Kontakt geraten“, sagt er. Zudem könnten viele Menschen heute schlechter mit Insekten umgehen, da keinerlei Grundkenntnisse mehr über die Tiere vorhanden seien und viel unnötige Panik verursacht werde.
Im Sommer ziehen die Wespen ihre Brut auf und suchen daher verstärkt nach proteinhaltiger Nahrung. Dazu gehören kleinere Insekten, Tierkadaver oder eben das Steak auf dem Teller. An Blütennektar oder zuckerhaltige Nahrungsmittel gehen die Tiere, um sich selbst zu ernähren.
Die Unterscheidung der Wespenarten ist für den Laien nicht einfach, doch nur die Deutsche Wespe und die Gemeine Wespe fliegen an menschliche Nahrungsmittel. „Alle anderen Wespenarten – auch die Hornisse – werden nicht von unserem Essen angelockt“, sagt ein Sprecher des Bayerischen Landesamts für Umwelt. Außerhalb ihres Nestbereichs seien Wespen nicht aggressiv.
Wespennester sind ein Fall für den Profi
Wer von einem Wespennest betroffen ist, sollte auf professionelle Hilfe zurückgreifen. Das rät Dirk Perner vom Arbeitskreis Arten- und Naturschutz in Würzburg. Der ehrenamtliche Verein versetzt Nester gegen eine Gebühr an einen naturbelassenen Ort. „Die Alternative wäre der Schädlingsbekämpfer“, sagt der Naturschützer. Die richtige Ausrüstung, Schutzkleidung und Erfahrung im Umgang mit den Tieren seien zwingen notwendig. Und auch rechtliche Aspekte gilt es zu beachten.
Die Gemeine und die Deutsche Wespe sind, wie alle anderen wild lebenden Tierarten, nach den Vorschriften des allgemeinen Artenschutzes geschützt. Es ist verboten, diese „mutwillig zu beunruhigen oder ohne vernünftigen Grund zu fangen, zu verletzen oder zu töten“. Die Kreiselwespe, die Kopfhornwespe und Hornissen stehen unter besonderem Schutz. Das Töten dieser Arten ist eine Ordnungswidrigkeit, die mit bis zu 10.000 Euro geahndet werden kann. Wie oft gegen dieses Gesetz in Bezug auf Wespen verstoßen wird, ist dem Umweltamt nicht bekannt.
Sprühflaschen simulieren Regen
Der Ökologe Krauß rat grundsätzlich, sich mit den Wespen zu arrangieren, wo dies möglich ist.„Am besten man lässt die Tiere einfach in Ruhe. Nicht danach schlagen, nicht anhauchen“, so der Biologe. Denn in diesen Situationen scheiden die Wespen einen Duftstoff aus, der andere Wespen der gleichen Art anlockt und in Alarmbereitschaft versetzt.
Mit den richtigen Verhaltensregeln ist ein friedliches Nebeneinander im Garten möglich. „Beispielsweise kann man mit einer Sprühflasche die Wespen mit Wasser besprühen“, sagt ein Sprecher des Umweltamts. Die Wespen denken dann, es regnet und kehren in ihr Nest zurück. Dies bestätigt Biologe Krauß und gibt zu bedenken, dass die Sprühflasche vorher gründlich ausgewaschen werden sollte, falls sie mit Putzmitteln in Kontakt gekommen sein könnte. Chemische Rückstände könnten den Insekten schaden.
„Schädlinge sind die Wespen auf keinen Fall, schließlich fressen sie andere Insekten und bewahren uns so vor der Fliegenplage – wenn man das so sagen will“, betont Krauß.