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Mehr Freiheit, mehr Chancen
Vorsitzender Junge Liberale - Konstantin Kuhle       -  Aufbruchstimmung: Der Bundesvorsitzende der Jungen Liberalen, Konstantin Kuhle, steht in Würzburg in der s.Oliver-Arena vor einem Banner, das das neue Logo der FDP-Jugendorganisation zeigt.
Foto: Christiane Gläser, dpa | Aufbruchstimmung: Der Bundesvorsitzende der Jungen Liberalen, Konstantin Kuhle, steht in Würzburg in der s.Oliver-Arena vor einem Banner, das das neue Logo der FDP-Jugendorganisation zeigt.
reda
 |  aktualisiert: 05.11.2015 03:35 Uhr

Der Rauswurf in die außerparlamentarische Opposition war für die FDP ein schwerer Gang. Seit 1949 war die Partei im Bundestag vertreten, trug von allen Parteien in Deutschland die längste Regierungsverantwortung. Mit neuem Logo und Optimismus präsentierten sich die Jungen Liberalen (Julis) jedoch auf ihrem Bundeskongress, der nach 1991 nun zum zweiten Mal in Würzburg stattfand. Rund 300 Delegierte und Gäste fanden sich in der s.Oliver-Arena zusammen, um die FDP-Jugend in Sachen Flüchtlingspolitik und innerer Sicherheit neu zu positionieren. Dabei forderte die liberale Jugend ein Einwanderungsgesetz und warnte vor einem gefährlichen Klima durch AfD und Pegida. Beim Thema innerer Sicherheit positionierten sich die Liberalen gegen die Vorratsdatenspeicherung und für eine stärkere Kontrolle von Geheimdiensten.

Freiheit, Chancen und Mut sind für den Bundesvorsitzenden der Jungen Liberalen, Konstantin Kuhle, die entscheidenden Begriffe, um das neue Leitbild der FDP zu beschreiben. Von „unzähligen Fehlern“ sprach er im Zusammenhang mit der Wahlniederlage vor zwei Jahren. Insbesondere der Negativwahlkampf gegen die Grünen, nicht umgesetzte Steuerversprechen und fehlender Optimismus sind für ihn die wesentlichen Ursachen für das Ausscheiden der FDP aus dem Bundestag.

Dieses kommentierte Kuhle in Anspielung auf Franz Müntefering: „Außerparlamentarische Opposition ist Riesenmist! Doch es nützt nichts, uns selbst zu bemitleiden.“

Die Liberalen hätten in den zwei Jahren einen erfolgreichen Erneuerungsprozess hinter sich gebracht, so Kuhle. Das neue Logo sei nur das Ende dieses Prozesses gewesen. Man hatte sich Hilfe von außen geholt. Bei liberalen Schwesterparteien in Europa und bei Vertretern aus Wirtschaft, Verbänden und Vereinen. Neben wirtschaftspolitischen Themen soll nun auch der gesellschaftspolitische Liberalismus stärker in den Fokus rücken. „Die FDP muss in erster Linie immer im Blick haben, wo man durch mehr Freiheit mehr Chancen erreichen kann“, so Kuhle. Konkret sehen die Julis keine Risiken, sondern Chancen bei den Themen Digitalisierung, Gentechnik und auch Flüchtlingen. Zudem seien Punkte wie Generationengerechtigkeit und Technologiefreundlichkeit weit oben auf der Agenda. Dies sei auch Alleinstellungsmerkmal des neuen Leitbildes, denn diese Positionierung sei „einzigartig im deutschen Parteienspektrum“, so der Bundesvorsitzende.

Die Landtagswahlen 2016 in Baden-Württemberg, Rheinland-Pfalz und Sachsen-Anhalt sieht Kuhle für die FDP als wegweisend. Vor allem der Südwesten sei für die Liberalen „essenziell“, da es als Stammland der FDP gilt. Koalitionsaussagen lehnt der Vorsitzende der FDP-Jugend jedoch ab. Dies gelte sowohl in Richtung SPD als auch der Union: „Keiner ist bei uns Mitglied geworden wegen Angela Merkel“, stellte Kuhle fest. Sofern ein „Politikwechsel“ möglich sei, sollte die FDP mit beiden Parteien reden können.

Radikalisierung in Deutschland

Neben der Situation der Liberalen beschäftigte den Bundeskongress die deutsche Flüchtlingspolitik. Kuhle beobachtet hier „eine Radikalisierung des Klimas“ in Deutschland. Er sehe daher auch einen Zusammenhang zwischen Galgen mit Politikernamen auf Demonstrationen von Pegida und dem Attentat auf die Kölner Oberbürgermeisterin Henriette Reker. „Die wahre Gefährdung des Grundgesetzes geht von brennenden Flüchtlingsheimen aus“, so der Bundesvorsitzende. Mit Blick auf AfD und Pegida warnte er vor „politischen Gruppen in Deutschland, die sich der Angst von Menschen bedienen“.

Die stellvertretende Bundesvorsitzende der FDP, Marie-Agnes Strack-Zimmermann, äußerte ebenfalls Bedenken – insbesondere in Hinblick auf die CSU: In Bayern habe man nicht gemerkt, dass „Flüchtlinge auch eine Chance bedeuten“, erklärte Strack-Zimmermann. „Da gibt es auch keine Obergrenze. Das ist eine menschliche Tragödie“, so die stellvertretende FDP-Vorsitzende weiter. Für sie sei daher Merkels „Wir schaffen das“ eine Haltungsfrage.

Der FDP und ihrem Nachwuchs bescheinigte Konstantin Kuhle in dieser Frage jedoch eine unklare Positionierung. Ihr neues Leitbild von Chancen, Mut und Optimismus dürfe „nicht nur für Start-ups gelten“, sondern auch für Flüchtlinge, so der Juli-Vorsitzende. Den Vorschlag von FDP-Parteichef Christian Lindner, Kriegsflüchtlingen lediglich eine Duldung auszusprechen, kritisierte der Vorsitzende der Jungen Liberalen. Kuhle schlug vor, die Mittel aus dem Betreuungsgeld direkt in die Bewältigung der Krise zu investieren und Hürden in den Arbeitsmarkt – wie den Mindestlohn – für Flüchtlinge abzubauen. Zudem sollten die Anstrengungen von Zuwanderern, die sich integrieren wollen, von den Behörden bei Bleibeentscheidungen berücksichtigt werden.

Die Julis plädierten daher für ein Einwanderungsgesetz, um Wirtschaftsflüchtlingen legale Einreisemöglichkeiten zu verschaffen. „Offen, aber geordnet“, lautet das Prinzip. Europaweite Verteilungsquoten und ein größerer Schutz der EU-Außengrenzen gehören ebenfalls zur Programmatik, zeigen allerdings wenig Mut und Optimismus. Hier fordern die Liberalen jedoch das Einhalten der EU-Grundrechtecharta durch die europäische Grenzschutzagentur Frontex. Gleichzeitig wurde eine schärfere Vorgehensweise bei den Schengen-Visa gefordert und ein Stopp dieser Visa für registrierte Flüchtlinge empfohlen.

Das Thema Digitalisierung und innere Sicherheit war Inhalt des Leitantrags der Jungen Liberalen. Entsprechend stand der Kongress unter dem Titel „Mit Sicherheit frei“. Instrumente wie Vorratsdatenspeicherung und Online-Durchsuchungen sollen abgeschafft werden. Auch die Arbeit der Geheimdienste stößt den Julis auf. Man brauche „dringend mehr parlamentarische Kontrolle“, erklärte der Bundesvorsitzende Kuhle. Eine bessere Ausstattung des parlamentarischen Kontrollgremiums und die Schaffung eines Geheimdienstbeauftragten des Bundestages stehen daher auf der Wunschliste.

Das Thema Bürgerrechte wurde durch eine Online-Abstimmung der Basis in den Vordergrund gerückt. Nun wird es Aufgabe sein, die Beschlüsse des Bundeskongresses in die Mutterpartei zu tragen.

 
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