Die Texte umfassen die Zeit von 1900 bis 1950, also die letzten Jahre des Kaiserreichs, den Ersten Weltkrieg, die „Goldenen Zwanziger“, das Dritte Reich, den 16. März 1945 und die ersten Nachkriegsjahre.
Helmut Försch (Jahrgang 1928) beschreibt Kinderspiele im Stadtteil Grombühl: „Landnaustreiberles“, „Roxen“ (Fußball) sowie „Räuber und Schander“. Verletzungen kamen schon mal vor. Försch: „Die üblichen Abschürfungen und Schnitte konnte man ignorieren, das heilte rasch ab. Wenn es jedoch einmal tiefer ging und das Blut in Strömen floss, dann war man flugs im Lukra, wo schnell, sicher und ohne große Fisimatenten geholfen wurde. Wenn man dann mit einem dicken Verband nach Hause kam, war der Schreck der Mama nicht so groß, denn die aseptische Behandlung in der Klinik begann stets in der Badewanne. So blieb ihr der Anblick des schmutzstarrenden und blutverschmierten Wesens erspart, hinter dem sich ihr eigen Fleisch und Blut verbarg.“
Lehrer mit Rohrstock
Im Beitrag des 2007 gestorbenen Historikers Werner Dettelbacher geht es um Lehrer in der Schiller-Schule, die gern zum Rohrstock griffen und um die schwere Verwundung des 18-Jährigen im Oktober 1944, bei der er das linke Bein verlor. Werner Fuchs schildert in seinem Text „Wir Zellerauer Äpfelklauer“ Kriegsvorbereitungen im Stadtteil mit den vielen Kasernen, die Aufnahme ins „Jungvolk“, den Einsatz als 14-jähriger Luftschutzhelfer am 16. März 1945 im Keller des Alten Gymnasiums sowie Nachkriegs-Auftritte mit der Tanzkapelle „Casanova“ in der Dörfern der Umgebung.
Die 1927 geborene Ilse Schiborr tat Dienst als Funkerin im Bunker von NSDAP-Gauleiter Otto Hellmuth. Während die Würzburger hungerten, bogen sich die Tische des Gauleiters und seiner Paladine unter reichlichen Mahlzeiten. Albrecht Stock (Jahrgang 1928) veranschaulicht, ebenso wie zahlreiche andere Autoren, den Luftangriff des 16. März 1945 und die Wochen danach. Diese Zeit steht auch im Mittelpunkt der Tagebuch-Auszüge des 1936 geborenen Georg Götz, heute Vorsitzender des Main-Franken-Kreises, und der Aufzeichnungen von Martha Nüßlein.
Ausführlich beschreibt Friedrich Frech (geboren 1939) die Nachkriegsjahre. Um zusätzliche Lebensmittel zu besorgen, schwärmten ganze Familien aus, holten liegengebliebene Kartoffeln aus abgeernteten Feldern oder stahlen Zuckerrüben, die zerkleinert und tagelang zu einem braunen, süßlichen Sirup gekocht wurden. Weitere autobiographische Beiträge befassen sich mit dem Alltagsleben junger Soldaten, der illegalen katholischen Jugendarbeit in Heidingsfeld im Dritten Reich und dem künstlerischen Werdegang des Malers Joachim Schlotterbeck, der zeitweise bei Gertraud Rostosky auf dem Landgut „Neue Welt“ lebte.
Roland Flade (Herausgeber), Meine Jugend in Würzburg, 272 Seiten, Großformat, 155 Abb., 9,95 Euro