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Ochsenfurt
Mehr als nur Traditionspflege: Die Ochsenfurter Fischerzunft wird 600 Jahre alt
Auch heute noch nehmen die Ochsenfurter Fischer wichtige Aufgaben wahr. Der Schutz des Mains und seiner Fischbestände steht dabei im Vordergrund.
Auf der Nixe präsentiert Obermeister Karl-Heinz Grünsfelder gemeinsam mit seiner Tochter Nina die Zunftfahne der Ochsenfurter Fischer- und Schifferzunft. 
Foto: Uschi Merten | Auf der Nixe präsentiert Obermeister Karl-Heinz Grünsfelder gemeinsam mit seiner Tochter Nina die Zunftfahne der Ochsenfurter Fischer- und Schifferzunft. 
Uschi Merten
 |  aktualisiert: 16.07.2022 02:42 Uhr

In Bayern entstanden im 14. Jahrhundert Zusammenschlüsse von Handwerkern und Kaufleuten, die sogenannten Zünfte. Deren Mitglieder wollten ihre Geschäfte in die eigenen Hände nehmen, um Regeln für die Ausübung ihres Berufs aufzustellen und nicht vom Wohlwollen der Adeligen und Bischöfe abhängig zu sein. Zu den ältesten Zünften der Region gehört die Fischer- und Schifferzunft Ochsenfurt. In diesen Tagen feiert sie ihr 600. Jubiläum.

Die erste urkundliche Erwähnung findet sich im Jahr 1422. Für die Ernährung der Menschen spielten die Fischer eine bedeutende Rolle. Viele Fischer gab es damals am Main. Später nahm die Zunft auch die Schiffer und Sandschöpfer auf; nicht ohne Grund. Die meisten Fischer erwarben sich ein Zubrot, indem sie, wenn am Morgen der Fang eingeholt war, Sand und Kies vom Grund des Mains schöpften und als Baustoff verkauften.

Der Fischerberuf wurde über Generationen weitervererbt

Innerhalb der Zunft wurde auch die Ausbildung festgelegt. Nach einer Prüfung wurden die Lehrlinge zum Gesellen freigesprochen. Meist waren es die Söhne, die dem Beispiel ihrer Väter folgten, so dass das Handwerk und damit die Zugehörigkeit zur Zunft über viele Generationen weitervererbt wurde. Bis Anfang der 1970er Jahre gab es noch Fischer und Sandschöpfer, die von diesem Beruf lebten. Einer der letzten in Ochsenfurt war Georg Grünewald.

Aus Anlass eines Fischerstechen der Fischerzunft Ochsenfurt entstand diese Aufnahme im Jahr 1924.
Foto: Stadtarchiv Ochsenfurt | Aus Anlass eines Fischerstechen der Fischerzunft Ochsenfurt entstand diese Aufnahme im Jahr 1924.

Viele der Handwerkszünfte wurden im 19. Jahrhundert aufgelöst. Es entstanden Vereine, die die Tradition weiterführten. Die Ochsenfurter Fischerzunft hat den Wandel überlebt. Aktuell zählt sie 33 Mitglieder, von denen viele die Ausbildung zum Fischer absolviert haben. Von den Hobbyanglern unterscheidet sie, dass sie die alten Fangmethoden der Fischer weiterhin anwenden dürfen, also beispielsweise den Fischfang mit Netzen und Reußen.

Auch Karl-Heinz Grünsfelder, der heutige Obermeister der Ochsenfurter Zunft, entstammt einer traditionsreichen Fischer- und Schifferfamilie. Der Vater war zunächst Binnenschiffer, bevor er als Fischer und bei der Sand- und Kies-Arbeitsgemeinschaft arbeitete, die unter anderem den Baustoff für die Neue Mainbrücke lieferte. So ist Karl-Heinz Grünsfelder mit dem Beruf des Fischers aufgewachsen, hat die Ausbildung in der Zunft gemacht und wurde 1982 freigesprochen.

Die Fischer treffen sich noch heute regelmäßig zum gemeinsamen Fang

Wenngleich heute niemand mehr von der Fischerei leben muss, so treffen sich die Zunftmitglieder doch mehrmals im Jahr zum gemeinschaftlichen Fang. Wie früher üblich, fischen sie mit Reußen und bis zu 50 Meter langen sogenannten Stellnetzen. Die Ochsenfurter Fischerzunft repräsentiert aber auch die Stadt nach außen und tritt bei Veranstaltungen in anderen Städten auf. Auch beim Pfingstritt und den Fronleichnamsprozessionen sind die Fischer mit ihrer Zunftfahne nicht wegzudenken.

Doch die Fischer- und Schifferzunft nimmt auch andere Aufgaben wahr. Über eine Strecke von 22,2 Kilometer erstrecken sich ihre Fischrechte. Um in diesem Abschnitt des Mains die Rute auswerfen zu dürfen, brauchen Angler einen Erlaubnisschein, der von der Zunft ausgegeben wird. Voruassetzung dafür ist, dass die Angler ebenfalls die staatliche Fischerprüfung abgelegt haben. 

Georg Grünewald, hier in einer Aufnahme aus dem Jahr 1956, war einer der letzten hauptberuflichen Fischer und Sandschöpfer in Ochsenfurt
Foto: Stadtarchiv Ochsenfurt | Georg Grünewald, hier in einer Aufnahme aus dem Jahr 1956, war einer der letzten hauptberuflichen Fischer und Sandschöpfer in Ochsenfurt

Angeln ist noch immer ein beliebtes Hobby, sagt Karl-Heinz Grünsfelder, auch wenn dabei häufig nicht der Fischfang, sondern die Entspannung in der Natur im Vordergrund steht. Jedes Jahr gibt er rund 640 Erlaubnisscheine aus. Die Nachfrage sei so groß, dass es für 2023 bereits eine Warteliste gibt.

Artenschutz ist eine wichtige Aufgabe der Zunft

In Zusammenarbeit mit dem Fischereiverband Unterfranken kümmert sich die Zunft auch um den Fischbestand im Main. Jährlich werden Jungfische, die sich aufgrund der Umstände nicht mehr natürlich vermehren können, im Fluss ausgesetzt. Der Wert dieser Jungfische erreicht jedes Jahr einen fünfstellige Betrag. Auf diese Weise sorgen die Fischer nicht nur dafür, dass den Anglern ein ausreichender Bestand an Speisefischen zur Verfügung steht. Auch die Artenvielfalt spielt dabei eine Rolle und der Ausgleich für jene Fische, die in den Kraftwerksturbinen getötet werden oder ihren natürlichen Feinden, wie dem Kormoran, zum Opfer fallen. 

Das 600-jährige Bestehen der Ochsenfurter Fischer- und Schifferzunft wird am 10. Juli 2022 groß gefeiert. Um 10 Uhr findet der Fischer- und Schiffergottesdienst in der St. Andreas Kirche statt. Gemeinsam gehen die Zunftmitglieder mit ihren Ehrengästen anschließend zum Main, wo die Nixe auf sie wartet. Wo sonst als auf einem Schiff könnte man das Jubiläum angemessener feiern.

 
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