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WÜRZBURG
Max Sterns Fenster sind endgültig zurück
Der schlechte Ehemann trinkt ausgiebig, zockt mit den Saufkumpanen und kommt betrunken spät nachts nach Hause.
Foto: Thomas Obermeier | Der schlechte Ehemann trinkt ausgiebig, zockt mit den Saufkumpanen und kommt betrunken spät nachts nach Hause.
Karl-Georg Rötter
Karl-Georg Rötter
 |  aktualisiert: 03.12.2019 10:04 Uhr

Im Keller der Alten Universität hatte von 1912 bis 1938 der jüdische Weinhändler Max Stern sein riesiges Weindepot. Dort befanden sich auch zwei großformatige mehrteilige bemalte Glasfenster, auf denen die Bildergeschichte vom guten und vom schlechten Ehemann zu sehen ist. 1938 musste der erfolgreiche Weinhändler mit seiner Familie vor den Nationalsozialisten in die USA emigrieren. Nachdem er Würzburg verlassen hatte, verschwanden die beiden Glasbilder aus dem Keller und ihre Spur verlor sich.

In Würzburg machte sich vor allem Helmut Försch von der Geschichtswerkstatt auf Spurensuche nach den verschollenen Fenstern. Einen wichtigen Hinweis erhielt er im Jahr 2014 von der Tochter des Kellermeisters, der den Stern-Weinkeller weiterführte. Sie fand im Nachlass ihres Vaters einige Farbdias von den beiden Bildern.

Nicht ganz am Originalplatz

Bereits zwei Jahre vorher waren zwei Töchter von Max Stern zu Besuch in Würzburg, als der damalige Oberbürgermeister Georg Rosenthal ehemalige jüdische Würzburger Bürger eingeladen hatte. Dabei besuchten sie auch den ehemaligen Weinkeller ihres Vaters und erinnerten sich dabei an die Glasbilder. Dabei setzte sich Juraprofessor Eric Hilgendorf, gleichzeitig Vorsitzender des Juristen-Alumni e.V. dafür ein, im ehemaligen Stern-Weinkeller eine Cafeteria einzurichten und diese „Max-Stern-Keller“ zu nennen.

Wenig später meldete sich bei Helmut Försch ein Schreiner, der mitteilte, dass er zusammen mit seinem Vater in den 1970er-Jahren die Bilder im Keller ausgebaut habe, die nun auf seinem Dachboden lagerten. Auch Eric Hilgendorf schaltete sich ein und schließlich erklärte sich der Schreiner Ende 2016 bereit, die Fenster den Juristen-Alumni zu spenden. Inzwischen haben die Juristen-Alumni die Fenster bei der Würzburger Firma Rothkegel restaurieren lassen und ließen sie anschließend im Stern-Keller montieren. Dort hängen sie mit einer Hintergrundbeleuchtung versehen nun wieder – zwar nicht am Originalplatz von früher, aber immerhin im ehemaligen Weinkeller, wo auch eine Vitrine mit einigen Exponaten an den Weinhändler Max Stern erinnert.

Beide Bilder im Originalrahmen

Jetzt lassen sich die beiden Bildergeschichten des guten und des schlechten Ehemannes in ihrer ganzen Farbenprächtigkeit wieder erleben. Der schlechte zeichnet sich dadurch aus, dass er mit seinen Kumpanen zecht, sich dem Kartenspiel hingibt, fremden Frauen nachstellt und spät nachts betrunken nach Hause kommt. Schließlich bekommt er den Schlüssel nicht in die Tür, hinter der seine Gemahlin einsam und weinend im Ehebett sitzt.

Ganz anders verhält es sich mit dem guten Ehegatten: Er hält seiner Frau die Wolle, die diese zum Stricken braucht. Und er macht sich brav auf den Heimweg, während seine Saufkumpanen fröhlich weiter zechen. Daheim angekommen wird er dadurch belohnt, dass er von der großen Schar seiner Kinder freundlich begrüßt wird.

25 000 Euro kostete die Restaurierung der zwei Glasbilder, die die Juristen-Alumni durch Spenden und eigene Mittel finanzierten. 10 000 Euro steuerte allein die Berliner Schulze-Fielitz-Stiftung bei, berichtet Eric Hilgendorf. Die beiden Fenster befinden sich nach wie vor in ihren Originalrahmen, zum Schutz wurde vor den Bildern eine Plexiglas-Platte angebracht. Schwierig gestaltete sich die Montage in dem alten Gemäuer, aber dank der Unterstützung durch das staatliche Bauamt sei auch dies gelungen.

Inzwischen, so Hilgendorf, habe er bei einem USA-Aufenthalt Max Sterns einziger noch lebenden Tochter Ursula Fotos von den neu aufgehängten Bildern überbracht. Sie sei der letzte noch lebende Mensch, der die Bilder an ihrem Original-Platz im Weinkeller gesehen habe. Sie sei sehr gerührt gewesen, als sie die Bilder gesehen habe, berichtet der Jurist.

Ende November soll nun eine kleine Feier im Stern-Keller stattfinden, zu der die Stern-Nachkommen der Enkel-Generation nach Würzburg kommen wollen. Ursula Stern kann die Reise aus Altersgründen leider nicht antreten.

Der gute Ehemann verlässt das Wirtshaus frühzeitig, während seine Kumpanen ausgiebig dem Weingenuss frönen.
Foto: Thomas Obermeier | Der gute Ehemann verlässt das Wirtshaus frühzeitig, während seine Kumpanen ausgiebig dem Weingenuss frönen.
Die beiden Glasfenster des jüdischen Weinhändlers Max Stern sind wieder zurück im ehemaligen Weinkeller unter der Alten Universität, der heute von Jurastudierenden als Cafeteria genutzt wird. Sie erzählen die Geschichte vom guten und vom schlechten Ehemann.
Foto: Thomas Obermeier | Die beiden Glasfenster des jüdischen Weinhändlers Max Stern sind wieder zurück im ehemaligen Weinkeller unter der Alten Universität, der heute von Jurastudierenden als Cafeteria genutzt wird.
 
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