
Obwohl es eine große Anzahl hervorragender Kunstwerke beherbergt, fristet das Martin-von-Wagner-Museum der Universität im Südflügel der Residenz in der Würzburger Museumslandschaft eher ein Schattendasein. Gleichwohl gilt es als eines der bedeutend-sten Universitätsmuseen in Europa. Jetzt hat das Museum eine anspruchs- und wertvolle Sammlung antiker griechischer Münzen erhalten, mit der es, so urteilt ein Fachmagazin, „in der Numismatik vorne mitspielt“. Wenn diese Kollektion in etwa zwei Jahren ausgestellt wird, soll sie zusätzliche Besucher in das Museum locken, das bislang vor allem wegen seiner antiken Keramiken und Skulpturen sowie seiner Gemäldegalerie frequentiert wird.
Es ist ein eher unscheinbares und schmuckloses Holzkästchen mit mehreren flachen Schubladen, das Jochen Griesbach, der Direktor der Antikensammlung des Museums, auf den Tisch stellt. Doch sein Inhalt ist etwa drei Millionen Euro wert. Es sind rund 400 antike griechische Münzen aus dem fünften und sechsten Jahrhundert vor Christus – oft nicht viel größer als eine aktuelle Ein-Cent-Münze.
Stiftung ans Martin-von-Wagner-Museum
Im vergangenen Jahr hat der Würzburger Unternehmer Herbert Wellhöfer diese Sammlung, die er in den letzten 25 Jahren zusammengetragen hat, dem Museum überlassen. Unter der Bedingung, dass sie möglichst bald auch für Öffentlichkeit und Forschung zugänglich gemacht wird.
„Für uns sind der Unternehmer Wellhöfer und seine Münzsammlung wie ein Sechser im Lotto“, sagt Museumsdirektor Griesbach. Man arbeite daran, die Münzen in die Dauerausstellung zu integrieren. Mitte des Jahres 2019 könnte die Präsentation fertig sein, hofft Griesbach, der Wellhöfer auch dafür dankbar ist, dass dieser die Kosten in Höhe von 200 000 Euro für neue Ausstellungsvitrinen, moderne Museumstechnik und wissenschaftliches Personal übernommen hat.
Spezialvitrinen für die Besucher
Heutzutage könne man Münzen nicht mehr einfach in Vitrinen legen, über die sich der Besucher beugen muss, wenn er sie betrachten möchte, erklärt Griesbach. Stattdessen benötige man senkrecht stehende Vitrinen mit Lupensystemen, an denen der Betrachter selbst entscheidet, was er genauer unter die Lupe nehmen möchte. Unverzichtbar seien außerdem Bildschirme, an denen Informationen über die einzelnen Exponate abgerufen werden könnten.
Doch zunächst wird im Wagner-Museum daran gearbeitet, die Münzkollektion im Internet zugänglich zu machen. Hierfür werden alle Einzelstücke fotografiert und erläuternde Texte dazu verfasst, erklärt Griesbach: „So können wir sichtbar machen, was sonst annähernd unsichtbar ist“. Ab 2018 soll die Sammlung im Internet abrufbar sein.
Herbert Wellhöfer - ein Sammler aus Passion
Ein Sammler ist der Unternehmer Herbert Wellhöfer schon immer gewesen. Bevor er mit den antiken Münzen begann, sammelte er bereits afrikanische Kunst, er besitzt eine Bestecksammlung, die den Zeitraum vom alten Rom bis zum 19. Jahrhundert abdeckt, und er trug Grafik aus dem 19. Jahrhundert zusammen. Nachdem er zunächst Medaillen gesammelt hatte, stieß er auf die antiken Münzen.
Die erste, die er erwarb, war eine Münze mit einem Pferdemotiv aus Tarent. „So kam schließlich eins zum anderen“, erzählt er lachend. Ein Komplettist war er als Sammler nicht, sagt er von sich, vielmehr waren es die auf den Münzen abgebildeten Motive, die ihn reizten und in den Bann zogen. Porträts von Menschen, Tierabbildungen, Pflanzen oder grafische Motive – seine Sammlung ist zum Anschauen und Staunen.
Beeindruckend sind die filigranen und exakten Darstellungen auf vielen Münzen, die zwischen dem sechsten und dem vierten Jahrhundert vor Christus entstanden sind.
Spezialgebiet mit Unikaten
Und doch gibt es in der Wellhöfer-Sammlung einen Komplex, der weltweit einmalig sein dürfte. Es sind die Münzen aus Thessalien, einer historischen Landschaft im Norden Griechenlands, auf denen Nymphen abgebildet sind. „Da bin ich wirklich gezielt vorgegangen“, berichtet Wellhöfer und hält diesen Teil der Sammlung für „ziemlich komplett“. Einige der Münzen sind sogar die einzig erhaltenen ihrer Art. Die allermeisten befanden sich vorher in anderen Sammlungen und Wellhöfer erwarb sie bei Auktionen oder über Tipps und Hinweise von anderen Experten. Bei archäologischen Ausgrabungen hingegen werde heute kaum noch etwas Besonderes zutage gefördert.
Münzen erzählen Geschichte(n)
Auch wenn es sich bei den Abbildungen auf den Münzen auf den ersten Blick „nur“ um Bilder handelt, lassen sich daraus häufig interessante historische Schlüsse ziehen. So kann beispielsweise die Abbildung einer Pflanze auf einer Münze aus einer bestimmten Region einen Hinweis darauf geben, dass dort diese Pflanze ein wichtiges Handelsgut war und für Wohlstand der Bewohner sorgte. So wurden die Münzen zu einer Art Massenkommunikationsmittel, mit dem in Bildform Informationen weitergetragen werden konnten.
Wenn eine Stadt oder ein Staat eine Silber- oder gar Goldmünze prägen ließ, dokumentierte sie damit schon wegen des hohen Materialwerts einen gewissen Reichtum. Auch die heute noch benutzte Redensart „Eulen nach Athen tragen“ hat mit den alten griechischen Münzen zu tun, erklärt Jochen Griesbach. Der Spruch stammt ursprünglich aus der um 400 v. Chr. entstandenen Komödie „Die Vögel“ von Aristophanes. Die Eule, die als Nachtvogel Dinge sehen konnte, die anderen verborgen blieben, galt deshalb als Symbol für Weisheit und damit auch für Athene, die Schutzgöttin Athens.
Kein Wunder, dass die Athener auf ihre Münzen das Bild der Eule prägen ließen. Das gab einen Hinweis auf die Herkunft. Bald übernahmen auch andere Stadtstaaten, die eigene Münzen prägen ließen, das Motiv, man könnte sagen sie kupferten es ab. Da es in Athen Eulen-Münzen im Überfluss gab, war es also aus Sicht der Athener völlig unnötig, weitere derartige Münzen dorthin zu bringen.
In der ersten Bundesliga der Numismatik
Diese und andere Geschichten können künftig im Martin-von-Wagner-Museum nachvollzogen werden, weil der Sammler Wellhöfer die Auffassung vertritt, dass die Münzen nicht in einem düsteren Schränkchen versteckt bleiben dürften. Bleibt zu hoffen, dass die künftigen Besucher dies würdigen und erkennen, dass das Museum „numismatisch von der Kreisliga in die erste Bundesliga katapultiert worden ist“, wie das Online-Portal „Münzenwoche“ festgestellt hat.
Weitere wichtige Museen in Würzburg
Museum für Franken (Mainfränkisches Museum) auf der Festung Marienberg mit der weltgrößten Riemenschneider-Sammlung.
www.mainfraenkisches-museum.de
Residenz mit Hofgarten: Im Treppenhaus befindet sich das größte Deckengemälde der Welt von Giovanni Battista Tiepolo.
Museum im Kulturspeicher: Konkrete Kunst in Europa nach 1945 und Städtische Sammlung, Oskar-Laredo-Platz 1, www.kulturspeicher.de
Museum am Dom: Kunst vom 10. bis zum 21. Jahrhundert, www.museum-am-dom-de
Domschatz: 1000 Jahre Geschichte der Würzburger Kathedrale im Kiliansdom.
www.domschatz.bistum-wuerzburg.de
Siebold-Museum: Leben und Werk des Würzburger Japanologen Philipp Franz von Siebold,
Frankfurter Straße 87
Röntgen-Gedächtnisstätte: Das Labor, in dem 1895 die Röntgenstrahlen entdeckt wurden. Röntgenring 1. www.wilhelmconradroentgen.de
Jüdisches Museum Shalom Europa: Jüdisches Leben in Würzburg und Unterfranken, Valentin-Becker-Straße 11, www.shalomeuropa.de














