Regelmäßig tritt der Shantychor Würzburg auf Kreuzfahrtschiffen auf, die in Würzburg fest machen. Kurz vor seinem 40-jährigen Jubiläum stimmte er sich auf dem Kreuzfahrtschiff „Elegant Lady“ auf die Feier am Samstag, 8. Oktober, ein.
Der Panoramasalon ist bis auf wenige Plätze besetzt, fast das ganze Schiff ist erschienen. Die Ankündigung des Programms lautet: „ Heute präsentieren wir Ihnen den Shantychor der Marinekameradschaft Admiral Scheer.“ Was folgt, ist eine kurzweilige Show, in der 26 Männer im Alter von 36 bis 90 Jahren aus voller Brust Seemannslieder singen.
Während Moderator Manfred Kirst in norddeutschem Dialekt mit dem Publikum witzelt, reißen Klassiker wie „Hamborger Veermaster“ oder „Banana boat“ die Zuschauer mit. Aber auch selbst geschriebene Songs gehen den Hörern schnell ins Ohr und so wird nach der zweiten Strophe schon fleißig der Refrain mitgeträllert.
Showeinlagen wie der „Drunken sailor“, der durch den Raum torkelt und die Gäste abklatscht, sorgen für eine lockere Atmosphäre. „Nur wenn man für sich selbst mit Spaß singt, kann man das auch ans Publikum weitergeben“, weiß Kirst. Und so ist es nicht verwunderlich, dass die Zuschauer zwei Zugaben fordern.
Echte Kameradschaft
Die Würzburger Marinekameradschaft Admiral Scheer hat 80 Mitglieder und ist stolz, weitere zehn Jugendliche zu ihrem Nachwuchs zählen zu können. 28 Kameraden treffen sich jeden Montagabend zur Probe und bilden zusammen den Shantychor des Vereins. Die Sänger kommen für den Chor teilweise aus 40 Kilometern Entfernung angereist. Das jüngste Mitglied hatte einen etwas weiteren Weg, es stammt aus dem Iran. „Ein Seemann kennt keine Grenzen“, sagt Chorleiter Harald Götzelmann und ist stolz, den 36-jährigen Iraner unter seinen Kameraden zu wissen.
Gegründet wurde der Shantychor 1976 zuerst als Freizeitvergnügen. Heute tritt er zwanzig bis dreißig Mal im Jahr auf und hat sein Repertoire von 40 auf 140 Lieder erweitert. Harald Götzelmann ist Gründungsmitglied und leitete den Chor bis 1982. Nach einer 28-jährigen Pause, kehrte er 2010 als Chorleiter zurück und sah sich vor eine große Aufgabe gestellt.
Über die Jahre waren die Sänger eingestaubt, das steife Absingen von Shantys für die Zeit nicht mehr angemessen. „Wir müssen eine Showtruppe werden“, lautete Götzelmanns Vorschlag, denn die Begeisterung am Singen sei wichtiger als genau den Ton zu treffen.
Freie Bewegungen und Publikumsnähe wurden zur obersten Priorität und so ist der Chor heute häufiger gebucht, als je zuvor. „Wer nicht mit der Zeit geht, geht mit der Zeit“, weiß Götzelmann und auch der Vorsitzende des Vereins, Jürgen Fuchs, ist stolz: „Uns gibt?s noch und wir sind auf dem aufsteigenden Ast.“
Lange Tradition
Der Shantychor hat seine Wurzeln im alten Kaiserreich. Um seine Macht auszubauen, verpflichtete Kaiser Wilhelm II. Marinesoldaten aus allen Ecken Deutschlands. Um ihre Sonderstellung nach der Rückkehr in die Heimat zu untermauern, gründeten die Soldaten Marinevereine. Sie benannten sich nach ihren Kommandeuren und so erinnert der Würzburger Shantychor heute noch an Admiral Scheer.
Nach dem Ersten Weltkrieg wurden die Vereine kurzzeitig verboten, woraufhin sie im Dritten Reich darauf bedacht waren, sich von der Politik abzugrenzen. Die Würzburger Marineleute näherten sich zu dieser Zeit den Rudervereinen der Stadt an und orientierten sich nach dem Zweiten Weltkrieg neu. Man traf sich monatlich in Gaststätten und organisierte jährliche Bälle.
Als schließlich der Deutsche Marinebund aus den Reservistenverbänden austrat, beschloss auch der Würzburger Verein sich neue Ziele zu suchen: 1976 entstand auf einem Faschingsball die Idee einen Shantychor zu gründen. Zwölf Männer beschlossen gemeinsam Seemannslieder zu singen.
Am Samstag werden nun die verbliebenen Gründungsmitglieder durch den Vereinsvorsitzenden Jürgen Fuchs, Landtagspräsidentin Barbara Stamm und Bürgermeisterin Marion Schäfer-Blake geehrt. Das 40-jährige Jubiläum beginnt um 13 Uhr mit einem Standkonzert in der Eichhornstraße und endet mit dem Auftritt verschiedener Gastchöre. Eine Jubiläumsfeier im Felix-Fechenbach-Haus schließt sich an.