Viele Würzburger kennen Mara Michel noch als Stadträtin, Vorstandsmitglied des Stadtmarketings „Würzburg macht Spaß“ und als Inhaberin eines Modegeschäftes. Heute ist sie mit ihrer Agentur „futurize“ auf der Suche nach aktuellen Trends, berät internationale Firmen und setzt sich für mehr Ansehen der Designbranche in Deutschland ein.
Das Bundeswirtschaftsministerium zählt zur Designwirtschaft 57 000 Unternehmen mit über 140 000 Beschäftigten und einem deutschlandweiten Umsatz von 18,7 Milliarden Euro. Somit sind Designer zu sehr wichtigen Wirtschaftskräften avanciert. Mittendrin eine Würzburgerin: Mara Michel. Sie gehört nicht nur selbst zu dieser Berufsgruppe, sondern kämpft als Geschäftsführerin des Netzwerks Deutscher Mode- und Textil-Designer für mehr Anerkennung der Designerinnen und Designer.
Hell ist es im Wintergarten von Mara Michels Trendagentur „futurize“ in der Würzburger Semmelstraße. Man spürt förmlich, wie sich das Licht positiv auf die Kreativität auswirkt. Sie erzählt über ihre Vergangenheit und wie wichtig ihr das Thema Design im Leben ist.
Leidenschaftlicher Einsatz für „Würzburg macht Spaß“
Über 20 Jahre hat die Modedesignerin im Vorstand des Stadtmarketings „Würzburg macht Spaß“ gearbeitet. Von 1988 bis 2006 war sie die 1. Vorstandsvorsitzende des Vereins. Im Jahr 2004 wurde Michel dann per Vorstandsbeschluss zum geschäftsführenden Vorstandsmitglied bestellt und somit mit geschäftsführenden Aufgaben betraut. Zusätzlich wurde sie für ihren leidenschaftlichen Einsatz als Ehrenmitglied ausgezeichnet. „Mein Ziel bei ,Würzburg macht Spaß' war zu erreichen, dass der Endkunde vom Angebot der Einzelhändler begeistert war“, so Michel. So hat sie durchgesetzt, dass unter anderem Straßencafé-Flair in die Würzburger Semmelstraße kam, themenbezogene Stadtfeste oder die Nacht der Mode in Würzburg Einzug erhielten.
Zur weiteren Umsetzung ihrer Ziele kam 2002 die Arbeit als Stadträtin hinzu. Nach sechs Jahren Amtszeit für die FDP trat sie allerdings im Herbst 2006 aufgrund zwischenmenschlicher Differenzen aus der Partei aus und ließ sich 2008 kein zweites Mal auf die Liste setzen.
Kontakte zur Bundespolitik vertieft
Risiken hat Michel nie gescheut. Parallel zu „Würzburg macht Spaß“ vertiefte sie als Präsidentin des Berufsverbandes Deutscher Designerinnen und Designer für Mode, Textil und Interieur, kurz VDMD, die Kontakte zur Bundespolitik. Ihr Ziel: die Rahmenbedingungen für alle Designerinnen und Designer verbessern. Hinzu kamen immer mehr Kunden aus der Industrie auf Mara Michel zu, mit dem Auftrag, zu designen und zu beraten. Diese Ausnahmesituation der immer öfter anfallenden Auslandsreisen und Beratungen führten zur vielleicht wichtigsten Entscheidung ihres Berufslebens. Entweder weiterhin die Geschäftsführung von „Würzburg macht Spaß“ und das eigene Ladengeschäft, oder eine verstärkte bundespolitische Arbeit für den VDMD, verbunden mit Beratung und Design. Diese Entscheidung fällte sie gemeinsam mit Ehemann und Galerist Gerd Michel, Sohn Daniel und den beiden Töchtern Sara und Lilith. Also legte sie 2006 das Amt für „Würzburg macht Spaß“ nieder und schloss ihr Ladengeschäft.
Sie übernahm die Geschäftsführung des VDMD und leitet dort seitdem das sogenannte TrendResearchTeam, das unter anderem saisonale Farbkarten und Trendbücher herausbringt sowie Vorträge auf Messen, an Mode- und Textilschulen und in Industrie und Handel hält. Außerdem gründete sie ihre eigene Trendagentur „futurize“ und schreibt als Fachjournalistin für verschiedene Magazine. Rund achtmal pro Monat ist die Geschäftsfrau heute für Kundenberatungen in anderen Städten unterwegs, davon mindestens einmal geschäftlich in Berlin.
Designer-Netzwerk ist 30 Jahre alt
Heute zeigt sich Mara Michel mehr als glücklich mit ihrer Entscheidung. „Mit der Arbeit beim VDMD haben wir es ermöglicht, das Thema Design in der Politik voranzutreiben“, sagt sie. Gemeinsam mit ihrer Assistentin Regine Blättler und dem Social-Media-Beauftragten Gerd Ritzau sitzt Michel in der Geschäftsstelle in Würzburg. 2015 feierte das 1985 gegründete Netzwerk sein 30-jähriges Bestehen.
Die Kultur- und Kreativwirtschaft liegt mit einer Bruttowertschöpfung von rund 65 Milliarden Euro nach der Automobilindustrie, Maschinenbau und Finanzdienstleistungen auf Platz 4 der wichtigsten Wirtschaftskräfte. Damit stehen Designleistungen noch vor Energiewirtschaft und Chemieindustrie. Deshalb appelliert Michel heute mehr denn je an die unternehmerische Kompetenz ihrer Zunft. Mit Networking und verschiedenen Schulungen versucht sie gemeinsam mit dem VDMD diese Kompetenzen zu stärken.
Michel: „Wir fördern Kontakte und Kooperationen.“
Ein wichtiges Ziel des Verbandes sei, dem Berufsstand und dem kreativen Potenzial seiner Mitglieder mehr Anerkennung in Medien, Politik und Öffentlichkeit zu schaffen und damit die kreative Kompetenz der ganzen Branche zu stärken. „Wir fördern Kontakte und Kooperationen zu Ministerien, Wirtschaft, Kultur und Politik und fungieren als Ansprechpartner für Ausbildungsstätten, Design-Zentren und designinteressierten Institutionen. Der VDMD versteht sich auch als eine Art Mittler zwischen den Designern und der Industrie.“
Mara Michel ist es ein persönliches Anliegen, der Mode einen neuen Stellenwert in Deutschland zu geben. „Bisher hat Mode in Deutschland einen eher funktionalen Charakter. Nicht von ungefähr spricht man von Bekleidungsindustrie und nicht von Mode“, so die Designerin. Doch hierfür fehle die Innovationsbereitschaft, die mehr schafft, als nur Funktion. Michel spricht von Ästhetik und Individualität, Mode als Ausdruck der zweiten Haut, die die Codes der Träger und Trägerinnen vermittelt und Begegnungen zu einem spannenden Kennenlernen des Menschen werden lassen.
In ihrer Trendagentur „futurize“ berät sie deshalb zusätzlich nationale und internationale Kunden aus Industrie und Handel in den Bereichen Interieur, Textil, Fashion, Accessoires, Kosmetik und Konsumgüter. Kollektionen werden analysiert und optimiert, Zielgruppen-Konzepte entwickelt, Käuferanalysen erstellt. „Trend kann man nicht erfinden. Er ist da und spiegelt Veränderungen, Gefühle, Einstellungen und Denkweisen unserer Gesellschaft“, so Michel.