Früh nach dem Aufstehen, mit 2,6 Promille im Blut, hat eine Krankenschwester (46) ihrem Ehemann ohne Vorwarnung ein Küchenmesser in den Bauch gestoßen. Das Schwurgericht verurteilte die Frau nach fünf Verhandlungstagen wegen gefährlicher Körperverletzung zu einer Freiheitsstrafe von drei Jahren und sechs Monaten. Es berücksichtige dabei eine alkoholbedingt verminderte Steuerungsfähigkeit.
Opfer verständigte den Rettungsdienst
Auf ein Geständnis warteten die Richter allerdings vergebens: Sie sei es nicht gewesen, sagte die Angeklagte. Der Ehemann (54) habe selbst zugestochen, um ihr was „anzuhängen“ und sie ins Gefängnis zu bringen. Das glaubte ihr das Gericht jedoch nicht. Nach der Tat soll die Frau auf Russisch „Das war‘s dann“ gesagt, das blutige Küchenmesser abgewaschen und dem Ehemann Verbandsmaterial gegeben haben. Das sagte das Opfer im Zeugenstand. Dann habe sie ihn, wie in guten Zeiten, „Mein Sonnenschein“ genannt, gestreichelt und gefragt, was denn überhaupt passiert sei. Er selbst hatte anschließend den Rettungsdienst verständigt.
Alkohol machte die Frau aggressiv
„Wollen Sie die Narbe, die mit 24 Stichen genäht wurde, sehen?“, fragte der Zeuge die Richter. Sie verzichteten unter Hinweis auf Bilder in den Akten. Dafür schauten sie sich eine andere Narbe an, auf dem Kopf des Zeugen, eine „Erinnerung“ an einen Schlag seiner Frau mit einer vollen Flasche. Bei anderer Gelegenheit habe ihm seine Frau, „die unter Alkohol auch oft gebissen hat“, eine Rippe gebrochen.
Das Schwurgericht ging von einer Spontan-Tat aus und nahm nicht an, dass die Frau, wie ursprünglich angeklagt, ihren Ehemann töten wollte. Die Verletzungen seien zwar nicht konkret lebensgefährlich gewesen, hätten es aber leicht werden können. Der Verlauf des Stichkanals belege eindeutig, so ein Rechtsmediziner, dass das Opfer nicht zugleich der Täter sein kann. Das Verletzungsmuster passe nicht zu einem Rechtshänder.
Kinderlosigkeit war ständiges Streitthema
Kennengelernt hatten sich die Eheleute in der Ukraine: Es sei, sagte der Ehemann als Zeuge, lange Zeit eine schöne Beziehung gewesen, bis die Frau vor fünf oder sechs Jahren ihren Alkoholkonsum zunehmend erhöhte. Wenn sie betrunken war, habe sie wegen Kleinigkeiten Streit angefangen, ihn angegriffen, sich aus Wut die Kleider vom Leib gerissen und die Wohnung demoliert.
Auch vor der Tat gab es wieder Streit, bis drei Uhr früh. Am Morgen habe er nur gefragt, wann dieses ständige Gezanke ein Ende habe, da habe die Frau gleich zugestochen. Anlass für heftige Auseinandersetzungen soll – so die Angeklagte – unter anderem die Kinderlosigkeit des Ehepaares trotz mehrfacher künstlicher Befruchtung gewesen sein. Ihr Mann habe immer wieder angedroht, so die Angeklagte, sich deswegen scheiden zu lassen. Das hatte der Zeuge bestritten. Er habe seiner Frau die Tat inzwischen verziehen, aber eine Fortsetzung der Ehe, wie die Angeklagte es sich wünscht, komme für ihn nicht infrage.
Angeklagte soll in Suchtklinik
Neben der Freiheitsstrafe wurde Unterbringung in einer Entziehungsklinik angeordnet. Das Gericht nannte es „einen Versuch wert“, der Angeklagten ihre Alkoholsucht bewusst zu machen. Wenn sie eine Therapie erfolgreich beendet, so der Vorsitzende Richter Claus Barthel, müsse sie nicht mehr zurück in die Justizvollzugsanstalt.