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WÜRZBURG
Malen als Erholung und Theraphie
Mit Farbpalette und Pinsel ausgestattet malt Antje Harks an ihrem aktuellen Bild – das Motiv: der Himmel und die Wolken.
Foto: Thomas Feiler | Mit Farbpalette und Pinsel ausgestattet malt Antje Harks an ihrem aktuellen Bild – das Motiv: der Himmel und die Wolken.
Von unserem Mitarbeiter Thomas Feiler
 |  aktualisiert: 27.04.2023 02:13 Uhr

Ihre Lieblingsfarbe war schon immer Blau. Und immer schon war Blau die Farbe, die nachgefüllt werden musste. Malen – das ist die große Leidenschaft der gebürtigen Düsseldorferin Antje Harks (49), die in Würzburg wohnt. „Es ist immer in einem drin“, beschreibt sie ihr Verhältnis zur Malerei.

Ihre Leidenschaft lebt sie auf verschiedene Weisen aus: mit ihren Malkursen, ehrenamtlich bei Projekten für Kinder, die nach Deutschland geflohen sind, und an Schulen. Das Malen hat sich Harks selbst beigebracht.

Die Kurse hält sie in ihrem Atelier im Frauenland. Dort stehen Holzplatten – mit roten, gelben und orangefarbenen Strichen von Malsitzungen – an den Wänden. An die Platten wird das Papier oder die Pappe – je nachdem, auf was die Kursteilnehmer am liebsten malen wollen – gepinnt. Dadurch malen die Kursteilnehmer im Stehen – das ist nach Harks die beste Methode um zu malen, denn dann entstehe beim malen der beste Körperfluss. Natürlich können die Kursteilnehmer auch im Sitzen malen – sie können aber auch in Harks Garten gehen und dort malen.

Das Malen selbst ist das Wichtige.

Bei den Kursen berät Harks die Teilnehmer – mehr aber nicht. Das macht sie bewusst so, denn die Leute sollen einfach das malen, was sie wollen. Das entspricht der Idee des deutsch-französischen Kunstpädagogen Arno Stern, der die Idee des Malortes, an der sich Harks orientiert, entwickelt hat. Beim Malort-Konzept gibt es keinen Druck, etwas Perfektes zu schaffen – das Malen selbst ist das Wichtige. Es wird zusammen mit anderen gemalt, die nicht beobachten oder werten, sondern Malgefährten sind. Außerdem ist ein Berater dabei, der kein Vorbild sein soll, sondern bei Bedarf hilft. Das ist Harks' Aufgabe in ihren Kursen.

Zu denen kommen die meisten, weil sie von ihrem Beruf abschalten wollen. Dabei hat Harks bemerkt, dass das Abschalten vom Berufsdenken bei Frauen, die zu etwa 80 Prozent die Mehrheit der Kursteilnehmer bilden, besser klappt als bei Männern.

Um völlig zur Ruhe zu kommen und abzuschalten, bietet sich wieder das Malen im Stehen an. Dabei verlaufen die Farben so, dass man im Voraus planen muss, wo man den Pinsel ansetzt, wo das das Blau auf das Gelb stoßen soll, damit an der richtigen Stelle das richtige Grün entsteht. Dann heißt es: warten und die Farben und den Stress von der Arbeit mal laufen lassen – generell: einfach loslassen.

„Es geht darum, den Zauber am Lernen zu vermitteln.“

Harks arbeitet aber nicht nur mit Erwachsenen, sondern auch mit Schulkindern und Kindern, die aus verschiedenen Ländern nach Deutschland geflohen sind – unter anderem aus Syrien, Afghanistan, Ukraine und Russland. Dabei arbeitet sie nach dem LTTA-Konzept – das steht für Learning Through The Art, auf Deutsch: Lernen durch Kunst. Oder in Harks' Worten: „Es geht darum, den Zauber am Lernen zu vermitteln.“ Lerninhalte aus dem Schulunterricht werden künstlerisch umgesetzt.

So lernen die Kinder, die auf der Flucht waren, durch das Malen deutsche Vokabeln und sich auszudrücken. Sich ausdrücken, sich austauschen – das ist das Ziel dieser Klassen. Und es klappt: Trotz der Sprachbarrieren kommen die Kinder miteinander ins Gespräch über Themen wie Toleranz, Religion, Respekt und Familie – dafür sorgen auch die offene Atmosphäre und die gegenseitige Wertschätzung.

„Malen ist nicht nur malen“, sagt Harks: Man finde Kontakt zu sich selbst und sammele Erfahrungen. Solche Erfahrung können die Kinder sammeln, indem sie Fragen wie „Wer bin ich?“ oder „Was ist mir wichtig?“ malerisch beantworten. Diese besonderen Malsitzungen hält Harks auch in regulären Klassen mit Kindern bis zur sechsten Jahrgangsstufe. Dabei webt sie den jeweiligen Inhalt aus dem normalen Unterricht in ihre LTTA-Klassen ein. So interpretieren die Schüler zum Beispiel ein Gedicht, indem sie es zunächst einmal Vers für Vers malen – oder aber sie malen den Müllkreislauf und seine verschiedenen Stationen für die jeweiligen Abfallarten in Gruppen.

Kinder lernen nachhaltiger.

„Durch malen wird die Motivation der Kinder größer“, sagt Harks. Kinder lernen nachhaltiger, wenn malen mit im Spiel ist, sagt sie. Harks hofft, dass LTTA weiterentwickelt und auch an anderen Schulen verbreitet wird.

Ihr drittes Standbein: Das Projekt „Brücke“. An der Hugo-von-Trimberg-Schule in Niederwerrn hat sie Malkurse für junge Asylbewerber in Übergangsklassen geleitet. Auch hier sollen die Kinder lernen, sich durch das Malen auszudrücken. Die Bilder der Kinder: einerseits die heile Welt – andererseits weinende Herzen, Pistolen, aus denen Blut tropft. Dabei wird Harks klar, wie traumatisiert manche der Kinder sind – bei manchen ist es so schlimm, dass sie einfach nicht malen können. In solchen Fällen fragt Harks die Kinder, was los ist – aber nie drängt sie die Kinder dazu zu malen. Wenn ein Kind nicht malen will, malt es diesmal eben nicht. Da will Harks keinen Druck aufbauen.

„Deutschland hat wunderschöne Wolkenl“.

Nebenher stellt sie in Arztpraxen aus und verkauft Gemälde. 2012 hat sie ihre Arbeiten auf dem Kunstfest Artbreit in Marktbreit gezeigt. Das will sie auch wieder bald machen. Außerdem malt sie nach Aufträgen – da kann es dann schon vorkommen, dass sie den Grand Canyon für das Wohnzimmer eines Kunden malt.

Zur Zeit sind Wolken ihr Lieblingsmotiv. „Deutschland hat wunderschöne Wolken und Himmel“, schwärmt sie. So schöne finde sie in Italien oder Frankreich nicht. Manchmal, wenn sie unterwegs ist und einen perfekten Himmel sieht, macht sie ein Foto davon, um damit später malen zu können. Schließlich hat sie nicht immer sofort Zeit, drauf los zu malen.

Infos und Anmeldung zu den Kursen auf male-mal.com/

 
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