Dieser Abend hatte es in sich: Die Ballettcompagnie des Mainfranken Theaters präsentierte als "impressionistische Reise" gleich zwei Neuschöpfungen, die sich dem titelgebenden Begriff "Eros" auf sehr unterschiedliche Weise nähern. Das Zauber-, Rausch- und Märchenhafte der Gesamtkonzeption, zu der nicht unwesentlich auch Bühnen- und Kostümbildnerin Verena Hemmerlein und das fabelhaft musizierende Philharmonische Orchester unter Enrico Calesso beitrugen, löste beim Publikum in der Theaterfabrik Blaue Halle tumultartigen Jubel und Standing Ovations aus.
Gastchoreograf Robert Glumbek und Ballettdirektorin Dominique Dumais erzählen von Liebe, Sehnsucht, Leidenschaft, Anziehungskraft und vielfältigen menschlichen Beziehungen.
Robert Glumbek zeigt atmosphärisches wie dramaturgisches Fingerspitzengefühl
Glumbek, von Kanada aus international als Tänzer und Choreograf tätig, platziert sein Werk "As above so below" (Wie in der Höhe, so auch unten) zunächst in die antike Götterwelt und verbindet diese gleichzeitig mit dem Weltall: Vor blauem Hintergrund lässt er Jupiter, Juno, Mars, Merkur und Venus mit den namensgleichen Himmelskörpern auftreten. Farbstark leuchtende Planetenbälle liefern die Verankerung, die Götterfiguren umkreisen sich, gehen unterschiedliche Beziehungskonstellationen ein, ordnen sich immer wieder aufs Neue, berühren sich und stoßen sich wieder ab.
Zu Karel Szymanowskis "Symphonie concertante No. 4" beweist Glumbek atmosphärisches wie dramaturgisches Fingerspitzengefühl. Sinnlich fügen sich Tänzer und Tänzerinnen mit der Musik zu einem Ganzen, begeben sich vor schimmernder Morgenstimmung schwerelos ins magnetische Umfeld menschlicher Beziehungen, um dann als flirrende Gruppe, gekleidet in zartes Nichts, in einer Sternenstaubprojektion zu entschwinden.
Es kommt eine unglaubliche Energie von der Bühne
Dumais verknüpft im zweiten Teil Claude Debussys "Prélude à l’après-midi d’un faune" (Vorspiel zum Nachmittag eines Fauns), Maurice Ravels "Pavane pour une infante défunte" (Pavane für eine verstorbene Prinzessin) und "Boléro" durch elektronische Sounds von Davidson Jaconello. Pulsierende Atemgeräusche stehen hier für Leben, und wenn die Tanzcompagnie als Ganzes pulst, atmet und zuckt, kommt eine unglaubliche Energie von der Bühne.
Nicht ein männlicher Faun ist es, der zu Debussys Musik erwacht: Dumais lässt gleich fünf Tänzerinnen ihre weibliche Kraft in der Sexualität finden. Sie lösen sich aus großen Stoffbahnen mit üppigen floralen Motivprojektionen, werden auch von diesen wieder verschluckt – ein faszinierender Effekt. Schließlich bringen die Tänzerinnen in schwül-roter Umgebung aus dem Schoß ihrer hautfarbenen, mit feinen Blütenranken bedruckten Bodies fünf Tänzer hervor, Pärchen suchen und finden sich, rollen über den Boden, verschwinden im wallenden Vorhang.
Zum Schluss Ravels "Boléro". Vor einer großen Blütenprojektion wirken die Tanzenden wie indische Tempeltänzer im Wechsel mit zuckendem Leben. Die Tänzerinnen kosten verführerische Gesten aus, die Tänzer trumpfen mit großzügigen Bewegungen auf. Alles strotzt nur so vor Sinnlichkeit und Lust. Schließlich rauscht zum musikalischen Höhepunkt eine riesige rote Stoffbahn übers Publikum, gefolgt von einem Tauchbad roten Lichts – alles ist Eros, und die Reaktion des Publikums ist pure Ekstase.
Weitere Vorstellungen: 15., 23. Mai, 5., 9., 30. Juni. Karten: Tel. (0931) 3908-124, karten@mainfrankentheater.de