Der braune Spuk ist am 1. Mai an Würzburg vorübergezogen, die Neonazis ließen ihren anmeldeten Aufmarsch sausen. Umso mächtiger war die Botschaft, die mehr als 5000 Teilnehmer der Demonstration „Würzburg ist bunt, nicht braun“ hinausschickten: Für rechtsextreme, rassistische Hetze soll in dieser Stadt kein Platz sein, die Demokratie müsse gemeinsam verteidigt werden.
Es ist kurz nach 11 Uhr, als sich der Bahnhofsvorplatz von allen Seiten füllt. Eine bunte Versammlung, wie man sie selten in Würzburg antrifft. Gewerkschaften und Kirchengruppen, Linke und CSU, Grüne und FDP, SPD und ÖDP, Homosexuelle und Fußballfans, die Mönchberg-Schule und unzählige Privatleute, die sich dem Protest gegen neonazistische Umtriebe anschließen. Entsprechend bunt sind die Fahnen, bei einer auffällig gelösten und heiteren Stimmung.
„Nazis raus aus unserer Stadt“
Während auf der einen Bahnhofsseite Trompeten und Tuba der Guggemusik dröhnen, schlägt an der anderen Ecke Walther Mann als Vertreter der IG Metall markante Töne an – zum Tag der Arbeit, besonders aber zu den rechtsextremen Aufmärschen. Unter großem Beifall ruft er der Menge zu: „Keine Toleranz für die Intoleranz! Nazis raus aus unserer Stadt, Nazis raus aus allen Städten unseres Landes!“ Mann verweist auf 14 000 rechtsextremistisch motivierte Delikte im letzten Jahr. 733 Menschen seien dabei verletzt worden.
Der IG-Metal-Bevollmächtigte kritisiert Gerichte, die die Verbote von Nazi-Aufmärschen durch Stadtverwaltungen kippen, wie auch in Würzburg: „Ideologie und Taten der Nazis bleiben verbrecherisch. Und Verbrechen werden auch durch das Grundrecht auf Meinungsfreiheit nicht geschützt.“ Wie später auch Robert Feiger vom Bundesvorstand der IG BAU fordert er ein Verbot der NPD und aller Nazigruppierungen. Landtagspräsidentin Barbara Stamm wird die Forderung am Marktplatz aufnehmen: Ja, sagt sie, ein NPD-Verbot bleibe das Ziel. Aber ein solches Verfahren müsse so gut vorbereitet sein, dass man nicht ein zweites Mal vor dem Bundesverfassungsgericht bruchlande.
Mit örtlichen Bundes- und Landtagsabgeordneten, dem Oberbürgermeister und dem Landrat an der Spitze setzt sich gegen 11.45 Uhr der Demo-Zug in Bewegung. Aus anfänglich 4000 Teilnehmern werden bis zum unteren Markt 5000 laut Polizei, von 6000 sprechen die Organisatoren vom bunten Bündnis. Als die Ersten in die Juliuspromenade einbiegen, sind die Letzten gerade am Bahnhof losgelaufen.
Schnell ist der untere Markt rappelvoll, auch wenn sich schon während der ersten Redebeiträge ein Teil der Menschenmenge wieder verflüchtigt. Als es dann zwischendurch richtig schüttet, lichtet sich der Platz weiter. Dennoch: Die Veranstalter sind stolz auf das Engagement Tausender Bürger. Sie hören Redner, die eine wehrhafte und gelebte Demokratie beschwören, die dem Rechtsextremismus die Stirn bietet. Dabei schauen sie über den Tag hinaus. Ausgrenzung und Rassismus beginne im Alltag. Besonders eindringliche Worte findet Studentenpfarrer Burkhard Hose (Bündnis für Zivilcourage): „Wenn eine Muslima mit Kopftuch oder ein Mensch mit Behinderung oder ein afrikanischer Student aufgrund seiner Hautfarbe benachteiligt wird – dann sind wir als Gesellschaft angegriffen.“
Die Initiative, vom DGB angestossen, hat ein breites Bündnis gefunden. Leider fehlte eine Gewerkschaft - der Beamtenbund - oder ist er doch keine Gewerkschaft?