Vor der Auslosung des neuen Bürgermeisters war die Spannung in Bergtheim kaum auszuhalten. Rund 200 Dorfbewohner sowie mehrere Fernseh- und Radioteams drängten sich vor und im Sitzungssaal um live beim „historischen Tag in Bergtheim“ dabei zu sein. Denn nach der Überprüfung durch das Landratsamt hatte der Wahlausschuss eine Stimme für Robert Kremling für ungültig erklärt und es kam zum Losentscheid.
Auf Vorschlag von Bürgermeister und Ausschussmitglied Heinz Wittstadt wurde Walter Liebe mit der Herstellung der Lose und Horst Göb (Freie Wähler) mit der Ziehung der Lose betraut. Liebe und Schriftführer Siegfried Gessner gingen daraufhin in den Nebenraum und kehrten mit verschlossenen Umschlägen zurück. Nachdem die Wahlbox geprüft und die Lose eingeworfen worden waren, zog Göb den Namen des Siegers: Konrad Schlier.
Im Jubelgeschrei und unter Umarmungen seiner Familie und Freunde verdrückte der künftige Bürgermeister ein paar Tränen. Aus Freude? Aus Erleichterung? „Gerade fällt alles von mir ab. Ich bin erleichtert, dass das alles jetzt vorbei ist. Ich werde alles dafür geben, dass wir nun eine gute Basis im Gemeinderat finden und dass Ruhe einkehrt“, sagte Schlier in die Mikrofone. Er will Mitbewerber Kremling in die Gemeindearbeit einbinden und könnte sich vorstellen, dass er sein Stellvertreter wird. „Mir wäre ein klarer Wählerauftrag auch lieber gewesen. Nun ist es halt Schicksal“, so Schlier.
„Ich weiß noch nicht, wie ich mit Kony Schlier in Zukunft zusammen arbeiten soll“, sagt indessen Robert Kremling. Wäre es am 16. März zum Losentscheid gekommen, hätte ich den Wählerwillen und das Losglück akzeptiert. Nun aber hat nicht der Wähler sondern der Wahlausschuss entschieden“, sagt Kremling. „Das war ein Pyrrhussieg. Er war zu verlustreich für meinen Mitbewerber, die Gemeinde Bergtheim, das Amt und die Demokratie. Es gibt eigentlich gar keinen Sieger“, meinte Kremling. Er selbst ist „nach diesem Losentscheid natürlich deprimiert. Weniger über den Ausgang als über das, was in den letzten zwei Wochen alles passiert ist. Es wird keine leichte Zeit in Bergtheim werden“.
Noch-Bürgermeister Heinz Wittstadt „wäre nicht traurig, wenn es zu einer Gerichtsentscheidung käme“. „Um zu gewährleisten, dass sich die beiden gegnerischen Gruppen gerecht behandelt fühlen, wäre eine gerichtliche Klärung über die Gültigkeit des umstrittenen Stimmzettels hilfreich“, so der Bürgermeister.
Werner Rinke, der stellvertretende Vorsitzende der Freien Wähler, war nach der Wahl richtig sauer. Er hatte im Namen seiner Partei beim Gemeindewahlleiter einen Widerspruch eingereicht und unter anderem die Zusammensetzung des Gemeindewahlausschusses moniert. „Wegen der gültigen Stimme für Robert Kremling darf es nicht zum Losverfahren kommen“, hatte er zudem seinen Einspruch gegen das Verfahren in der Sitzung des Wahlausschusses vom 27. März begründet.
Dieser Widerspruch wurde jedoch nicht einmal vorgelesen, so dass ihn alle Ausschussmitglieder und die Öffentlichkeit hätten hören können. Auch mit der Einwendung von Robert Kremling in Bezug auf die „gültige Stimmvergabe für mich“ war in der Sitzung so verfahren worden. „Diese Anträge waren im Vorfeld der Feststellung des amtlichen Endergebnisses unzulässige Rechtsmittel. Deswegen haben wir nicht darüber gesprochen“, so Günther Schlier.